Wir alle haben ihn, doch kaum jemand spricht darüber. Wie der Beckenboden funktioniert, was ihn beeinflusst und wie Sie ihn stärken.
Der Beckenboden: Wir alle haben und brauchen ihn und doch redet kaum jemand darüber. Beckenbodenprobleme haben nur "die anderen". Solange alles gut läuft, braucht man sich nicht um ihn zu kümmern, denkt man. Und dann kommt der Tag, an dem man selbst zu "den anderen" gehört. Manchmal ist es ein schleichender Prozess und manchmal kommt sie plötzlich und man erkennt erst im Rückblick, dass sie sich schon lange angekündigt hat: die Beckenbodenschwäche. Die einen verlieren tröpfchenweise Urin beim Lachen, Husten oder Niesen, die anderen bei und nach dem Laufen oder wenn auf die Schnelle keine Toilette in der Nähe ist. Eine persönliche Katastrophe.
Der Verlust der Kontrolle über Harnblase und Darm, sogenannte Inkontinenz, stellt das gesamte Leben auf den Kopf und bedeutet für Sportlerinnen und Sportler ein ganz besonderes Gefühlschaos aus Scham, Hilflosigkeit, Wut und Verzweiflung. Warum habe ich nicht früher was gemerkt? Warum hat mir niemand gesagt, dass ich fürs Laufen einen stabilen Beckenboden brauche? Warum war der Beckenboden nie Bestandteil des (Vereins-)Trainings? Sportlerinnen und Sportler, die mit einer Beckenbodenschwäche oder Schmerzen im Beckenboden konfrontiert werden, stehen häufig vor einem Chaos aus (fehlenden und/oder Falsch-)Informationen.
Die Themen "Laufen und Beckenboden" oder "Der Beckenboden im Sport" führen selbst bei Fachleuten und Fortbildungen zu langen Diskussionen. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema Beckenbodentraining sind in Deutschland rar. Sportlerinnen und Sportler, die Probleme mit dem Beckenboden haben, den Wiedereinstieg in den Sport nach längerer (Verletzungs-)Pause, einer Operation oder Schwangerschaft planen, finden nur wenige aussagekräftige und alltagstaugliche Hinweise. Aussagen wie "Laufen mit Beckenbodenbeschwerden? Sollte man lieber lassen!" sind wenig hilfreich. Denn nicht zu laufen ist auch keine (befriedigende) Lösung!
Läuferinnen, die in ihrer Verzweiflung den Weg zum Physiotherapeuten oder Beckenbodencoach suchen, werden in ihrem Bestreben, wieder Sport zu machen, viel zu oft mit Empfehlungen zu mehr Ruhe und Entspannung zurückgehalten. Grund dafür sind Fehlannahmen über die Belastbarkeit und das Training des Beckenbodens. In unserem Artikel räumen wir damit auf, erläutern, wie der Beckenboden funktioniert und was Sie über Beckenbodentraining wissen sollten.
Dieser Artikel bezieht sich schwerpunktmäßig auf den weiblichen Beckenboden. Trotzdem ist ein funktionsfähiger Beckenboden ausdrücklich auch für Männer wichtig und viele der Informationen gelten für Läufer ebenso wie für Läuferinnen.
Grundwissen Beckenboden – Wofür ist er wichtig?
Schon bei den kleinsten Bewegungen wird unser Beckenboden normalerweise automatisch aktiv. Sie sitzen gerade gemütlich auf einem Stuhl oder auf der Couch? Sehr gut. Ziehen Sie mal die Zehenspitzen Ihres rechten Fußes nach oben und drücken Sie gleichzeitig die Fersen leicht in Richtung Fußboden. Was spüren Sie im Beckenbereich? Richtig, Muskelspannung. Hallo, Beckenboden!
Unser Beckenboden ist so etwas wie die "Hängematte" des Beckens, mit Befestigungen an Steißbein, Schambein und Sitzhöckern. Wenn er gut funktioniert, können sich alle anderen Bauchorgane wunderbar darauf ausruhen. Denn der Beckenboden stabilisiert die Bauchorgane und hält reflektorisch von unten dagegen, damit wir beim Husten, Niesen, Springen oder Laufen nicht plötzlich Urin verlieren. Gleichzeitig kontrolliert er unsere Körperöffnungen für Blase und Darm, damit wir problemlos zur Toilette gehen können oder einhalten, wenn gerade keine in der Nähe ist. Außerdem ist er sowohl beim Geschlechtsverkehr als auch bei der Erektion des Mannes und beim Orgasmus beteiligt.
Auch für die Atmung ist ein funktionierender Beckenboden wichtig, der über Bindegewebe (Faszien) mit dem Zwerchfell und der Bauchmuskulatur verbunden ist: Atmen wir ein, bewegt er sich nach unten und macht Platz für die Lungen; atmen wir aus, folgt er der Verkleinerung der Lunge und unterstützt die aktive Ausatmung. Und ganz nebenbei stabilisiert der Beckenboden auch noch unsere Wirbelsäule. Damit dies alles reibungslos funktioniert, ist ein gutes Zusammenspiel von Rückenmuskulatur, Bauchmuskulatur und der allgemeinen Körperhaltung wichtig.
Besser laufen mit der richtigen Atmung
Anatomie des Beckenbodens
Der Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten. Sie setzen sich zusammen aus autonomen und willkürlich steuerbaren Muskelfasern. 70 % der Muskelfasern sind Slow-Twitch-Fasern (langsam kontrahierende Fasern), 30 % Fast-Twitch-Fasern (schnell kontrahierende).
Die innere Muskelschicht verläuft längs und nach außen hin fächerförmig. Sie verschließt vor allem den hinteren Teil der Beckenöffnung. Über mehrere Faszienzüge ist diese Muskelschicht verbunden mit der Rücken-, Bein- und Bauchmuskulatur. Diese Muskelschicht hat nicht nur beckenbodenspezifische Aufgaben, sondern ist auch für die Koordination und aufrechte Körperhaltung wichtig.
Die mittlere Muskelschicht verbindet die Sitzhöcker im vorderen Bereich des Beckens quer miteinander. Dies ist auch der eigentliche Blasenschließmuskel.
Die äußere Muskelschicht verläuft längs vom Schambein zum Steißbein und umgibt wie eine liegende Acht Vagina und After. Diese Schicht ist von großer Bedeutung für die Sexualität und Stuhlkontinenz. Durch das "Zusammenkneifen", das jeder kennt, aktiviert man diese Muskelschicht recht einfach.
Die Ursache für Beckenbodenbeschwerden kann die Fehlfunktion einer einzelnen oder aller drei Muskelschichten sein.
Wie unterscheidet sich der weibliche vom männlichen Beckenboden?
Der weibliche Beckenboden ist etwas anders aufgebaut als der männliche. Weil das Becken der Frau für die Geburt eines Kindes einen größeren Durchmesser hat, hat die Beckenbodenmuskulatur eine größere Fläche. Während der männliche Beckenboden nur zwei Durchlässe für Harnröhre und Darmausgang hat, wird der weibliche Beckenboden zusätzlich durch den Scheideneingang unterbrochen. Die Durchtrittsstelle für Vagina und Harnröhre nennt man Hiatus Levatorius.
Der Beckenboden der Frau hat einen größeren Bindegewebsanteil. Zudem ist die mittlere der drei Beckenboden-Muskelschichten nur halb so dick ausgeprägt wie bei Männern. Der Beckenboden der Frau ist so etwas wie ein Kompromiss aus Stabilität und der Fähigkeit, ein Kind zu gebären. Dementsprechend ist der weibliche Beckenboden etwas schwächer und somit anfälliger für eine Beckenbodenschwäche. Laut Statistik leiden etwa jede vierte Frau (25 Prozent) und jeder zehnte Mann (11 Prozent) mindestens einmal im Leben an Inkontinenzsymptomen.
Wie funktioniert der Beckenboden?
Der Beckenboden funktioniert im Zusammenspiel mit Zwerchfell und Bauchmuskulatur. Im Alltag und beim Sport arbeitet die Beckenbodenmuskulatur überwiegend automatisch. Der überwiegende Muskelfaseranteil (die langsam kontrahierenden Fasern) stabilisiert den Blasenhals und die Harnröhre bei allen Low-Impact-Aktivitäten, während die Fast-Twitch-Fasern beim Husten, Niesen, Springen, Laufen und Lachen aktiv sind. Für einen gesunden Beckenboden ist nicht nur die Anspannung der Muskulatur, sondern auch die gezielte Entspannung essenziell. Deshalb spielen die Wahrnehmung und die motorische Kontrolle des Beckenbodens neben dem Muskeltraining eine herausragende Rolle im Beckenbodentraining. Dieses Video zeigt die korrekte Anspannung des Beckenbodens bei einer Frau.
So funktioniert der Beckenboden beim Husten und Niesen
Beim Husten und Niesen verhindert die Beckenbodenmuskulatur unter anderem den ungewollten Verlust von Urin. Damit das funktioniert, muss der Blasenhals, die Verbindung zwischen Harnblase und Harnröhre, in die richtige Position gebracht (angehoben), stabilisiert und verschlossen werden. Müssen wir husten oder niesen, spannt der Beckenboden schon kurz vorher an. Er sorgt so dafür, dass der Druck um den Blasenhals höher ist als in der Harnblase.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Beckenbodenmuskulatur bei Frauen mit Inkontinenz beim Husten später anspannt als bei Frauen, die keine Beckenbodenbeschwerden haben. Entsprechend findet eine Anhebung des Blasenhalses zu spät oder nicht statt.
So funktioniert der Beckenboden beim Wasserlassen
Damit der Urin aus der Harnblase abfließen kann, müssen wir den Beckenboden locker lassen. Entspannt sich die Beckenbodenmuskulatur, öffnet sich der Blasenhals und gibt den Weg von der Harnblase in die Harnröhre frei.
So funktioniert der Beckenboden während und nach der Geburt
Bei der Geburt eines Kindes dehnt sich der weibliche Beckenboden etwa um das 3,3-fache. Diese Dehnung funktioniert durch bisher unbekannte hormonelle Vorgänge nur während der Entbindung. Kein anderer Muskel des menschlichen Körpers kann einer so starken Dehnung standhalten. Wird die Dehnung unter der Geburt zu stark, entstehen Risse im Muskel- und Fasziengewebe, von Muskelfaserrissen über Muskelbündelrisse bis hin zu Muskelabrissen. Eine der bekanntesten Geburtsverletzungen ist der Dammriss. Nach einer Entbindung sinkt das Beckenbodengewebe insgesamt leicht nach unten ab. Gemäß der Wundheilungs- und Rehabilitationsphasen erholt sich das Beckenbodengewebe in den ersten Wochen nach der Geburt – geht von alleine jedoch nicht vollständig in den Ausgangszustand zurück.
So funktioniert der Beckenboden beim Sport
Trampolinspringen ist in unseren Köpfen neben Gewichtheben das Extrem der Beckenbodenbelastung. Beim Trampolinspringen springen wir nach oben, während unsere Organe im ersten Moment noch nach unten absinken. Das physikalische Gesetz der Masseträgheit sorgt für diese versetzte Bewegung und eine starke Belastung des Beckenbodens. Eine Studie hat gezeigt, dass sich die reaktive Anspannung eines gesunden Beckenbodens an die Sprunghöhe anpasst: Je höher die Probandinnen sprangen, desto stärker war die nachfolgende Anhebung und Kontraktion des Beckenbodens. Weitere Untersuchungen stehen noch aus. Es gibt aber Anhaltspunkte dafür, dass der Beckenboden inkontinenter Frauen nach unten absinkt, anstatt sich bei der Anspannung nach oben zu heben.
Was ist schlecht für den Beckenboden?
Wir können die Funktion unseres Beckenbodens durch viele verschiedene Faktoren beeinflussen. Wenig Bewegung, Übergewicht (Adipositas), unregelmäßiges Wasserlassen im stressigen (Berufs-)Alltag, die Geburt eines Kindes, Operationen im Bauchraum, körperliche Belastung in ungünstiger Körperhaltung, dauerhaft flaches Atmen und andere Faktoren, die den Beckenboden ungünstig belasten, können eine Blasenschwäche (Inkontinenz) verursachen. Sie hätten an dieser Stelle vermutlich auch das Heben schwerer Gegenstände als "schlecht" für den Beckenboden erwartet. Studien belegen jedoch, dass das Aufstehen von einem Stuhl einen höheren Druck auf den Beckenboden zur Folge haben kann als das (einmalige) aktive Anheben eines zehn Kilogramm schweren Gegenstandes. Erst das wiederholte Heben schwerer Lasten bei möglicherweise bereits ermüdeter Beckenbodenmuskulatur wäre somit als "schlecht für den Beckenboden" einzuordnen.
Beckenbodenprobleme betreffen nicht nur schwangere Frauen, Menschen ab 50 Jahren, Männer mit Prostata-Beschwerden, Frauen nach der Schwangerschaft oder Menschen, die eine Operation am Darm, an der Blase oder an der Gebärmutter hinter sich haben. Eine Beckenbodenschwäche kann bei jeder Läuferin und jedem Läufer in allen Altersklassen durch ganz unterschiedliche Ursachen entstehen.
Die Belastung des Beckenbodens wird häufig daran festgemacht, wie viel Druck vom Bauchraum nach unten auf den Beckenboden wirkt (intraabdomineller Druck), zum Beispiel beim Husten, Niesen oder wenn wir die Luft anhalten, während wir einen schweren Gegenstand anheben. Grundsätzlich scheint die Belastung des Beckenbodens Untersuchungen zufolge bei krummer Lendenwirbelsäule (Hypolordose) etwas höher zu sein als bei überstreckter Wirbelsäule (Hyperlordose). Wissenschaftler gehen davon aus, dass jeder Mensch eine individuelle Belastungsgrenze hinsichtlich des intraabdominellen Drucks hat, ähnlich der anaeroben Schwelle. Belastung, die darüber hinausgeht, kann negative Auswirkungen auf den Beckenboden haben. Deshalb ist beispielsweise das Heben schwerer Gegenstände nicht per se "schlecht für den Beckenboden". Es gibt Hinweise darauf, dass eine hohe körperliche Belastung im Jugendalter möglicherweise zu einer niedrigeren individuellen Belastungsgrenze des Beckenbodens führt und die Entwicklung einer Beckenbodenschwäche im Erwachsenenalter begünstigt.
Was schlecht für den Beckenboden ist, lässt sich somit nicht an einzelnen Faktoren oder Tätigkeiten festmachen. Es geht vielmehr darum, was die Beckenbodenmuskulatur darin unterstützt, aktiv zu sein und ihre Aufgaben zu erfüllen. "Eine physiologische Atmung ist enorm wichtig. Der Beckenboden mag es zum Beispiel nicht, wenn wir den ganzen Tag über den Bauch einziehen und dadurch überwiegend in den Brustraum und somit sehr flach atmen. Dieses Problem betrifft deutlich mehr Sportlerinnen, als man denkt", erklärt Carina Gerlach, Sportwissenschaftlerin und Personal Trainerin mit Spezialisierung Beckenboden und Rektusdiastase.
Auch die Körperhaltung ist für den Beckenboden von Bedeutung. Sie haben weiter oben unter "Grundwissen Beckenboden – Wofür ist er wichtig?" bereits einen kurzen Anspannungstest gemacht. Setzen Sie sich noch einmal ganz gemütlich mit rundem Rücken auf einen Stuhl. Jetzt ziehen Sie die Zehen beider Füße an und drücken die Ferse leicht in den Boden. Diese Übung sorgt für wenig Aktivität im Beckenboden. Jetzt setzen Sie sich mit geradem Rumpf hin. Wiederholen Sie die Übung: Zehen nach oben anziehen, Ferse in den Boden drücken. Wahrscheinlich spüren Sie bei aufrechter, aktiver Körperhaltung mehr Spannung, denn so kann die Beckenbodenmuskulatur deutlich besser arbeiten.
Was vielen Läuferinnen und Läufern nicht bewusst ist: Ein Beckenboden kann nicht nur "zu locker", sondern auch verspannt sein. "Ist der Beckenboden überaktiv, kann er auf Belastungen nicht mehr adäquat reagieren, die Reaktivkraft ist dann eingeschränkt", erklärt Gerlach. Eine solche Verspannung des Beckenbodens entsteht durch wiederholte Überlastung, beispielsweise beim Sport. Die eingeschränkte Entspannungsfähigkeit kann zu Verstopfung und ebenso wie ein zu schwacher Beckenboden zu Inkontinenz führen.
Welche Beschwerden deuten auf eine zu schwache Beckenbodenmuskulatur hin?
Abgesehen von den Folgen einer Operation wird eine schwache Beckenbodenmuskulatur nicht von heute auf morgen zum Problem. Die kleinen Anzeichen entwickeln sich meist langsam und werden irgendwann häufiger, bis wir sie als störend empfinden. Deswegen fühlt es sich für uns trotzdem so an, als wären die Beschwerden plötzlich da gewesen. Beschwerden, die mit der Beckenbodenmuskulatur zusammenhängen, bezeichnet man als Beckenbodendysfunktion.
Ungewollter Urin- oder Stuhlverlust
Betroffene verlieren beim Niesen, Husten, Lachen, Hüpfen oder beim Sport (auch: Belastungsinkontinenz) oder bei längerem Einhalten unwillkürlich und unkontrollierbar (tröpfchenweise) Urin. Beim Laufen häufiger unkontrolliert pupsen zu müssen, kann eines der ersten kleinen Anzeichen für eine Beckenbodenschwäche sein.
Veränderte Empfindung beim Wasserlassen
Fühlt sich das Urinieren entweder währenddessen oder danach komisch an, kann dies auf eine Blasenentleerungsstörung hindeuten.
Druckgefühl im Unterbauch
Insbesondere nach einer Geburt kann sich der gesamte Beckenboden nach unten absenken (im Fachjargon: Organsenkung). Diese Senkung führt zu einem (dauerhaften) Druck- oder Schweregefühl im Scheidenbereich und Unterbauch und möglicherweise zu Verstopfung. Betroffene spüren beim und nach dem Laufen häufig ziehende Schmerzen im Unterbauch. Die Schmerzen können nach dem Joggen mehrere Tage andauern.
Schmerzen im Rücken und Unterleib
Dumpfe und/oder ziehende Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und am Steißbein oder menstruationsähnliche Schmerzen im Unterleib beim oder nach dem Laufen können auf Beckenbodenprobleme hindeuten. Häufig bemerkt man bereits im Training, dass man das Becken nach einer bestimmten Streckenlänge nicht mehr optimal stabilisieren kann. Die Rückenschmerzen und Beckenschmerzen entstehen unter anderem durch die Überlastung der Bänder, die die Organe im Bauchraum stabilisieren und bei einem schwachen Beckenboden erhöhten Zugkräften ausgesetzt sind.
Sexuelle Beschwerden
Ein schwacher Beckenboden kann zu Erektionsproblemen sowie Schwierigkeiten beim oder fehlendem Orgasmus führen.
Ständiger Harndrang
Dauerhafter Harndrang, ähnlich wie bei einer Blasenentzündung, ist ein typisches Zeichen für eine Beckenbodendysfunktion. Hinzu kommt das Gefühl, die Blase beim Wasserlassen nicht komplett entleeren zu können und spätestens 15 Minuten später schon wieder zur Toilette zu müssen, obwohl die Blase noch gar nicht wieder voll ist (auch: Dranginkontinenz oder überaktive Blase). "Eine überaktive Blase muss ihre Ursache nicht zwingend in der Beckenbodenmuskulatur haben, sondern kann auch psychisch oder durch die Ernährung bedingt sein", so Gerlach.
Häufige Harnwegsinfekte
Mehr als drei Erkrankungen pro Jahr können auf ein Beckenbodenproblem hindeuten, z. B. durch Restharn in der Harnblase.
Welche Beschwerden deuten auf eine überaktive Beckenbodenmuskulatur hin?
Ein verspannter Beckenboden kann zu Symptomen wie ständigem Harndrang und/oder Verstopfung (Obstipation) führen. Die Ursache ist die eingeschränkte Fähigkeit, die Beckenbodenmuskulatur anzusteuern und/oder zu entspannen. Überaktive Beckenbodenmuskeln können außerdem zu einer chronischen Blasenentzündung, einem Reizdarmsyndrom und chronischen Beckenschmerzen führen.
Wie kann man den Beckenboden testen?
Fast jede Frau und viele Männer kennen den klassischen Test, der einem zeigen soll, ob man den Beckenboden anspannen kann: auf der Toilette den Urinstrahl unterbrechen, ohne den Po anzuspannen und den Bauch einzuziehen. Funktioniert? Super, dann funktioniert auch der Beckenboden. Ganz so einfach ist es nicht.
"Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Aktivität des Beckenbodens zu testen und zu visualisieren. Vorab sollte man aber für sich selbst klären: Wo ist mein Problem? Wie viel Geld möchte ich investieren? Was bringt mir das Ergebnis eines Tests und was mache ich damit? Das muss ich vor der Untersuchung mit dem behandelnden Arzt oder Therapeuten besprechen", sagt Christian Hauck, Sportphysiotherapeut mit Fortbildung Beckenbodentraining. "Häufig gibt schon ein einfaches Trink-Miktionsprotokoll hilfreiche Hinweise auf ein Beckenbodenproblem, das sich dann mit gezielten Übungen behandeln lässt. Es gibt aber auch Beckenbodenproblematiken, zum Beispiel Verletzungen nach einer Geburt, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind. Dafür sind genaue Untersuchungen und Tests natürlich hilfreich."
Trink-Miktionsprotokoll
Mit einem sogenannten Trink-Miktionsprotokoll schaffen Sie sich kostengünstig einen Überblick über die Funktion Ihres Beckenbodens. Dafür protokollieren Sie im Tagesverlauf Trinkmenge, Art des Getränks und Urinmenge pro Stunde und notieren Ihr Harndrang-Empfinden. Die Ergebnisse besprechen Sie im Anschluss mit Ihrem Arzt oder Ihrer Beckenbodentherapeutin.
Selbsttest mit einer Vaginalsonde
Mit einer Vaginalsonde, die über eine Bluetooth-Verbindung mit dem Smartphone anzeigt, ob und wann eine Anspannung des Beckenbodens erfolgt (Biofeedback), können Sie Ihre Beckenbodenfunktion visualisieren. Wer Schwierigkeiten hat, den Beckenboden anzusteuern, kann auf diese Weise das gezielte Anspannen der Muskulatur üben. "Wer es genau wissen will, sollte lieber einen Beckenboden-Check-up machen lassen, der neben einer vaginalen Tastuntersuchung auch eine Untersuchung mittels Ultraschall beinhalten kann", sagt Beckenboden-Spezialistin Gerlach.
Professioneller Beckenboden-Check-up
Einen zertifizierten Beckenbodentherapeuten für einen professionellen Beckenboden-Check-up finden Sie beispielsweise in der Therapeutenliste der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie (AG GGUP). Beim Beckenboden-Check-up werden die Kraft, die Schnellkraft und die Kraftausdauer Ihres Beckenbodens getestet, entweder manuell oder mithilfe von Biofeedback. Bei der manuellen Untersuchung wird die Beckenbodenkraft mittels Muskelfunktionstest (MFP) nach Janda gemessen. Je nachdem, ob und wie stark die Muskelspannung aufgebaut werden kann, wird sie mit den Werten 0 bis 5 beurteilt. Viele Therapeuten führen die manuelle Testung nach dem von der Internationalen Gesellschaft für Inkontinenz empfohlenen PERFECT-Schema durch. Mit verschiedenen Tests werden Kraft (Power), Ausdauer (Endurance), Kraftausdauer (Repetition), Kontraktionsgeschwindigkeit (Fast Contraction) und Entspannungsfähigkeit (Every Contraction Timed) untersucht. Das PERFECT-Schema gilt als zuverlässig und praktikabel, hat jedoch trotzdem viel Potential für Abweichungen, die vom Tester abhängen.
Beim Biofeedback wird die Aktivität der Muskulatur durch Oberflächenelektroden gemessen, die häufig an der Bauchmuskulatur angesetzt werden und somit nicht immer zuverlässige Rückschlüsse auf die Beckenbodenkraft zulassen.
Saubere Daten erhält man durch eine Ultraschall-Untersuchung. Hierbei wird überprüft, wie sich beispielsweise die Blase und die Gebärmutter verhalten, wenn Sie den Beckenboden anspannen und locker lassen. Häufig wird dabei das Valsalva-Manöver angewendet, um festzustellen, wie stark die Organe bei hohem Druck im Bauchraum nach unten absinken. So können Senkungsbeschwerden diagnostiziert werden. Für das Valsalva-Manöver (auch: Valsalva-Pressdruck-Versuch) hält man sich zehn Sekunden lang während der Ausatmung Nase und Mund zu und baut über die Bauchmuskulatur zusätzlichen Druck im Bauchraum auf. Das Valsalva-Manöver wird häufig im Krafttraining angewendet, um die Stabilität des Rumpfes beim Anheben schwerer Gewichte zu erhöhen.
Bei Inkontinenz-Beschwerden durch eine Beckenbodenschwäche können Ihre Ärztin oder Ihr Arzt eine Urodynamik durchführen. Dabei werden die Speicherung des Urins in der Harnblase und die Entleerung untersucht. Das Ergebnis ist eine Übersicht über die Funktionsfähigkeit der Harnblase und zeigt, wie sich die Druckverhältnisse zwischen Harnblase, Blasenhals, Harnröhre und Beckenboden verhalten. So können Sie herausfinden, wann genau und wodurch es zum ungewollten Urinverlust kommt.
Wo finde ich Hilfe, wenn ich Beckenbodenbeschwerden habe?
Ärztinnen und Therapeuten, die sich mit Beckenbodenbeschwerden auskennen, gibt es viele. Häufig fehlt bei der Beratung jedoch die Erfahrung in der Behandlung von Sportlerinnen und Sportlern. In der Fachpersonal-Liste des Tanzberger-Konzept e.V. beispielsweise finden Sie Therapeutinnen, die auf Beckenbodenprobleme spezialisiert sind. Die Zusatzfortbildung "Sportphysiotherapeut" gibt einen Hinweis auf sportliche Vorerfahrung. Rufen Sie zur Sicherheit vorab in der Praxis Ihrer Wahl an und fragen Sie gezielt nach einem Beckenbodentherapeuten mit Erfahrung im Sportbereich. So können Sie Enttäuschungen weitestgehend vermeiden. Um die Zeit bei der Ärztin oder dem Therapeuten optimal auszunutzen, bietet es sich an, im Vorfeld einen Fragebogen auszufüllen, der Status Quo, Symptome und Ziele abfragt, zum Beispiel den Beckenboden-Fragebogen für Schwangere und Frauen nach der Geburt.
Wird beim Joggen der Beckenboden trainiert?
Jein. Kurz gesagt: Ein bereits geschwächter Beckenboden wird durch Joggen wahrscheinlich weiter geschwächt, während ein starker Beckenboden beim Joggen mit einem gesunden Laufstil kräftiger werden kann. Eine aktuelle Untersuchung aus dem Jahr 2023 untersucht den Beckenboden von Frauen mit und ohne Inkontinenzbeschwerden vor und nach einer 37-minütigen Laufeinheit auf dem Laufband mittels Ultraschall. Im Ergebnis zeigte sich bei allen Frauen nach dem Laufen eine Vergrößerung des Hiatus Levatorius, also der Durchtrittsstelle für Scheide und Harnröhre, die auch bei einer Organsenkung betroffen ist. Außerdem sank bei allen Frauen durch die Laufeinheit der Blasenhals nach unten ab. Frauen ohne Inkontinenzbeschwerden konnten den Beckenboden jedoch nach dem Laufen stärker anspannen als davor, während die Frauen mit Beckenbodenschwäche eine geringere Anspannung zeigten als zuvor.
Der Beckenboden besteht aus quergestreiften, willkürlich aktivierbaren Muskeln. Im Gegensatz zu anderen Muskelgruppen ist die Beckenbodenmuskulatur fast ganztägig damit beschäftigt, die Bauchorgane zu stabilisieren. Erholungspause und Regeneration? Fehlanzeige. Körperliche Aktivität beansprucht diese Muskulatur zusätzlich und führt ebenso wie beispielsweise in unserer Beinmuskulatur beim Laufen nach einiger Zeit zur Ermüdung. Deshalb zeigen sich bei vielen Frauen in der Mitte oder gegen Ende des Trainings Beckenbodenbeschwerden wie Inkontinenz.
Die Belastung des Beckenbodens setzt sich somit aus der alltäglichen Aktivität und der Beanspruchung beim Sport zusammen. Die Gesamtbelastung variiert von Tag zu Tag. Das ist einer der Gründe, weshalb Läuferinnen und Läufer mit Beckenbodenbeschwerden an manchen Tagen fast gar keine Probleme mit ihrem Beckenboden haben und an anderen Tagen nach einem Kilometer wieder zurück zum Start laufen möchten, weil die Blase schon wieder drückt oder der Beckenboden schmerzt.
Grundsätzlich haben sportlich aktive Frauen oft stärkere Beckenbodenmuskeln als untrainierte Frauen. Die Kraft der Beckenbodenmuskeln scheint trotzdem oft nicht ausreichend zu sein, denn Studien an Hobbysportlerinnen zeigen, dass regelmäßig trainierende Frauen etwa doppelt so häufig an Urininkontinenz leiden wie Frauen, die keinem Sport nachgehen. Sportarten, die Sprünge und Stoppbewegungen erfordern (High-Impact-Sportarten, z. B. Tennis, Fußball, Handball, Turnen oder Leichtathletik), erhöhen das Risiko für Beckenbodenbeschwerden, während Sportarten wie Walken oder Schwimmen das Risiko scheinbar verringern. Möglicherweise ist deshalb bei (Profi-)Sportlerinnen, die einer Beckenboden beanspruchenden Sportart nachgehen, ein gezieltes Beckenbodentraining notwendig, um die Beckenbodenmuskulatur in die Lage zu versetzen, auf starke Belastung stark und schnell genug zu reagieren.
Wie schütze ich meinen Beckenboden beim Laufen?
Eine aufrechte und aktive Körperhaltung beim Laufen sorgt für die Vorspannung der Beckenbodenmuskulatur, die notwendig ist, um die Bauchorgane zu stabilisieren und die Belastung des Beckenbodens zu reduzieren. Laufen in gebeugter Haltung oder "im Sitzen" hingegen kann zu einer erhöhten Belastung des Beckenbodens führen. Ein regelmäßiges Athletiktraining mit Stabilisationsübungen für die Rumpfmuskulatur und die Hüftmuskeln sind somit ein wichtiger Schutz für den Beckenboden beim Laufen.
Dynamisches Ganzkörper-Work-out
Plattfüße, instabile Kniegelenke oder schmerzende Handgelenke versorgen wir regelmäßig mit Orthesen und Bandagen, um die Stabilität zu erhöhen. Vom Beckenboden erwarten wir jedoch, dass er entweder von allein oder durch Kräftigungsübungen funktioniert. Dabei ist auch für den Beckenboden eine passive Stütze durchaus sinnvoll: Vor allem für die ersten Monate nach einer Geburt, bei wiederkehrenden (ärztlich abgeklärten) Schmerzen im Beckenboden, beckenbodenbedingten Schmerzen im Beckenbereich und im unteren Rücken oder einer Absenkung der Gebärmutter kann Ihre Ärztin Ihnen ein Pessar verschreiben. Pessare sind kleine Würfel oder Scheiben aus Silikon, die in die Scheide eingeführt werden. Sie stützen die Harnröhre und die Gebärmutter, entlasten und unterstützen den Beckenboden und lindern Inkontinenzbeschwerden, Beckenbodenschmerzen und Senkungssymptome.
Wie sollte ich am besten laufen, wenn ich einen schwachen Beckenboden habe?
Wer einen schwachen Beckenboden hat, muss häufig Streckenführung und Streckenlänge anpassen. Man fängt an, jede Laufstrecke an Büschen entlang oder durch den Wald zu planen, vor Wettkämpfen zögert man den Toilettengang bis zur letzten Sekunde vorm Start heraus oder stellt sich dreimal in die Toilettenschlange, man meldet sich für das 5-km-Rennen statt wie früher für den Halbmarathon an, trinkt in den letzten zwei Stunden vorm Laufen so wenig wie möglich und nimmt dadurch Leistungseinbußen in Kauf oder lernt die Lage der Toilettenhäuschen beim Marathon auswendig. Ein beschämendes Gefühl, aber übergangsweise die einzige Möglichkeit, weiterzulaufen. Denn mit dem Laufen aufhören ist eigentlich keine Option und oft nicht die Lösung des Problems.
7 Tipps für Läuferinnen und Läufer mit schwachem Beckenboden
Wie trainiere ich den Beckenboden fürs Laufen?
Beckenbodentraining ist anders als das Training anderer Muskeln. Wir können dafür nicht ins Fitnessstudio gehen, das entsprechende Trainingsgerät auswählen und mit einer bestimmten Anzahl an Sätzen und Wiederholungen "mal eben den Beckenboden stärken". Am Anfang des Beckenbodentrainings sollten Sie lernen, den Beckenboden wahrzunehmen: Wann spannt die Beckenbodenmuskulatur an? Wann entspannt sich der Beckenboden? Wie kann ich die Anspannung und Entspannung der Muskulatur beeinflussen? Sobald Sie Ihren Beckenboden (wieder) spüren, können Sie mit Aktivierungsübungen und der Kräftigung des Beckenbodens beginnen – immer unter Beachtung der richtigen Atmung. Hinzu kommen Athletikübungen für die gesamte Rumpfmuskulatur. Das Ziel ist die normale Funktion des Beckenbodens, also das reflektorische Anspannen und Entspannen, beim Laufen. Ohne, dass Sie viel darüber nachdenken müssen. "Sportlerinnen und Sportler müssen lernen, den Beckenboden einfach arbeiten zu lassen", sagt Gerlach.
Warum ist es so schwierig, den Beckenboden anzuspannen und zu spüren?
Jeder von uns kann problemlos den Bizeps, den prominenten Oberarmmuskel, anspannen. Beim Beckenboden wird es schon schwieriger. Die Beckenbodenmuskulatur gehört zur tiefliegenden Beckenmuskulatur. Deren Ansteuerung durch das Gehirn ist nicht so direkt wie bei der äußeren Bewegungsmuskulatur, die wir sonst im Alltag nutzen. Dementsprechend schwer fällt es den meisten von uns, ihn überhaupt zu erspüren oder gezielt zu aktivieren. Wenn der Befehl "Beckenboden anspannen" lautet, kneifen viele von uns deshalb das Gesäß zusammen. Denn dahin funktioniert die Reizweiterleitung problemlos.
Das häufig erwähnte Zusammenkneifen des Beckenbodens beim Wasserlassen zum Training der Beckenbodenmuskulatur ist übrigens weniger gesund und nur als Test der Muskelkraft geeignet oder um überhaupt zu spüren, wie Sie Ihren Beckenboden ansteuern können. Das aktive Unterbrechen des Urinstrahls sollten Sie vermeiden, da es das empfindliche Gleichgewicht der Steuerung zwischen Blasen- und Beckenbodenmuskulatur stören und zu Restharn führen kann (d. h. dass die Blase beim Wasserlassen nicht vollständig entleert wird). Außerdem werden durch den Verbleib von Bakterien in der Harnblase Infektionen begünstigt.
Wichtig: Ein starker Po fürs Laufen
Wie spannt man den Beckenboden an?
Das Anspannen und Entspannen des Beckenbodens ist nicht einfach. "Häufig werden Übungen zur Beckenbodenkräftigung in Rückenlage durchgeführt, was für die Wahrnehmung super schwierig ist, weil der Beckenboden in dieser Position frei im Raum ist und nicht mit der Schwerkraft wirkt. Übungen im Sitzen oder Stehen sind deshalb deutlich effektiver, um den Beckenboden zu stärken", erklärt Physiotherapeut Hauck.
Den Beckenboden anspannen – vier Übungen
Die Anspannung des Beckenbodens erfolgt bei den Übungen immer während der Ausatmung. Wenn wir ausatmen, folgt der Beckenboden der Bewegung der Lunge nach oben und lässt sich in dieser Position am besten anspannen und trainieren. Der Befehl zur Anspannung des Beckenbodens lautet einfach gesagt: After zusammenkneifen! Ein Miniloop und/oder ein Holzstab unterstützen die Aktivierung der Muskulatur. Befestigen Sie den Miniloop kurz über oder unter den Kniegelenken oder über den Sprunggelenken und bauen Sie gegen den Widerstand des Trainingsbandes Spannung auf, indem Sie die Beine bzw. die Füße nach außen bewegen. Der Holzstab verstärkt bei Übungen im Sitz die Spannung, wenn Sie ihn senkrecht mit beiden Händen leicht in den Boden drücken. Alternativ können Sie den Holzstab waagerecht mit etwa 20 cm Abstand vor der Brust halten, etwas breiter als schulterbreit greifen und ihn bei der Ausatmung "auseinanderziehen".
Im Sitz auf einem Hocker: Setzen Sie sich aufrecht auf einen Hocker oder auf den vorderen Bereich eines harten Stuhls. Stellen Sie die Füße hüftbreit auf und halten Sie Ihre Knie ebenfalls hüftbreit. Ihre Fußsohlen berühren komplett den Boden, sodass Sie eine stabile Haltung haben. Atmen Sie langsam und entspannt ein und aus. Spüren Sie dabei, wie Ihre Sitzhöcker, die beiden prominenten Knochen im Gesäß, auf die harte Sitzfläche drücken. Stellen Sie sich jetzt vor, Ihr Becken sei eine Wasserschale. Diese kippen Sie aus, indem Sie über Ihre Sitzhöcker nach vorn rollen. Gleichzeitig machen Sie den Bauch lang und gehen mit dem Rücken ins Hohlkreuz. Beim Ausatmen machen Sie den Bauch kurz und bringen die imaginäre Wasserschale wieder in die Waagerechte. Machen Sie diese Bewegung dynamisch vor und zurück. Die Atmung bestimmt die Geschwindigkeit der Bewegung, das ist ganz wichtig.
Im Sitz auf einem Gymnastikball: Setzen Sie sich aufrecht auf einen Gymnastikball. Stellen Sie die Füße hüftbreit auf und halten Sie Ihre Knie ebenfalls hüftbreit. Ihre Fußsohlen berühren komplett den Boden, sodass Sie eine stabile Haltung haben. Atmen Sie langsam und entspannt ein und aus. Beginnen Sie nun, den Ball mit dem Einatmen nach hinten zu rollen – nur durch die Bewegung des Beckens. Stellen Sie sich dabei vor, Ihr Becken sei eine Wasserschale, die Sie nach vorn auskippen. Gleichzeitig machen Sie den Bauch lang und gehen mit dem Rücken ins Hohlkreuz. Beim Ausatmen machen Sie den Bauch kurz, bringen die imaginäre Wasserschale wieder in die Waagerechte und rollen den Ball nur durch die Bewegung des Beckens wieder nach vorn. Rollen Sie auf diese Weise den Ball dynamisch vor und zurück. Auch hier ist wichtig, dass die Atmung die Geschwindigkeit der Bewegung bestimmt.
Im Stehen: Stellen Sie die Füße hüftbreit auseinander. Die Knie sind leicht gebeugt und zeigen minimal nach außen. Ihren Körperschwerpunkt schieben Sie in Richtung des Vorfußes. Legen Sie die Hände auf den Oberschenkeln ab. Nur ablegen, nicht aufstützen! Atmen Sie entspannt ein und aus. Bewegen Sie Ihren Rücken mit der Einatmung ins Hohlkreuz und machen Sie den Bauch lang – mit der Ausatmung machen Sie den Rücken nach oben rund und den Bauch kurz. Die Bewegung erfolgt dynamisch. Wenn Sie dabei nicht mehr viel nachdenken müssen, beziehen Sie den Beckenboden mit ein:
- Ausatmen, Rücken rund, Bauch kurz, Beckenboden anspannen.
- Einatmen, Rücken ins Hohlkreuz, Bauch lang, Beckenboden entspannen.
Übung: Beugen und Strecken der Wirbelsäule
Im Liegen: Legen Sie sich entspannt auf den Rücken. Stellen Sie beide Füße auf, sodass Ihre Beine angewinkelt hüftbreit auseinander stehen. Atmen Sie langsam ein und aus. Stellen Sie sich währenddessen vor, Ihr Kreuzbein (der keilförmige Knochen zwischen Lendenwirbeln und Steißbein) wäre das Ziffernblatt einer Uhr. In Richtung Ihrer Füße die 12, in Richtung Ihres Kopfes die 6. Dieses Ziffernblatt rollen Sie nun vor und zurück über den Boden:
- Mit dem Ausatmen rollen Sie das Becken zur 6, der Bauch wird kurz.
- Mit dem Einatmen rollen Sie das Becken zur 12, der Bauch wird lang.
Führen Sie die Bewegung dynamisch und fließend aus, ohne Zwischenstopps. Klappt? Dann kommt nun der Beckenboden ins Spiel – wenn er nicht schon ganz von alleine mitmacht:
- Ausatmen, Becken Richtung 6 rollen, Bauch kurz, Beckenboden anspannen (nicht die Gesäßmuskulatur!)
- Einatmen, Becken Richtung 12 rollen, Bauch lang, Beckenboden entspannen.
Wenn das Zusammenspiel von Bewegung, Atmung und Bauch- und Beckenbodenanspannung klappt, beziehen Sie das gesamte Ziffernblatt der Uhr in die Bewegung ein – im Uhrzeigersinn und auch mal entgegen.
Diese Übung können Sie auch in Seitlage üben.
Wie entspannt man den Beckenboden?
Die Entspannung des Beckenbodens erfolgt immer während der Einatmung. Wenn wir einatmen, folgt der Beckenboden der Bewegung der sich ausdehnenden Lunge nach unten und kann sich so entspannen. Die Beckenbodenentspannung können Sie am besten in einer sogenannten Entlastungsposition üben.
Beckenboden entspannen im Vierfüßlerstand
Knien Sie sich auf den Boden und gehen Sie in den Vierfüßlerstand: Beide Hände und beide Knie berühren den Boden. Legen Sie jetzt die Unterarme ab, sodass Ihr Steißbein den höchsten Punkt Ihres Körpers darstellt. Atmen Sie in dieser Position tief ein und aus. Versuchen Sie, während der Einatmung den Beckenboden bewusst zu entspannen.
3 Tipps für einen guten Umgang mit dem Beckenboden im Alltag
Wie kann ich meinen Beckenboden trainieren?
Es macht einen Unterschied, ob Sie Ihren Beckenboden mit den vorgestellten Übungen präventiv trainieren, weil Sie sich über dessen Relevanz bewusst sind und/oder Ihre Leistungsfähigkeit beim Laufen verbessern möchten oder ob Sie mit Beckenbodentraining beginnen, weil Sie bereits Beschwerden haben. "Bei Beckenbodenbeschwerden ist es wichtig, die Beschwerden vor dem Start ins Training genau zu benennen, die individuellen Beschwerdemomente herauszufinden und dann ein beckenbodenorientiertes Kraft- und Motoriktraining auf die individuelle Problematik abzustimmen", sagt Hauck.
Allgemeines und präventives Beckenbodentraining
Die Beckenbodenmuskulatur können wir ebenso trainieren wie andere willkürliche Muskeln unseres Körpers. Der Unterschied zu anderen Muskeln ist: Der Beckenboden hat nie Pause. Er muss 24 Stunden pro Tag Stützarbeit leisten. Natürlich ist es sinnvoll, diese Muskulatur jeden Tag 10 bis 15 Minuten gezielt zu kräftigen. Viel wichtiger ist es aber, die alltäglichen Gewohnheiten an die Funktion des Beckenbodens anzupassen und die motorische Kontrolle zu verbessern. Das kann beim Sitzen im Büro sein, beim Stehen an der Kasse, bei Aufwärmen vor dem Laufen, beim Kochen oder beim Zähneputzen. Denn das Training des Beckenbodens hat einen riesigen Vorteil: Niemand kann es sehen!
Das beste Training für den Beckenboden ist eine Kombination aus Achtsamkeit im Alltag, gezielten (Wahrnehmungs-)Übungen für den Beckenboden und regelmäßigem Athletiktraining für Bauch, Rücken und die allgemeine Körperhaltung. Denn wenn Sie morgens 10 Minuten Ihren Beckenboden trainieren, danach aber im Supermarkt die Getränkekiste in Ihr Auto laden, während Sie einatmen und dann die Luft anhalten und damit den Beckenboden stark belasten, haben Sie wenig gewonnen. "Rumpfkrafttraining ist eine große Komponente, weil die inneren Organe und der Beckenboden im Rumpf aufgehängt sind. Das heißt, die Bauch- und Rückenmuskulatur müssen gestärkt werden, damit die Spannung gehalten werden kann und keine Pressatmung erfolgt", so Hauck. "Wenn sich Sportlerinnen oder Sportler mit speziellen Beckenbodenübungen unwohl fühlen, sollten sie die Beckenbodenwahrnehmung und -aktivierung in das reguläre Athletiktraining übernehmen. Auch so kommt man ans Ziel."
Core-Training für eine starke Körpermitte
Wenn Sie hinsichtlich der Übungsauswahl unsicher sind oder einfach keinen Zugang zu Ihrer Beckenbodenmuskulatur finden, ist ein Beckenbodenkurs oder ein professionell durchgeführter Rückenkurs, der den Beckenboden berücksichtigt, hilfreich. Fragen Sie vorab beim Anbieter nach, wie der Kurs aufgebaut ist. Meist handelt es sich um heterogene Gruppen, die überwiegend mit Übungen zur Entspannung und Atemschulung angeleitet werden. Als Sportler oder Sportlerin werden Sie von niederschwelligem Training allerdings kaum profitieren. Suchen Sie sich deshalb einen aktiven Kurs, der Ihrer individuellen Leistungsfähigkeit entspricht. Die Kosten übernimmt (teilweise) die Krankenkasse, wenn der Kurs zertifiziert ist.
Übungen aus Ihrem Kurs oder Ihr eigenes Übungsprogramm sollten Sie drei- bis viermal pro Woche durchführen. Machen Sie von jeder Übung drei Sätze mit 12 bis 15 Wiederholungen. Setzen Sie die Muskelanspannung dabei dosiert ein und versuchen Sie, Ihren Beckenboden mit mittlerer Kraft (ca. 70 % der Maximalkraft) anzuspannen und wieder locker zu lassen. Integrieren Sie zusätzlich Übungen, die Sie mit mehr als 80 % der Maximalkraft ausführen (Hypertrophietraining) und kombinieren Sie diese mit Übungen, bei denen Sie den Beckenboden schnell anspannen und wieder locker lassen. So werden Sie den unterschiedlichen Muskelfasertypen gerecht.
Beckenbodentraining bei Beckenbodendysfunktionen
Damit Sie Ihren Beckenboden gezielt trainieren können, sollten Sie Ihre Beschwerden so genau wie möglich eingrenzen. Außerdem hilft es, die Trainingsergebnisse zu objektivieren. Klären Sie, wann genau es beispielsweise zu Inkontinenzbeschwerden kommt: beim Niesen, beim Husten, wenn Sie länger joggen oder bei Kälte laufen? Mit einem Fragebogen, z. B. von der AGGUP, können Sie die Entwicklung nachverfolgen.
Eine bereits ältere Untersuchung hat gezeigt, dass man den Urinverlust bei Inkontinenz innerhalb einer Woche um bis zu 70 Prozent reduzieren kann, indem man den Beckenboden beispielsweise vor dem Husten immer bewusst anspannt (Präkontraktion). Übertragen auf ein generelles Beckenbodentraining können Sie die motorische Kontrolle des Beckenbodens somit erhöhen, indem Sie Ihren Beckenboden immer in Ihren persönlichen "Urinverlust"-Momenten anspannen, kurz bevor die maximale Spannung im Bauchraum erreicht wird. Wissenschaftlich nicht geklärt ist bisher, ob diese Veränderung langfristig im Gehirn verankert wird, oder ob die Verbesserung der Beschwerden nur anhält, solange die Übung regelmäßig absolviert wird.
Vaginalsonden, die Sie per Bluetooth mit dem Smartphone verbinden können, helfen bei der Wahrnehmung des Beckenbodens. Das Trainingsgerät gibt mittels Biofeedback Rückmeldung über Zeitpunkt und Stärke der Beckenbodenanspannung. Die App des Perifit-Trainers beispielsweise stellt individuelle Trainingsprogramme zur Verfügung. Vaginalkonen und Trainingsgeräte, die ausschließlich dazu dienen, die innere Beinmuskulatur (Adduktoren) zu aktivieren und zu kräftigen, sind weniger zu empfehlen. Auch Sexspielzeug wie Liebeskugeln, die durch das von innen wirkende Gewicht möglicherweise den Beckenboden trainieren könnten, werden von Therapeuten nicht empfohlen.
Mit einer Intimdusche, zum Beispiel der Happy-Po-Dusche, können Sie die Durchblutung anregen. Die Wahrnehmung des Beckenbodens sowie die Ansteuerung der Muskulatur werden dadurch erleichtert.
Gibt es spezielle Trainingsgeräte fürs Beckenbodentraining?
Grundsätzlich können Sie alle Trainingsgeräte, die Sie auch sonst im Training nutzen, ebenso für beckenbodenangepasstes Krafttraining nutzen. Es gibt jedoch einige Geräte, die von Fachleuten empfohlen oder speziell für den Beckenboden entwickelt wurden. Neben den bereits erwähnten Vaginalsonden-Trainingsgeräten sind das:
Gymnastikhocker: Im Sitz auf einem harten Holzhocker lässt sich die Beckenbodenmuskulatur leichter erspüren als auf einer weichen Sitzfläche. Achten Sie beim Kauf auf die richtige Sitzhöhe.
Beckenboden-Therapieball: Der Beckenboden-Therapieball wurde nach dem Tanzberger-Konzept für Beckenboden- und Kontinenztraining entwickelt und ist deutlich fester als andere Gymnastikbälle, um die Wahrnehmung des Beckenbodens zu erleichtern.
Miniloop: Die kleinen Trainingsbänder sorgen für eine Vorspannung der Rumpfmuskulatur und helfen dabei, die Pressatmung bei der Aktivierung des Beckenbodens zu vermeiden.
Beckenboden und Schwangerschaft
Jede Schwangerschaft ist anders und individuell. Einige Frauen laufen bis fast zur Geburt, andere haben schon im ersten Trimester das Gefühl, dass der Beckenboden "irgendwie weich ist". Und während die eine Mutter drei Wochen nach der Geburt wieder laufen geht, entscheidet sich die andere in den ersten drei Monaten lieber für den beckenbodenschonenden Spaziergang. Fragen zum Thema Beckenboden tauchen deshalb zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Letztendlich entscheidet meist das (Bauch-)Gefühl. Im Folgenden kommen die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Schwangerschaft, Beckenboden und Laufen.
Sollte ich vor einer Geburt den Beckenboden lieber nicht kräftigen, damit er für die Geburt nicht zu fest ist?
Das Gerücht, man solle seinen Beckenboden vor der Geburt nicht kräftigen, hält sich hartnäckig. Dabei gilt: Wer seinen Beckenboden bewusst ansteuern und entspannen kann, kann ihn bei der Geburt auch besser kontrollieren und sich damit die Geburt erleichtern. Durch das Gewicht des Babys steigt der Druck auf den Beckenboden nach unten, der Druck im Bauchraum ändert sich. Dieser neuen Beanspruchung muss sich der Beckenboden anpassen und dabei können Sie ihn unterstützen. Die Ansteuerung des Beckenbodens schon während der Schwangerschaft zu erlernen und zu trainieren, zahlt sich also nicht nur während der Geburt, sondern auch nach der Entbindung aus.
Schadet es dem Beckenboden, wenn ich während der Schwangerschaft laufe?
Während der Schwangerschaft sorgen Hormone dafür, dass der Beckenboden lockerer wird, während der Druck des Körpergewichts des Babys stetig zunimmt. Unter der Geburt muss der Beckenboden maximal dehnbar sein. Einem gut trainierten, stabilen Beckenboden schadet das Laufen in der Schwangerschaft nicht. Grundsätzlich gilt: Was Sie vor der Schwangerschaft gewohnt waren, dürfen Sie in der Schwangerschaft weitermachen, solange es Ihnen keine Beschwerden bereitet. Besonders im ersten Trimester nimmt die Stabilität von Bändern und Gelenken ab, weil der Körper vermehrt das Hormon Relaxin produziert. Plyometrisches Training und schnelle Bergabläufe sollten Sie deshalb in der Schwangerschaft achtsam absolvieren. Hören Sie beim Sport auf Ihr Bauchgefühl.
Wer vor der Schwangerschaft zwei Jahre lang seine Laufschuhe nicht mehr angezogen hat, sollte in der Schwangerschaft nicht plötzlich damit anfangen und lieber mithilfe von Walken oder Radfahren in Bewegung bleiben.
Walken als sanfter Laufeinstieg
Schadet Krafttraining während der Schwangerschaft dem Beckenboden?
Vielen Frauen wird während der Schwangerschaft und nach der Geburt dazu geraten, nicht mehr als fünf Kilogramm zu heben und entsprechend nicht mit mehr Gewicht zu trainieren – und dann spazieren eben jene Frauen in den ersten Wochen nach der Entbindung mit ihrem etwa vier Kilogramm schweren Kind im 4,5 Kilogramm schweren Maxi Cosi zur Rückbildungsgymnastik. Für diese Gewichtsgrenze gibt es zudem keinerlei wissenschaftliche Grundlage. Also darf eine gesunde Schwangere durchaus mit Kettlebell, Hanteln und Langhantel trainieren. Sie sollte sogar, wenn sie kann und sich danach fühlt.
Studien belegen immer wieder, dass Krafttraining während der Schwangerschaft eher Vorteile als Nachteile hat – nicht nur, weil es Rückenschmerzen lindert und die Stimmung verbessert. Hormonelle Veränderungen sorgen nämlich dafür, dass Schwangere in der ersten Schwangerschaftshälfte sogar schneller und effizienter Muskeln aufbauen können, als vor und nach der Schwangerschaft. Relaxin beispielsweise sorgt für eine bessere Durchblutung der Muskulatur, vereinfacht den Aufbau schnellkräftiger Muskelfasern (Fast Twitch) und erhöht die Fähigkeit der trainierten Muskelfasern, Kraft aufzubauen (zur Studie). Wer während der Schwangerschaft weiterhin trainiert, schafft damit eine wichtige Grundlage für den Wiedereinstieg in den Sport nach der Schwangerschaft.
Wichtig: Sportarten, bei denen es zu Stürzen und Schlägen in den Bauch kommen kann (z. B. Mountainbiken, Klettern, (Kick-)Boxen), sollten Sie in der Schwangerschaft nur in reduzierter Form (z. B. Boxen ohne Gegner) ausüben. Besonders im letzten Trimenon sind Bänder und Sehnen durch die Hormonlage weicher. Alternativ zu statischen Dehnübungen sollten Sie in dieser Zeit beim Auf- und Abwärmen lieber auf dynamisches Dehnen zurückgreifen, um Verletzungen zu vermeiden.
(Wann) darf ich nach der Schwangerschaft wieder (Leistungs-)Sport machen?
Normalerweise richtet sich das Training in der Rehabilitation nach bestimmten Vorgaben, die auf eine bestimmte Verletzung oder Erkrankung zugeschnitten sind und sich an Wundheilungsphasen, Muskelphysiologie und individueller Belastbarkeit orientieren, sogenannten Return-to-Sport-Programmen. Für Frauen nach einer Schwangerschaft gibt es allerdings weder ein Return-to-Perform-, noch Return-to-Sport-Programme. Erfahrene Beckenbodentherapeuten und Sportwissenschaftlerinnen greifen deshalb auf die Rehabilitationsphasen für orthopädische Erkrankungen zurück, um Sportlerinnen nach der Geburt Anhaltspunkte für den Wiedereinstieg in den Sport zu geben.
Phase 1 (Woche 1–6): Erste Aktivierungsübungen für den Beckenboden sind schon wenige Tage nach der Geburt möglich und sinnvoll. Wer zu lange wartet, verliert Muskelkraft. Je nachdem, welche Verletzungen Sie evtl. durch die Geburt davongetragen haben, brauchen Sie ein paar Tage länger, bis die Anspannung der Beckenbodenmuskulatur wieder schmerzfrei möglich ist. Mit Spaziergängen und Bewegungsübungen für die Arme halten Sie Ihren Kreislauf in Schwung.
Phase 2 (Woche 7–12): Anspruchsvollere Beckenbodenübungen und Rückbildungsgymnastik können Sie sechs bis acht Wochen nach der Geburt in Angriff nehmen. Nach einem Kaiserschnitt (Sectio) sollten Sie in dieser Phase darauf achten, dass die Narbe beweglich wird und bleibt. Viele Narbenheilungsstörungen entstehen durch Inaktivität nach der Geburt. Ein flotter Spaziergang bringt den Kreislauf in Schwung und sorgt für gute Stimmung.
Phase 3 (Woche 13–16): Mit Mobilisationsübungen, Dehnübungen und Kräftigungsübungen mit Gewichten sorgen Sie für eine (schmerzfreie) Ganzkörperbeweglichkeit und bringen Ihren Körper zurück auf das Kraftniveau vor der Schwangerschaft. Auch das Cardio-Training (z. B. Treppensteigen, Crosstrainer, Bergaufgehen) findet in dieser Phase wieder seinen festen Platz im Trainingsplan.
Phase 4 (Woche 17–24): Mit Kraft- und Ausdauertraining, angepasst an Ihren individuellen Trainingszustand, gewinnen Sie Ihre Leistungsfähigkeit zurück.
Wenn Sie die vier Phasen durchlaufen haben, sich schmerzfrei bewegen und belasten können, keine Becken(boden)schmerzen und keine Anzeichen einer Inkontinenz haben und sich fit und motiviert fühlen, steht einem Wettkampfstart nichts mehr im Wege.
Schadet es dem Beckenboden, wenn ich nach der Schwangerschaft zu früh mit dem Laufen beginne?
Nach der Geburt sollten Sie Ihrem Körper ein wenig Zeit geben, zu regenerieren. Durch die Ablösung der Plazenta befindet sich nach der Geburt eine offene Wunde in der Gebärmutter mit etwa zehn Zentimetern Durchmesser. Wäre diese Wunde sichtbar, würden wir ihr deutlich mehr Aufmerksamkeit schenken. Sie braucht etwa drei Wochen, um zu heilen – die Zeit des Wochenbetts. Körperliche Überlastung vor Abschluss der Wundheilung kann zu Wundheilungsstörungen führen.
Wann ist der Beckenboden nach der Geburt wieder fit genug fürs Laufen?
Überwiegend lautet die Empfehlung von Frauenärzten und Therapeuten, frühestens nach zwölf Wochen, teilweise erst nach vier bis sechs Monaten, wieder mit dem Laufen zu beginnen – ein guter Richtwert. Empfehlenswert ist es, erst wieder mit dem Laufen zu beginnen, wenn Sie einen Rückbildungskurs abgeschlossen haben. Grundsätzlich kommt es allerdings darauf an, wie lange Sie vor der Geburt pausiert haben und wie fit Sie zum Zeitpunkt der Geburt waren. Wer bis kurz vor der Geburt aktiv war, kann recht schnell wieder einsteigen. Wer durch einen Krankenhausaufenthalt, körperliche Beschwerden oder weil es sich einfach nicht mehr richtig angefühlt hat, schon länger nicht mehr laufen konnte, sollte erst später starten. Denken Sie daran, dass Ihr Körper sich durch die Geburt verändert. Auch die Trainingsgewohnheiten sind plötzlich anders: keine geplanten Zeiten mehr, sondern spontanes Laufen in sich plötzlich eröffnenden Zeiträumen. Zu beachten ist außerdem, dass in den ersten Wochen nach der Geburt durch Schlafmangel und Stress keine Regeneration stattfinden kann. Somit sind das Verletzungsrisiko und das Risiko für Infektionen wie grippale Infekte erhöht.
Bereiten Sie Ihren Beckenboden mit Kräftigungsübungen für Beine, Beckenboden, Gesäß und Rumpfmuskulatur auf die ersten Laufeinheiten vor. Wechseln Sie am Anfang zwischen Laufen und Walken und trainieren Sie in den ersten sechs Wochen überwiegend im Grundlagenausdauerbereich, bevor Sie wieder schneller rennen.
Bei manchen Frauen erholt sich der Beckenboden erst nach sechs Monaten oder später. Bleiben Sie dran und geben Sie Ihrem Körper die Zeit, die er braucht!
Achtung, Gewichtszunahme! Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist normal. Einen Teil des Gewichts nehmen Sie nach der Geburt allerdings auch mit auf die Laufstrecke. Wenn Sie nach der Geburt vorübergehend noch mit zusätzlichen Pfunden zu kämpfen haben, ist es sinnvoll, zuerst durch Walken und leichte Bewegungsprogramme Ihr Normalgewicht wiederherzustellen, bevor Sie joggen gehen.
Laufen nach der Schwangerschaft
Wichtig zu wissen: Auch ein (stiller) Abort oder eine Fehlgeburt bedeuten eine Veränderung für den Beckenboden. Deshalb ist eine Kräftigung des Beckenbodens nach Schwangerschaftsabbrüchen, sowohl mit als auch ohne Operation, empfehlenswert. Im Normalfall übernimmt die Krankenkasse ab der zwölften Schwangerschaftswoche die Kosten für einen Rückbildungskurs.
Hat Stillen einen Einfluss auf die Beckenbodenmuskulatur, die Muskelfunktion oder die Körperstabilität beim Laufen?
Immer wieder wird besonders Frauen, die länger als die durchschnittlich üblichen acht Monate stillen, von Laufwettkämpfen, Bergläufen und (Halb-)Marathondistanzen abgeraten, weil die Körperstrukturen durch die Hormone Östrogen, Relaxin und Prolaktin noch "weich" seien. Aussagekräftige Studienergebnisse dazu gibt es jedoch nicht. Vielmehr scheint die Ernährung bei stillenden Läuferinnen eine große Rolle zu spielen. Stillen erfordert Zeit, Kalorien und Nährstoffe. Führen wir dem Körper die notwendigen Nährstoffe nicht ausreichend zu, nutzt er die vorhandenen aus Muskulatur und Fettgewebe. Stillende Mütter benötigen ausreichend Proteine, Aminosäuren, Calcium, Eisen, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Folsäure. Außerdem ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig. Darauf zu achten ist im Alltag als Mutter nicht einfach – aber es ist die Voraussetzung für ein gesundes Training und verletzungsfreies Laufen.
Darum sind Proteine so wichtig
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten der Nahrungsergänzung, mit denen Sie den erhöhten Nährstoffbedarf während der Stillzeit decken können. Angebote gibt es beispielsweise von into life, Rotbäckchen oder Orthomol Natal. Tipp: Lassen Sie beim Gynäkologen oder Ihrer Hausärztin vorab Ihre Blutwerte checken.
Über das Training während der Stillzeit sagt Hauck: "Es muss nicht immer Krafttraining sein. Man kann immer etwas machen, am Anfang zum Beispiel viel Wahrnehmungsschulung, um die Ansteuerung der Beckenbodenmuskulatur neu zu erlernen. Die richtige Atmung macht dabei viel aus. Auch Entlastungspositionen werden von vielen Frauen als sehr angenehm empfunden."
Helfen Beckenbodenübungen bei der Reduktion einer Rectusdiastase während und nach der Schwangerschaft?
In den letzten sechs Monaten einer Schwangerschaft benötigt der wachsende Fötus immer mehr Platz im Bauch. Besonders bei schlanken Frauen dehnt sich dann die Bauchmuskulatur weit auseinander und in der Bauchmitte (dort, wo die Bauchmuskeln zusammentreffen) entsteht eine "Muskellücke". Weicht die bindegewebige Verbindung zwischen den Bauchmuskeln mehr als zwei Zentimeter auseinander, spricht man von einer Rectusdiastase. Normalerweise bildet sie sich nach der Schwangerschaft bei alltäglicher körperlicher Aktivität von alleine zurück. Etwa 30 Prozent der Mütter haben jedoch auch nach einem Jahr noch eine durch die Rectusdiastase bedingte geschwächte Bauchmuskulatur, die unter anderem mit einer Beckenbodenschwäche einhergehen kann. Fachleute sind sich bisher nicht einig, ob es sich bei einer Rectusdiastase um eine Erkrankung oder eine physiologische Funktionsveränderung handelt.
Eine Studie weist darauf hin, dass Bauchmuskel- und Beckenbodentraining während der Schwangerschaft eine Rectusdiastase zumindest nicht verschlimmert. Allerdings gibt es keine statistisch relevanten Hinweise darauf, dass sich eine Rectusdiastase durch Beckenbodentraining nach der Schwangerschaft schneller oder stärker verbessert. Zusätzliche Übungen für die schrägen und seitlichen Bauchmuskeln sind deshalb vor dem Wiedereinstieg ins Laufen empfehlenswert. Dabei dürfen Sie auch die gerade Bauchmuskulatur trainieren, denn die Anspannung des Musculus Rectus Abdominis schließt die Rectusdiastase.
Beginnen Sie mit statischen Übungen, bei denen Sie sich auf Ihre Atmung und die Muskelspannung im Bauch fokussieren können. Mit dem sogenannten Abdominal Bracing sorgen Sie für zusätzliche Stabilität. Dazu ziehen Sie Ihren Bauchnabel bei der Ausatmung in Gedanken so weit es geht nach innen und halten ihn dort bis zum Ende der Ausatmung. Beim Einatmen lassen Sie die Bauchmuskulatur wieder locker. Wenn Sie die Bauchspannung während der statischen Übung ohne Ausweichbewegungen halten können, gehen Sie zu dynamischen Übungen über.
Dynamische Übung für die schrägen Bauchmuskeln
Laufen nach Gebärmutterentfernung (Hysterektomie)
Die Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie), manchmal in Kombination mit Gebärmutterhals und/oder Eierstöcken, ist eine Operation, die für betroffene Frauen sowohl psychisch als auch physisch eine große Herausforderung darstellt. Oft lautet der ärztliche Rat im Anschluss: Besser nicht mehr laufen. Der Grund: Durch die fehlende Gebärmutter fehlt die Stabilität für die übrigen Bauchorgane. Die verständliche Reaktion: Verzweiflung. Die gute Nachricht: Eine Hysterektomie ist heute kein Grund mehr, mit dem Laufen aufzuhören.
Nach der Operation benötigt Ihr Körper vier bis sechs Wochen, um zu heilen und sich an die strukturellen Veränderungen im Bauchraum anzupassen. Auch der Beckenboden passt sich in dieser Zeit an die neue Belastungssituation an. Mit dem Joggen sollten Sie ein halbes Jahr warten, aber: Bis sie wieder starten, können Sie Ihren Körper mit Beckenbodenübungen, Athletikübungen für Beine, Gesäß und Rumpf und Alternativsportarten wie Einheiten auf dem Crosstrainer, auf dem Ergometer oder Fahrrad oder durch Aquajoggen und Walken trainieren.
Aquajogging – mehr als nur Alternativtraining
Vor dem finalen Laufeinstieg sollten Sie sich an einen Arzt oder eine Ärztin und/oder einen Sporttherapeuten oder Physiotherapeuten mit Zusatzfortbildung im Bereich Beckenboden (z. B. Tanzberger Konzept) wenden, der sich mit beidem auskennt: (Leistungs-)Sport und Operationen, die den Beckenboden betreffen. Jeder Fall ist individuell und der Wiedereinstieg in den Sport sollte im Optimalfall professionell begleitet werden.
Beckenboden und Prostata
Prostatakrebs ist die am häufigsten diagnostizierte Krebsart bei Männern. Die Therapie ist langwierig und geht häufig mit einer Beckenbodenschwäche einher. Vor allem nach einer operativen Entfernung der Prostata (Prostatektomie) ist ein gezieltes Training der Beckenbodenmuskulatur wichtig. Wer nach der Behandlung eine Inkontinenz hat, sollte sein Übungsprogramm mindestens ein halbes Jahr lang beibehalten.
Empfehlungen für Beckenbodenübungen nach Prostatektomie
Informieren Sie sich schon vor der Operation über geeignete Beckenbodenübungen und erstellen Sie Ihr eigenes Übungsprogramm, mit dem Sie schon zwei Tage später beginnen dürfen. Machen Sie die Übungen drei- bis viermal pro Tag. Wiederholen Sie jede Übung zehn- bis 15-mal. Halten Sie die Muskelspannung während der Übung mindestens fünf und maximal zehn Sekunden. Gönnen Sie sich zwischen den Übungssätzen 20 Sekunden Pause.
Ungewollter Urinverlust tritt bei Männern nach Prostatektomie beispielsweise auf, wenn sie aus dem Auto aussteigen. Schon vor der Operation können Sie üben, den Beckenboden immer vor dem Herausdrehen aus dem Sitz anzuspannen.
Laufen nach Prostata-Operation
Ausdauersport kann Krebserkrankungen vorbeugen und ihren Verlauf maßgeblich beeinflussen. Somit ist Joggen bei Prostatakrebs nicht nur erlaubt, sondern wird sogar empfohlen. Nach einer Prostataentfernung (Prostatektomie) sollten Sie sportliche Aktivitäten zwei bis drei Wochen pausieren, damit sich Bauch und Unterleib erholen können. Starten Sie danach mit beckenbodenschonenden Sportarten wie Schwimmen, Walken oder kurzen Einheiten (bis 30 Minuten) auf dem Crosstrainer, bevor Sie nach etwa acht Wochen wieder mit dem Joggen anfangen.
Spazierengehen als Sportersatz
Mit welchen Übungen kann ich gezielt meinen Beckenboden trainieren?
Der Beckenboden lässt sich am besten in der geschlossenen Muskelkette trainieren, wie zum Beispiel mit Planking (Unterarmstütz). In der geschlossenen kinetischen Kette zu trainieren bedeutet, dass Sie beide Füße und/oder beide Hände nicht frei bewegen können. Die Füße stehen also zum Beispiel auf dem Boden oder an der Beinpresse, die Hände halten eine Kettlebell oder eine Langhantelstange.
Das Training des Beckenbodens sollte natürlich immer an die individuellen Fähigkeiten des oder der Trainierenden abgestimmt werden, um eine Überlastung zu vermeiden. Trotzdem gilt auch für das Beckenbodentraining: Trainingserfolg entsteht durch überschwellige Reize. Ein effizientes Beckenbodentraining für (gesunde) Läuferinnen und Läufer sollte daher Übungen mit Zusatzgewicht wie Hanteln, Kettlebell oder Langhantelstange beinhalten. Für die Übungsauswahl gilt außerdem: Kräftige Hüftmuskeln machen den Beckenboden stark!
Richtig atmen beim Beckenbodentraining: Besonders wenn wir den Beckenboden trainieren, ist es wichtig, dass wir auf eine regelmäßige und richtige Atmung achten. Das ist deutlich leichter gesagt als getan, weil wir dazu neigen, die Luft anzuhalten, wenn wir uns auf eine neue Übung konzentrieren. Für den Beckenboden gilt die Regel: A und A und E und E, also: Ausatmen und Anspannen; Einatmen und Entspannen.
Hier sind Kraftübungen, mit denen Sie Ihren Beckenboden stärken können:
Der Klassiker: Kniebeugen mit und ohne Zusatzgewicht
Wie Sie Kniebeugen richtig ausführen, können Sie hier nachlesen.
Wichtig für den Beckenboden: Gehen Sie mit der Einatmung in die Tiefe. Strecken Sie die Knie mit der Ausatmung. Die Bewegung der Kniebeuge können Sie später auf das Heben schwerer Gegenstände übertragen.
Beckenbodenathletik fürs Laufen: Kettlebell-Swings
Eine Anleitung zum Kettlebell-Swing gibt es hier.
Wichtig für den Beckenboden: Einatmen, wenn es nach unten in die Hocke geht und mit dem Schwung nach oben ausatmen.
Beckenbodenstabilisation beim Hüpfen für fitte Frauen und Läuferinnen
Stellen Sie sich mit aufrechtem Körper hin. Beugen Sie die Knie leicht an. Bewegen Sie das Becken einige Male vor und zurück: Becken kippen, Becken aufrichten. Suchen Sie sich die Position, in der Sie den Beckenboden am besten anspannen können. Aus dieser Position starten Sie in die Übung: Mit der Ausatmung hüpfen Sie hoch. Beim Landen entspannen und einatmen. Beim Hüpfen wieder ausatmen.
Wie kann ich meinen Beckenboden im Alltag trainieren?
Beckenbodenübungen lassen sich wunderbar in den Alltag integrieren. Egal, ob im Wartezimmer beim Arzt, beim Zähneputzen im Badezimmer, auf der Zugfahrt, beim Kochen oder als Beifahrer beim Autofahren – Gelegenheiten ergeben sich überall.
Beckenboden anspannen im Sitzen
Wenn Sie beispielsweise im Wartezimmer, im Bus oder bei der Arbeit auf einem Bürostuhl sitzen, können Sie Folgendes tun: Setzen Sie sich mit geradem Rücken hin, die Füße stehen auf dem Boden. Beim Einatmen lassen Sie Beckenboden und Bauch ganz locker werden. Beim Ausatmen ziehen Sie die Sitzbeinhöcker zusammen und die Beckenbodenmuskeln nach innen oben. Beim nächsten Einatmen entspannen Sie wieder. Wiederholen Sie diese Übung einige Male.
Tipp: Die Übung wird effektiver, wenn Sie sich auf ein Ballsitzkissen oder einen Gymnastikball setzen. Ein Miniband oder Loopband verstärkt die Anspannung der Muskulatur.
Beckenbodenaktivierung im Stehen
Stehen Sie beispielsweise in der Schlange vorm Bäcker, können Sie Ihren Beckenboden unbemerkt trainieren: Stehen Sie mit den Füßen etwa hüftbreit auseinander. Die Knie sind ganz leicht gebeugt. Bei der Einatmung lassen Sie Ihren Beckenboden und Ihren Bauch ganz locker, beim Ausatmen ziehen Sie die Beckenbodenmuskeln nach innen oben zusammen. Bei der nächsten Einatmung entspannen Sie wieder.
Tipp: Indem Sie sich beim Ausatmen, während Sie den Beckenboden anspannen, auf die Zehenspitzen hochdrücken, erhöhen Sie gleichzeitig die Aktivität Ihrer Bein-, Gesäß- und Bauchmuskulatur.
Beckenbodentraining beim Gehen
Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung, wenn Sie zu Fuß unterwegs sind. Ein gerader oder leicht überstreckter Rücken unterstützt den Beckenboden in seiner Stützfunktion besser als ein runder Rücken. Rollen Sie außerdem über den ganzen Fuß ab und versuchen Sie (sollten Sie sehr kleine Schritte machen) die Schritte etwas in die Länge zu ziehen. Konzentrieren Sie sich darauf, regelmäßig zu atmen: drei Schritte ausatmen, drei Schritte einatmen.
Beckenboden aktivieren beim Heben und Tragen
Wenn Sie zum Beispiel den Wäschekorb oder eine Getränkekiste anheben, achten Sie darauf, dass Sie Oberkörper und Beckenboden anspannen und während des Anhebens ausatmen. Tragen Sie schwere Dinge nah am Körper und achten Sie auch hier auf einen aktiven Rücken und Beckenboden und eine ruhige Atmung.
Fazit: Mit trainiertem Beckenboden schmerzfrei, schneller und länger laufen
Der Beckenboden stabilisiert die Bauchorgane und steht in enger Verbindung zum Zwerchfell sowie der Bauch- und Rückenmuskulatur. Er unterstützt die Atmung und trägt zu einer aufrechten Körperhaltung bei. Bauch-OPs, Übergewicht, Überlastung im Alltag oder (Leistungs-)Sport oder Stress können die Beckenbodenmuskulatur in ihrer Funktion beeinträchtigen und zu einer Beckenbodenschwäche führen. Beckenbodenprobleme äußern sich bei Läuferinnen und Läufern meist durch Schmerzen in der Beckenbodenmuskulatur, im Unterleib oder im unteren Rücken und zu Inkontinenz (Blasenschwäche) beim oder nach dem Laufen.
Wie die meisten anderen Muskeln unseres Körpers lässt sich auch die Beckenbodenmuskulatur trainieren, entweder durch spezielle Übungen oder durch Rumpfkrafttraining, das den Beckenboden bei der Übungsauswahl und Übungsdurchführung berücksichtigt. Wer neu in das Beckenbodentraining einsteigt, sollte mit statischen Übungen beginnen und zu dynamischen Übungen wechseln, sobald eine sichere Ansteuerung und Aktivierung der Beckenbodenmuskulatur möglich ist. Eine aufrechte Körperhaltung im Alltag trägt zusätzlich zu einer besseren Funktion des Beckenbodens bei.
Regelmäßiges Beckenbodentraining, spezielle Unterwäsche, eine vorausschauende Trainingsplanung und eine evtl. professionelle Begleitung durch Ärztinnen oder Therapeuten machen das Laufen auch mit und nach Beckenbodenschwäche (wieder) möglich. Pauschale Empfehlungen zu Diagnostik und Übungen sind schwierig, weil durch die unsichtbaren und Komponenten Wahrnehmung und Hormonlage jede Beckenbodenproblematik individuell betrachtet und behandelt werden sollte. © Runner’s World
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