- Forscher arbeiten an einem universellen Impfstoff gegen Coronaviren.
- Könnte bald ein einziges Vakzin gegen altbekannte Coronaviren ebenso schützen wie gegen potenziell gefährliche, die bislang aber noch nicht auf den Menschen übergesprungen sind?
- Wir erklären, was es damit auf sich hat.
Forscher suchen nach einem Impfstoff, der gegen möglichst viele verschiedene Coronaviren immunisiert und so weitere Epidemien verhindern kann. Bei ihren Versuchen nutzen sie die Botenstoff-Technologie, die auch den m-RNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna zugrunde liegt.
Im Gegensatz zu diesen übermittelt der mögliche Multi-Impfstoff den Zellen aber nicht den Bauplan für ein ganzes Spikeprotein, wie es sich als Zacke an der Oberfläche von Coronaviren findet. Stattdessen kombinierten die Forscher verschiedene Boten-RNAs mit Teilen der Spike-Proteine verschiedener Coronaviren. In Versuchen mit Mäusen erzeugte der Impfstoff Antikörper zu den im Impfstoff enthaltenen Informationen zu vier verschiedenen Coronaviren. Zudem immunisierte er gegen weitere Coronaviren derselben Virengattung, so auch gegen das MERS-Virus.
Es stehen in der anhaltenden Corona-Pandemie mittlerweile mehrere Impfstoffe zur Verfügung, die gegen den Erreger SARS-CoV-2 und die mit ihm verbundene Lungenerkrankung Covid-19 schützen. Man geht auch davon aus, dass die Vakzine ebenfalls gegen die aktuellen Mutationen wie die britische sowie die sogenannte Delta-Variante wirksam sind. Das gilt besonders für die m-RNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna.
Impfung gegen SARS-CoV-2: Spike-Protein spielt zentrale Rolle
Allerdings ist SARS-CoV-2 nicht das erste Coronavirus, das die Welt in Atem hält. In kleineren Epidemien taten das bereits seine Vorgänger wie das für das Schwere Akute Respiratorische Syndrom verantwortliche SARS-Virus 2003 und das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus MERS 2012. Wissenschaftler fürchten, dass es auch in Zukunft durch verschiedene Coronaviren zu Epidemien und schlimmstenfalls weiteren Pandemien kommen könnte. Um dies zu verhindern, arbeiten Wissenschaftler des Howard Hughes Medical Institutes mit Kollegen aus der ganzen Welt an einer Impfung, die möglichst vor vielen verschiedenen Coronaviren schützt.
Eine wichtige Rolle kommt dabei dem sogenannten Spike-Protein des Coronavirus zu. Dieses Eiweiß bildet die Zacken an der Oberfläche des Coronavirus und ist auch für die Impfstoffe von Biontech und Moderna entscheidend, wenn auch in anderer Funktion. Die beiden m-RNA-Impfstoffe nutzen es, indem sie den Zellen des geimpften Menschen einen Teil Boten-RNA übermitteln. Sie dient den Zellen dann als Vorlage, um das SARS-CoV-2 Spikeprotein herzustellen. Dieses Spikeprotein alleine ist harmlos, es bringt das Immunsystem aber dazu, Antikörper gegen das Virus und so eine Immunität herzustellen.
Forscher entwickeln Hybrid-Vakzin gegen Coronaviren
Anders gingen die Forscher rund um David Martinez für den Multi-Impfstoff vor: Sie entwickelten ein neues Spike-Protein, das in keinem Virus zu finden ist. "Wir haben die Tatsache genutzt, dass das Spikeprotein des Coronavirus in seinen Bauteilen wandelbar ist", so Studienautor David Martinez.
Er und sein Team erstellten nicht wie die bisherigen Impfstoff-Hersteller einen m-RNA-Teil, der ein ganzes Spike-Protein kodiert, sondern vier verschiedene Boten-RNAs, die jeweils mit Teilstücken aus drei verschiedenen Coronavirus-Spitzen versehen sind. Dazu wählten sie Teile aus dem SARS-Virus von 2003, SARS-CoV-2 von 2019 sowie zwei Fledermaus-Coronaviren, die Menschen infizieren können, aber bislang noch keine Epidemien verursacht haben. Folglich enthielt das Vakzin die Bauanleitung für insgesamt vier verschiedene Spikeproteine, die wiederum zusammengesetzt waren aus Einzelbausteinen von verschiedenen Viren.
Mäuse entwickelten Antikörper gegen verschiedene Sarbecoviren
Angewendet an alten, potenziell stark durch das Virus gefährdeten Mäusen lieferte der Impfstoff vielversprechende Ergebnisse: Obwohl sie eine Art Hybrid aus verschiedenen Virusstücken sind, erkannte das Immunsystem der Versuchstiere die neu gemischten Spike-Proteine immer noch. Die Tiere entwickelten Antikörper, die gegen alle vier Virusvarianten wirksam waren. Der Impfstoff war sogar hochwirksam gegen weitere Sarbecoviren, der Gattung, die auch SARS und SARS-CoV-2 umfasst. So produzierte sie auch Antikörper gegen weit entfernte Coronaviren, einschließlich des MERS-Virus.
Eine Vergleichsgruppe von Mäusen wurde mit einem Impfstoff geimpft, der denen von Biontech/Pfizer und Moderna ähnlich ist. Das Ergebnis zeigte, dass sie zwar gegen SARS-CoV-2 geschützt waren, aber schwer durch andere Coronaviren erkrankten.
Forscher zu neuer Corona-Impfung: "Ansatz kann funktionieren"
Diese Erkenntnis weckte bei den Forschern Optimismus, da sie darauf hindeutet, dass Antikörper, die durch sogenannte Hybrid-Spike-Impfstoffe erzeugt werden, vor einer breiten Palette potenzieller Coronaviren schützen könnte. "Wir versuchen, einen Impfstoff zu entwickeln, der vor dieser Untergruppe schützen kann, von der wir wissen, dass sie ein hohes Risiko darstellt", so Martinez. "Und wir haben gezeigt, dass dieser Ansatz präklinisch funktionieren kann."
Zudem machte die Studie deutlich, dass die vorhandenen Impfstoffe uns sehr wahrscheinlich nicht vor weiteren Coronaviren schützen werden. Allerdings kann der Multi-Impfstoff noch nicht in menschliche Tests übergehen. Um die Sicherheit und Wirksamkeit des Vakzins zu überprüfen, sind im nächsten Schritt Versuche an größeren Tieren geplant. Bis es zu Studien an Menschen und schließlich zu einer Zulassung kommen könnte, wird also noch eine ganze Weile vergehen.
Verwendete Quellen:
- Originalstudie veröffentlich in Science
- Howard Hughes Medical Institute: ‘Universal Vaccine’ Could Protect Against Future Coronaviruses
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