Zucker ist das, was unsere Lebensmittel lecker macht: Vom morgendlichen Kaffee bis hin zum spätabendlichen Snack. Der Süßmacher ist überall zu finden. Doch als gesundheitsbewusster Verbraucher will man auch gerne mal zuckerreduziert oder besser noch zuckerfrei konsumieren. Aber ist das Produkt mit der Aufschrift "zuckerfrei" oder "ungezuckert" tatsächlich ganz ohne Zucker?
Um ein Produkt auf den Markt bringen zu dürfen, muss es zuerst genau auf Inhaltsstoffe und Zutaten untersucht werden. Die EU-Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) schreibt dem Hersteller vor, welche Angaben auf dem Etikett stehen müssen.
Diese Regeln müssen genau befolgt werden; so hat man als Verbraucher eigentlich sehr gute Möglichkeiten, genau über alle Inhalts- und Nährstoffe in einem Produkt Bescheid zu wissen – und damit auch über die enthaltene Menge an Zucker.
Eigentlich. Denn das Problem dabei ist, dass die meisten Verbraucher diese Produkthinweise nicht immer verstehen.
Wichtig ist zum Beispiel der Unterschied zwischen den werbenden Beschriftungen wie "zuckerfrei" auf dem Etikett, der Tabelle der Nährwerttabelle und der Zutatenliste.
Der Zucker in der Nährwerttabelle bezieht sich spezifisch nur auf Mono- und Disaccharide, die zusammengerechnet werden, während in der Zutatenliste alle Zuckerarten einzeln aufgeführt werden.
Leicht erkennbar sind die verschiedenen Namen für Zucker jedoch nicht immer. Wenn in der Zutatenliste "Zucker" steht, ist damit nur Rüben- oder Rohrzucker (Saccharose) gemeint. Jeder weitere Zucker oder Süßstoff hat einen anderen Namen.
Definitionen von Lebensmittelkategorien sind wichtig
Lebensmittel werden je nach Art und Zugehörigkeit sehr genau eingeteilt. Die betreffenden Kategorien geben Richtlinien für Inhalt und Herstellungsweise des Produkts vor – jedoch klingen diese Kategorienamen oft freundlicher und gesünder als sie eigentlich sind.
Zum Beispiel die Kategorie der Fruchtsäfte: Die wird aufgeteilt in die Bezeichnungen Fruchtsaft, Fruchtnektar und Fruchtsaftgetränk.
Das zuckerreichste Produkt dieser Gruppe wäre das Fruchtsaftgetränk. Es enthält am wenigsten Frucht und am meisten Zusatzstoffe. Getränke mit Saft von Trauben und Kernobst müssen mindestens 30 % Frucht enthalten, Zitrusfrüchte mindestens 6 % und andere Früchte mindestens 10 % - der Rest darf mit Zuckerwasser aufgefüllt werden.
"Zuckerfrei" ist nicht gleich zuckerfrei
Das Label "zuckerfrei" wird nicht nur streng vergeben, wenn ein Produkt tatsächlich 0% an Zucker enthält.
Es spielt hier vielmehr auch die Art des Zuckers eine Rolle, ebenso wie die Menge des eigentlichen Produkts. "Zuckerfrei" dürfen sich nur die Lebensmittel nennen, welche mit den klassischen Zuckerarten Mono- und Disaccharide den Höchstwert von bis zu 0,5 % pro 100 Milliliter bzw. Gramm nicht überschreiten.
"Zuckerarm" bedeutet für ein Produkt, dass es pro 100 Gramm bis zu fünf Gramm Zucker enthalten darf, in flüssigem Zustand sind es 2,5 Gramm pro 100 Milliliter.
Ist also ein Produkt mehr als 100 Gramm schwer, kann es pro weitere einhundert Gramm erneut die erlaubte Höchstgrenze an Zucker hinzugefügt bekommen, ohne sein "zuckerarm"-Label zu verlieren.
"Ohne Zucker" trotz Süßungsmitteln
Außerdem sind diese Labels selbst dann noch zulässig, wenn andere Süßungsmittel hinzugefügt wurden. Zucker-Alternativen, die nicht spezifisch Mono- oder Disaccharid sind, werden also einfach nicht berücksichtigt.
Somit können Produkte beliebig viele Süßstoffe enthalten, während sie immer noch als "zuckerfrei" beworben werden.
Statt Zucker werden gerne Zuckeraustauschstoffe, sogenannte Zuckeralkohole, benutzt: Diese können in beliebiger Menge im "zuckerfreien" Produkt enthalten sein.
Sie wirken süßend und zählen zu der Kategorie der Kohlenhydrate, sind aber an sich weder Mono- noch Disaccharide. Da sie weniger stark süßend sind als Zucker, enthält ein "zuckerfreies" Produkt oft recht viel davon. In sehr großen Mengen können die Stoffe abführende Wirkung haben.
Beispiele für Zuckeraustauschstoffe wären Sorbit, Xylit, Lactit, Fructose oder Maissirup, auch Isoglukose oder Glukose-Fruktose-Sirup genannt – und nichts davon ist - vor allem in größeren Mengen - sehr viel gesünder als herkömmlicher Zucker.
Einzig Diabetiker profitieren von solchen Süßungsmitteln, da sie nicht sonderlich den Blutzuckerspiegel beeinflussen.
Ebenfalls dürfen bei "zuckerfrei" immer noch Süßstoffe wie Saccharin oder Aspartam verwendet werden. Diese süßen ein Produkt bis zu 3.000 Mal mehr als Zucker, enthalten weniger Kalorien, sind aber immer noch Kohlenhydrate.
Sollten solche Süßungsmittel in Produkten enthalten sein, müssen diese mit dem Hinweis "mit Süßungsmittel(n)" versehen sein. Auch diese dürfen von Diabetikern konsumiert werden.
Das bedeuten Werbelabels
Die Bezeichnung "ohne Zuckerzusatz" bedeutet, dass in dem Produkt kein normaler Zucker oder versüßende Lebensmittel enthalten sind, Süßstoffe und Zuckeralkohole sind aber weiterhin erlaubt.
Wenn im Produkt bereits aufgrund der Zutaten Zucker enthalten ist, wie zum Beispiel in Früchten, kann darauf das Label "enthält von Natur aus Zucker" hinweisen – muss es aber nicht.
Gerne wird auch die Bezeichnung "mit Traubenzucker" verwendet, die irreführend sein kann. Ebenfalls als Glukose bekannt ist diese Art von Zucker keineswegs gesünder als normaler Zucker, er süßt lediglich weniger, was dazu führen kann, dass größere Mengen davon dem Produkt beigesetzt werden und sich die Energiemenge erhöht.
Fruchtzucker ist auch nicht unbedingt gesünder, denn er wird nicht aus Trauben oder anderen Früchten gewonnen – man stellt ihn meist aus Stärke von Mais oder Kartoffeln her.
Aufpassen muss man bei der Angabe "weniger süß": Das ist lediglich ein Hinweis auf den Geschmack des Produkts, und nicht verpflichtend für irgendwelche Inhalts- oder Nährstoffe.
Genauso verhält es sich bei von der Verordnung abweichenden Bezeichnungen wie etwa "ungezuckert", die nicht den Regeln der Labels "zuckerfrei" unterliegen.
Besser informiert als Verbraucher
Hersteller tun alles, um ihr Produkt attraktiver zu machen und mit griffigen Labels zu versehen. Da Zucker heutzutage als eher ungesunder Zusatzstoff gern vermieden wird, deklariert man ein Produkt also gerne als "zuckerfrei" und greift zu allerlei Tricks, um es doch süß und lecker schmecken zu lassen.
Statt dem klassischen Haushaltszucker wird einfach ein Süßungsmittel verwendet, Honig, Fruchtdicksaft oder Drei- und Vierfachzucker, die nicht weniger ungesund sind als der herkömmliche Zucker.
Als Verbraucher muss man sehr genau informiert sein, um hinter die verwirrenden Beschriftungen seiner Einkäufe blicken zu können.
Es wäre wünschenswert, wenn die Industrie die Definitionen der Labels präzisieren würde, um das Ganze ein bisschen transparenter zu machen. Allerdings, so hat es bisweilen den Eindruck, scheint genau das wohl nicht erwünscht zu sein.
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