Süßes oder Saures, Heißes oder Kaltes – wer empfindliche Zähne hat, verspürt beim Verzehr bestimmter Lebensmittel zuweilen einen fiesen, ziehenden Schmerz in den Zähnen. Doch was sind die Auslöser für empfindliche Zähne und worauf weist der Schmerz hin? Eine Zahnärztin gibt Auskunft.
Kennen Sie das? Gerade beißen Sie genüsslich in einen Orangenschnitz oder nehmen einen Schluck von der eiskalten Limonade - und plötzlich verdirbt ein starker Schmerz in den Zähnen den Moment?
Nicht immer ist ein Loch im Zahn die Ursache für die plötzlich auftretenden Schmerzen. Oft liegt es am Zahnschmelz – beziehungsweise am zerstörten Zahnschmelz. Dieser bildet die äußerste, schützende Schicht der Zähne und ist das härteste Gewebe des Körpers.
Ursache für empfindliche Zähne
Zwar ist der aus Verbindungen verschiedener Mineralien, Fetten und dem Phosphat Hydroxylapatit bestehende Zahnschmelz sehr fest und mit einem Schmelzpunkt von 1620 Grad Celsius extrem hitzebeständig, die robuste Substanz hat jedoch einen Schwachpunkt. Sie ist säurelöslich.
Schäden im Zahnschmelz legen die darunterliegende Dentinschicht frei. Durch feinste Kanäle im Dentin kann Süßes, Saures, Heißes oder Kaltes dann an die Nerven im Inneren der Zähne gelangen und Schmerzen auslösen. Doch wie kommt es überhaupt zu einem beschädigten Zahnschmelz? Liegt es an der Ernährung? Oder an falschen Pflegegewohnheiten?
Zahnärztin Rajka Zivkovic aus Berlin bestätigt: sowohl als auch! "Zu heftiges Putzen, vor allem an den Zahnhälsen, kann eine Ursache sein. Sehr säurehaltige Speisen und Getränke wie Zitrusfrüchte, Wein, Kaffee, Säfte oder Limonaden können Erosionen verursachen und damit den Schmelz schädigen." Diese Lebensmittel seien für die Zahngesundheit nicht förderlich – schon gar nicht bei empfindlichen Zähnen. "Auch Karies kann die Ursache für plötzlichen Schmerz sein", sagt Zivkovic.
Empfindliche Zähne und Karies behandeln
Bei einer beginnenden Karies muss übrigens nicht immer zum Bohrer gegriffen werden: "Wir haben gute Erfolge mit der nichtinvasiven Methode des Kariesmonitoring und stellen hier regelmäßig einen Kariesrückgang fest", berichtet die Zahnmedizinerin. Dabei reibt der Patient regelmäßig die entsprechenden Stellen mit einer Reparaturpaste ein, wodurch der Schmelz die fehlenden Mineralien wieder einlagern und damit remineralisieren kann. Auch bei empfindlichen Zähnen kann diese Methode Linderung bringen.
Rajka Zivkovic rät, Schmerzen grundsätzlich vom Zahnarzt abklären und gegebenenfalls behandeln zu lassen. Je nach Ursache und Größe des Defekts kann der Zahnarzt bei freiliegenden Zahnhälsen und kleinen Erosionen eine Art Versiegelung durchführen. Fehlt bereits Zahnsubstanz, sollte die Stelle durch eine Füllung abgedeckt werden. "Es besteht sonst die Gefahr, dass Bakterien über den Zahnhals den Nerv infizieren. Wenn Karies die Ursache ist, muss diese minimalinvasiv entfernt werden und eine adhäsive Füllung gelegt werden."
Durchbruch in der Forschung
Regenerieren kann sich angegriffener Zahnschmelz nicht. Aber es gibt Hoffnung. Chinesischen Forschern der Universität Zhejiang in Hangzhou ist es erstmals gelungen, ein Gel zu entwickeln, das angegriffenen Zahnschmelz reparieren kann.
Bevor es zugelassen wird, muss sich das Präparat jedoch als unbedenklich für die Gesundheit erweisen.
Schmerzempfindliche Zähne? Das können Sie tun
Ob oder wann das Gel zugelassen wird, ist ungewiss. Bis dahin kann jedoch vorsorglich einiges unternommen werden, um den Zahnschmelz zu schonen und durch verschiedene Reize wie Kälte oder Wärme verursachte Schmerzen zu verhindern.
Zahnärztin Zivkovic empfiehlt, die Zähne ohne Druck zu putzen. Das sei besonders bei elektrischen Zahnbürsten wichtig.
Sofort nach dem Verzehr von Süßem oder Saurem sollte übrigens auf keinen Fall sofort zu Zahnbürste und Zahnpasta gegriffen werden, denn der Speichel benötigt eine Weile, bis er nach einer Mahlzeit den pH-Wert wieder neutralisiert hat. Sonst könnte die Bürste dem Zahnschmelz schaden, da dieser nach Mahlzeiten und dem Genuss von säurehaltigen Getränken besonders empfindlich ist.
Zivkovic empfiehlt, die Zähne erst zwei Stunden nach dem Essen, insbesondere nach dem Verzehr der erwähnten zahnschmelzunfreundlichen Lebensmittel, zu putzen. Am Abend kann dann nach dem normalen Zähneputzen mit Zahnpasta und Zahnseide noch eine spezielle Reparaturpaste mit medizinischem Hydroxylapatit, also flüssigem Zahnschmelz, aufgetragen werden.
"Diese Pasten überziehen die Zähne mit einer Schutzschicht. Sensibilitäten können dadurch verringert, beginnende Karies repariert sowie Kariesbildung und Demineralisation vorgebeugt werden", erklärt Zivkovic.
Checkliste: So schützen Sie Zahnschmelz
- Süßes und Saures in Maßen genießen
- Besonders klebrige Süßigkeiten vermeiden, da sie an den Zähnen haften
- Die Zähne nicht direkt nach dem Essen oder Trinken von sauren Getränken putzen
- Keinen Druck beim Zähneputzen ausüben
- Reparaturpasten am Abend verwenden
- Schmerzen vom Zahnarzt abklären lassen
- Zahnzwischenräume sanft reinigen
Übrigens: Auch einige gesunde Lebensmittel wie Haferflocken, ein Salat mit Essigdressing und der geliebte Orangensaft am Morgen setzen dem Zahnschmelz zu.
Wer nach dem Essen direkt in ein wichtiges Meeting oder zu einer Verabredung muss, kann mit einem Zahnpflegekaugummi für frischen Atem sorgen. Dieser regt den für einen neutralen pH-Wert im Mund wichtigen Speichelfluss an und fördert die Remineralisation der Zähne.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Zahnmedizinerin Rajka Zivkovic
- Landeszahnärztekammer Thüringen: Zahnerosion
- Science Advances: Repair of tooth enamel by a biomimetic mineralization frontier ensuring epitaxial growth
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