- Dominanz, Kontrolle und Demütigung gelten als typische Eigenschaften toxischer Männlichkeit.
- Problematisch für das Dating ist dies besonders, da die toxische Männlichkeit meist nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.
- Frauen, die nach "einem echten Kerl" suchen, sollten sich zunächst selbst einige Fragen stellen.
Wie erklärt man am besten den Begriff "Toxische Männlichkeit", ohne dass man bereits innerhalb der ersten drei Zeilen 90 Prozent der Leserschaft verliert? Möglicherweise mit einem Beispiel, auf das sich alle Anwesenden einigen können.
Das plakativste Beispiel für toxische Männlichkeit ist und bleibt wohl der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika,
Donald Trump ist ohne Wenn und Aber eins der übelsten Beispiele für einen toxischen Mann. Dass er mit diesem Verhalten nicht nur seiner Familie, seinen Freunden und seinen Kollegen schadet, sondern auch sich selbst, war dem guten Herrn sicher kaum bewusst. Wie auch, schließlich ist er in seine Rolle hinein sozialisiert worden.
Was bedeutet eigentlich Männlichkeit?
Sehr breit gefasst beschreibt Männlichkeit die Summe der Eigenschaften, die traditionell einem Mann zugeschrieben werden. So weit, so gut. Laut den Genderstudies ist Männlichkeit lediglich ein Konstrukt, welches sich mit der Zeit wandelt und kulturell variiert. Diese Männlichkeit beinhaltet dabei sowohl positive als auch negative Eigenschaften.
Toxische Männlichkeit hingegen bezieht sich lediglich auf die Eigenschaften, welche als destruktiv oder potenziell gefährlich wahrgenommen werden. Hierbei kann diese Gefahr sowohl für den Mann selbst als auch für sein Umfeld gelten. Prominente Attribute, die in diesem Zusammenhang oft genannt werden, sind beispielsweise Dominanz, Kontrolle und Demütigung. Hinzu kommt eine Distanzierung von den eigenen Gefühlen und ein übertriebener Ehrgeiz. Sympathisch, nicht wahr?
In der Interaktion mit dem anderen Geschlecht wird toxischen Männern außerdem eine abwertende Haltung sowie animalisches Verhalten vorgeworfen. Wer jetzt noch keine Assoziation mit Donald Trump hat, dem ist auch nicht mehr helfen.
Nun ist dies hier jedoch kein Text über das Verhalten von Männern. Vielmehr soll es um Liebe und Beziehungen gehen. Doch was hat das mit toxischer Männlichkeit zu tun? Mit so einem Menschen möchte frau doch keine Beziehung führen, oder?
Doch! Denn das Problem ist, toxische Männlichkeit ist nicht so leicht erkennbar, wie es auf den ersten Blick scheint.
Manche mögen dieses Gefühl noch vom Schulhof kennen. Kai kommt mit seinem neuen rosa T-Shirt in die Schule. Sein Bruder hat das gleiche und deswegen denkt er, es wäre cool. Auf dem Schulhof wird er dann aber für sein neues Shirt gehänselt, weil "rosa tragen nur Mädchen". Aus Angst, sein Ansehen in der Gruppe zu verlieren, behauptet Kai jetzt vielleicht, dass das T-Shirt eigentlich weiß ist, seine Mutter es nur falsch gewaschen hat (Frauen eben!). Natürlich würde er diese Farbe nie freiwillig tragen.
Was ist hier passiert?
Ganz einfach, Kai kommt in einen Rollenkonflikt. Sein Status in der Gruppe ist bedroht und kann nur durch ein übertriebenes Machoverhalten gesichert werden. Das ist wie im Tierreich. Wer am lautesten brüllt, hat recht.
Viele Helden in bekannten Filmen werden mit typisch männlichen Attributen dargestellt. Sie kriegen immer was sie wollen, kommen gut bei Frauen an und sie haben viele Muskeln. Sie heulen nicht, sie haben immer einen coolen Spruch auf den Lippen und Kritik perlt an ihnen ab wie billiger Sekt.
Und damit kommen wir auch schon zu einem entscheidenden Punkt. Wenn man Frauen auf Dating-Apps fragt, wonach sie bei einem Mann suchen, dann ähneln sich die Antworten auf erschreckende Art und Weise.
Der Mann der Träume soll stark und mutig sein, eine richtige Schulter zum Anlehnen. Er soll der Ernährer sein. Ein Kerl, auf den frau sich verlassen kann und bei dem sie schwach sein darf. Gerne darf er den dominanten Part übernehmen, sich um die Finanzen kümmern und sich nehmen, was er will. Willkommen in den 1950ern!
Das Problem mit der toxischen Männlichkeit ist vor allem, dass sie so subtil stattfindet. Natürlich würde keine Frau rausgehen und sagen: "Ich suche einen toxischen Mann". Und doch finden sich prägnante Sätze in den Dating-Profilen vieler Frauen. "Ich suche nach einem echten Kerl" oder "Bitte nur Männer, die wissen, was sie wollen."
Aber was heißt das überhaupt? Wann ist ein Mann ein Mann?
Noch nie war das Männerbild so vielschichtig wie heute. Egal ob Super-Papa, Softboy, harter Rocker oder Tinderkönig – alles scheint erlaubt. Und doch feiert der Großteil unserer Kultur den Bad Boy. Den toughen Kerl aus Bourne Identity oder den Haudegen aus 72 Stunden. Gelobt werden die Extrovertierten. Diejenigen, die immer was zu sagen haben und dauer-kompetent wirken. Männer, die in der Lage sind, ihre Emotionen bis auf das letzte bisschen zu verdrängen und höchstens weinen, wenn die eigene Fußballmannschaft verliert.
Natürlich kommt kein Mann so auf die Welt, er wird dazu erzogen. Sei es durch den eigenen Vater, Freunde oder das allgemeine soziale Umfeld. "Sei nicht so eine Memme!" oder "Ein echter Mann hat doch keine Angst!" sind da noch die harmloseren Aussagen, mit denen sich kleine Jungs herumschlagen müssen.
Doch was macht das mit unseren Beziehungen?
Egal auf welcher Ebene die Beziehung besteht, Männer werden für toxisches Verhalten in der Regel belohnt. Erzählt ein Kerl, dass er zuhause den Haushalt schmeißt, wird er von seinen Freunden schief angeguckt und schreibt er in sein Dating-Profil, dass er auf Rom-Coms steht, wird ihm schon mal ein guter Prozentsatz an Dates entgehen. Andersherum gibt es Schulterklopfer für große Muskeln und viele Kerben im Bettpfosten.
Daraus ergibt sich eine deutliche Polarität. Ein "echter Mann" hat nichts Weiches an sich. Das kann zwar für die ersten Dates spannend und kribbelig wirken, aber taugen solche Männer zum Verlieben? Wie sieht das in einer klassische Beziehung aus?
Für Sex sind toxische Männer vielleicht noch ganz reizvoll. Dominant, fordernd, aufregend. Doch Hand aufs Herz, wie viel Spaß macht Sex mit einem Egoisten, selbst wenn er noch so muskelbepackt ist? Und spätestens, wenn frau sich dann auf eine Beziehung mit einem toxischen Mann einlässt, wird sie schnell bemerken, dass von Gleichberechtigung hier keine Rede sein kann.
Denn wie ausgeglichen kann eine Beziehung mit jemandem sein, der davon ausgeht, dass er der Mittelpunkt des Universums ist?
Hierzu sollte frau sich vielleicht folgende Fragen stellen:
- Möchte ich 100 Prozent der Care-Arbeit übernehmen? Mich also um Kinder, Familie, Freunde und Haushalt kümmern, während mein Mann Karriere macht und sich mit seinen Kumpels trifft?
- Wäre ich bereit, meine Bedürfnisse hinter seine zu stellen? Oder fände ich es schön, wenn sich auch mal um mich gekümmert werden würde?
- Will ich in meinen Kompetenzen wertgeschätzt werden und wie viel Mansplaining erträgt eine Beziehung?
- Wie gerne lasse ich mir erzählen, was ich anziehen darf und was nicht? Bin ich lieber das Aushängeschild meines Partners oder eine eigenständige Person?
Diese Fragen sind durchaus provokativ, doch das macht sie nicht weniger relevant. Denn bei der Überlegung, ob man eine Beziehung mit einem Menschen eingeht, der glaubt, er sei über jeden Zweifel erhaben, sollte man sich auch Gedanken über den eigenen Selbstwert machen.
Ja, toxische Männer werden nicht als solche geboren, doch das bedeutet nicht, dass es die Aufgabe der Frau ist, sie umzuerziehen oder ihnen bewusst zu machen, wie unmöglich sie sich verhalten. Ein Gedanke, den man gut und gerne mal ins Datingleben mitnehmen darf. Man kann Menschen nicht ändern, wenn sie selbst keinen Grund dazu haben und es wird nochmals schwieriger, wenn ihr manipulatives Verhalten von der Gesellschaft belohnt wird.
Also, beim nächsten Öffnen der Dating-App lohnt es sich vielleicht den Urinstinkt mal auszuschalten und nicht nach dem stärksten, sondern nach dem reflektiertesten Männchen zu gucken. Die sind nämlich auf Dauer besser für die Psyche und das Selbstbild.
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