Berlin - Nach längerer rückläufiger Entwicklung ist die Zahl der gemeldeten Tuberkulose-Fälle (TB) in Deutschland im vergangenen Jahr auf niedrigem Niveau leicht angestiegen - wohl auch eine Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. 2022 seien rund 4080 Fälle verzeichnet worden, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) zum Welttuberkulosetag an diesem Freitag mit.
"Die Entwicklung im Jahr 2022 dürfte vor allem mit den Folgen des Kriegsgeschehens in der Ukraine in Zusammenhang stehen", hieß es. Aus dem leichten Anstieg lässt sich laut RKI aktuell jedoch keine Änderung des langfristigen Trends ableiten. 2021 waren hierzulande 3938 TB-Erkrankungen gemeldet worden, in den beiden Jahren zuvor je deutlich mehr als 4000.
Erkrankung in der Ukraine häufiger
In der Ukraine ist die Erkrankung wesentlich häufiger als hierzulande. Das RKI verweist darauf, dass seit Februar 2022 über eine Million Menschen von dort nach Deutschland geflüchtet seien. Die Verbreitung wird laut RKI begünstig durch beengte Wohnverhältnisse, unzureichende Ernährung, schlechte hygienische Bedingungen und eine mangelhafte Gesundheitsversorgung.
Gefährdet für eine Ansteckung sind laut RKI in erster Linie enge Kontaktpersonen von Menschen mit offener Lungentuberkulose. Das Ansteckungsrisiko nach einmaligem, kurzem Kontakt sei sehr gering. Zu den klassischen Symptomen zählt etwa länger bestehender Husten.
Bei der in Deutschland geborenen Bevölkerung konzentriert sich das Geschehen laut RKI mittlerweile auf die Gruppe der über 80-Jährigen, deren Infektion schon länger zurückliegt. "Eine Erkrankung tritt bei Erwachsenen häufig erst nach Jahren oder Jahrzehnten auf."
Weltweit jährlich 1,6 Millionen Todesfälle
Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitteilte, bleibt TB mit jährlich 1,6 Millionen Todesfällen einer der größten Killer unter den Infektionskrankheiten. Der jahrelange Fortschritt im Kampf gegen die Krankheit sei durch die Corona-Pandemie und andere Krisen wie bewaffnete Konflikte, Ernährungsunsicherheit und Klimawandel umgekehrt worden: "Im vergangenen Jahr meldete die WHO zum ersten Mal seit fast zwei Jahrzehnten einen Anstieg der Zahl der Menschen, die an TB und arzneimittelresistenter TB erkrankten, sowie einen Anstieg der Todesfälle." Weltweit ist die Zahl der Fälle seit dem Jahr 2000 aber um 40 Prozent gefallen.
Die WHO begrüßte am Donnerstag eine Entscheidung des indischen Patentamtes, den Antrag der Pharmafirma Johnson & Johnson auf Verlängerung ihres Patents für ein TB-Medikament nicht zuzustimmen. Dabei ging es um das Medikament Sirturo (Bedaquilin), das vor allem gegen multiresistente TB-Erreger eingesetzt wird. Das Patent läuft im Sommer aus. Generikahersteller in Indien wollen billigere Versionen herstellen. "Wie betrachten diese Entscheidung als positiv", sagte die Direktorin des TB-Programms, Tereza Kasaeva. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.