Es ist vorbei – oder doch nicht? Manche Paare finden nach einer Trennung wieder zusammen. Damit die Beziehung beim zweiten Versuch allerdings besser läuft, gilt es einiges zu beachten. Worauf es ankommt, erklären Paartherapeuten im Interview.
Streitigkeiten, Langeweile oder die Umstände haben einfach nicht gepasst. Es gibt viele Gründe, weshalb sich Paare trennen. Und doch bedeutet ein Ende der Beziehung nicht auch zwangsläufig ein Ende für die Liebe. Einige Ex-Partner finden nach einer Trennung wieder zueinander.
Die Ausgangsbedingungen sind dabei aber ganz anders als beim Start in eine neue Beziehung. Die Paartherapeutin Micaela Peter und der Paartherapeut Holger Kuntze erklären, worauf es ankommt, damit der Neustart funktioniert und die Partnerschaft im zweiten Anlauf erfolgreich ist.
Mehr als Bequemlichkeit: Deshalb finden Paare wieder zueinander
"Die gemeinsame Vergangenheit des Verliebtseins schweißt zusammen. Denn als sich die Partner damals kennengelernt haben, gab es diese enge Verbindung. Und das ist eine gute Basis für eine Beziehung", erklärt Kuntze. Die Dauer der Beziehung werde nach einer Trennung zu einem wichtigen Qualitätsmerkmal, merkt er an. Es habe "einen großen Reiz, wenn wir feststellen, dass ein Mensch wieder bereit ist, es noch einmal zu versuchen". Der Wunsch nach einer langen, nachhaltigen Bindung sei dadurch schneller erfüllt.
Das bedeute allerdings absolut nicht, dass ein Neustart die bequemere Variante sei, sagt Kuntze. "Es ist allerdings so, dass Dating und Verlieben für die meisten Menschen Stress bedeutet." Er hält es deshalb "tatsächlich oftmals für einen guten Weg, der alten Liebe wieder eine Chance zu geben". Was dazu gehört? "Einzusehen, dass eine gemeinsame Geschichte einen bereits verbindet und die verliebten Gefühle, die bereits da waren, doch noch einmal zueinander führen können." Der Experte meint außerdem, dass sich manche Paare möglicherweise zu früh trennen. Einige würden vor der Trennung nicht prüfen, woran es denn hapere und ob es nicht doch noch zusammen funktioniert.
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Das weiß auch Micaela Peter: "Während der Beziehung zeigt man oft mit dem Finger auf den anderen oder ist mit Verteidigung beschäftigt. Erst nach der Trennung sieht man auch Fehler bei sich, ist selbstkritisch und reflektiert sein Verhalten." Bevor ein Paar es aber noch einmal miteinander versucht, sollten beide einen persönlichen Entwicklungsschritt gemacht haben, sagt die Expertin. "Wenn Partner einen Neustart wagen, können sie gemeinsam ernten, was sie gesät haben."
Wann gibt ein Neustart Sinn – und wann nicht?
Aber: Nicht jede Beziehung sollte aufgewärmt werden, macht Peter klar: "Es lohnt sich nicht, wenn die Beziehung toxisch, das Miteinander schädigend war. Es kommt vor, dass Partner sich gegenseitig nicht guttun und das Selbstbewusstsein unter der Beziehung leidet." Auch wenn eine emotionale Abhängigkeit vom anderen im Vordergrund der Beziehung stehe, solle man keinen Neustart in Betracht ziehen, sagt die Expertin. Für Kuntze ist ein Neustart außerdem ein No-Go, wenn sich das, was einen stört, nicht ändert: "Das können auch lebensbiografische Gründe sein, also wenn Partner im Leben an anderen Stellen stehen. Zum Beispiel, wenn einer einen Kinderwunsch hat, der andere nicht."
Laut Peter muss nach dem Ende einer Beziehung eindeutig sein, warum der andere einem fehlt: "Geborgenheit, Zusammengehörigkeit, die Qualität des Miteinanders: Wer das vermisst und vor allem das Positive erkennt, sollte mit dem Ex-Partner darüber sprechen und in Erfahrung bringen, ob es ihm oder ihr auch so geht."
Nur wenn beide überzeugt davon sind, dass die Probleme, wegen derer es zur Trennung kam, zu lösen sind, lohnt sich der Neustart. Das ist für Kuntze das A und O. "Bei einem Neuversuch ist die Bereitschaft größer, die Probleme zu bewältigen. Dadurch können die Gründe für die einstige Trennung sehr schnell in den Hintergrund rutschen. Entscheidend ist, sich davor intensiv mit ihnen zu beschäftigen", sagt er.
Darauf kommt es an, damit der Neustart gelingt
Entscheidet sich ein Paar dazu, seiner Liebe eine zweite Chance zu geben, sollte es dabei die Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen. Das macht Kuntze deutlich: "Es geht darum, Fehler einzusehen und an ihnen zu arbeiten. Nur wenn ein Paar Veränderungen sieht, entwickelt es sich auch weiter. Das ist der Maßstab." Ein Vorher und Nachher müsse sichtbar sein – auch für andere. Außerdem fügt Kuntze an: "Zweifel haben im Neustart nichts verloren – denn warum sollte man sonst einen Neustart wagen?"
Laut Peter ist das Entscheidende dabei ein Vertrauensvorschuss in die Person und in den Prozess. "Wer mit seinen Verletzungen, Kränkungen oder seinem Misstrauen weitermacht, wird wahrscheinlich eine selbsterfüllende Prophezeiung erleben und denken, alles sei beim Alten", gibt sie zu bedenken. Darum gehöre die Bereitschaft dazu, auf "Reset" zu drücken und dem Neustart eine faire Chance zu geben. "Wichtig ist, im Hier und Jetzt zu leben und in Konflikten nicht ständig die Vergangenheit hervorzuholen."
Besondere Vorsicht bei einem Neustart gilt bei Paaren, die bereits Kinder haben. Zeiträume seien für Kinder meist schwer vorstellbar, argumentiert Kuntze. Außerdem hätten Kinder den natürlichen Wunsch, dass ihre Eltern zusammen sind. Peter pflichtet ihm bei: "Es kann für die Kinder eine schöne Erfahrung sein, wenn die Eltern wieder zueinander finden. Aber für den Fall des erneuten Scheiterns, wäre das eine unnötige Illusion, die doch wieder zerplatzt. Darauf folgen Trauer und Verunsicherung."
Ihr Tipp: Die Eltern könnten sich heimlich treffen und die Kinder nicht gleich wieder mit ins Boot holen. Die beiden sollten sich "erst einmal wieder annähern und darüber sprechen, was sie seit der Trennung gelernt haben und weshalb es doch nochmal funktionieren könnte und was man nun anders machen möchte". In einem solchen Fall empfiehlt die Paartherapeutin auch eine professionelle Begleitung.
Gute Aussichten: Ein erneuter Anlauf kann funktionieren
Beide Paartherapeuten sehen eine große Chance für die Liebe – vorausgesetzt, Paare gehen den Neustart richtig an. "Grundsätzlich hängt es ganz davon ab, wann die Partner beginnen, zu reflektieren und an sich zu arbeiten. Dann kann ein Neustart eine reale Chance sein", erklärt Peter. Zudem hätten Studien ergeben, dass die Stabilität und Zufriedenheit in einer zweiten Ehe in der Regel größer seien als in der ersten. "Das zeigt, dass wir aus unseren eigenen und den gemeinsamen Fehlern lernen und dass eine persönliche Weiterentwicklung dabei hilft, eine stabile Partnerschaft zu führen. Das kann man auch auf einen Neustart einer Partnerschaft übertragen", meint sie.
Auch Kuntze glaubt daran, dass ein Comeback für die Liebe gelingen kann. "Meiner Erfahrung nach ist für Paare, die es ernst meinen, ein Neuanfang eine riesige Chance – und die Wahrscheinlichkeit, es hinzubekommen, ist hoch", sagt er. Die Voraussetzung: Beide müssen eine Veränderung sehen.
Auch Kuntze stützt sich auf Studien und gibt zu bedenken: "Eine Liebe zu leben, gelingt den meisten nur zwei- oder dreimal in ihren Leben. Es ist nicht so, dass wir uns wahllos permanent in Menschen verlieben." Die Tatsache, jemanden gefunden zu haben, mit dem man sich ein Leben vorstellen könne, sei deshalb ein "wichtiges empirisches Zeichen, das wir ernst nehmen sollten". Und dafür lohnt sich auch der ein oder andere Umweg.
Über die Gesprächspartner
- Holger Kuntze arbeitet seit 2001 als Einzel- und Paartherapeut in eigener Praxis in Berlin. Er ist Autor des Buches "Lieben heißt wollen" (2018).
- Micaela Peter ist Diplom-Psychologin, psychologische Psychotherapeutin und Paartherapeutin. Beratungen bietet sie nicht nur in ihrer eigenen Praxis in Hamburg an, sondern auch online via Skype, Facetime oder Zoom.
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