• In Russland ist die Impfquote schlecht, die Zahl der Neuinfektionen hoch.
  • Die Regierung ist besorgt über die aktuelle Corona-Lage und hat ein Vertrauensproblem.

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Die Corona-Lage in Russland mit mehr als 900 Toten am Tag, Zehntausenden Neuinfektionen und vergleichsweise niedriger Impfquote kann Präsident Wladimir Putin nicht zufriedenstellen. "Die Zahlen sind sehr schlecht, und tatsächlich löst das Besorgnis aus", sagt Putins Sprecher Dmitri Peskow. Hauptursache für die bisher höchsten Todeszahlen sei die schlechte Impfquote. "Das Virus wird immer bösartiger", sagt Peskow. Bei den Corona-Toten nimmt Russland international längst eine Spitzenstellung ein.

Zwar verkündete Putin im August vorigen Jahres, dass Russland mit Sputnik V als erstes Land der Welt einen wirksamen Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt habe. Der 69-Jährige lobt ihn immer wieder als besten weltweit - und ließ sich selbst damit impfen. Außerdem haben russische Forscher indes noch vier weitere Vakzine entwickelt. Doch haben bisher keine 50 Millionen Menschen oder gerade einmal etwa 30 Prozent der russischen Bevölkerung mindestens eine Dosis erhalten.

"Nur das Impfen schützt vor dem Tod", mahnt Peskow. Aber viele Russen glaubten weiter nicht den Beteuerungen der Regierung, dass die Impfungen sicher seien. Westliche Impfstoffe sind in Russland nicht zugelassen. Und auch ein möglicher Vertrauensschub durch die seit langem erhoffte EU-Zulassung von Sputnik V bleibt bisher aus.

Geringe Impfquote: EU öffnet Grenzen nicht komplett für russische Touristen

Der deutsche Diplomat Markus Ederer, Botschafter der Europäischen Union in Moskau, sieht die geringe Impfquote auch als einen Grund, weshalb die EU noch immer nicht die Grenzen komplett öffnet für russische Touristen. Zwar beklagt sich der Machtapparat in Moskau immer wieder darüber, es gebe politische Gründe in der EU dafür, dass Sputnik V – mit Ausnahme von Sonderwegen etwa in Ungarn – nicht zugelassen werde. Ederer aber weist das zurück.

Klar ist vielmehr, dass Russland noch immer die von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und von der Weltgesundheitsorganisation WHO geforderten Unterlagen nicht geliefert hat. Russland selbst sagte sogar eine für Oktober geplante Reise von EMA-Experten wieder ab, "weil man noch nicht so weit sei", wie die Deutsche Presse-Agentur aus westlichen Diplomatenkreisen in Moskau erfuhr.

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Sputnik V auch durch WHO nicht anerkannt

Es sei nicht das erste Mal, dass Russland Fristen für die von der EMA geforderten Inspektionen nicht einhalte, sagt auch Botschafter Ederer in einem Interview der russischen Tageszeitung "RBK" (Freitag). "Das bremst das Verfahren." Ederer sieht die Lage ähnlich bei der Frage nach einer bisher fehlenden Anerkennung von Sputnik V durch die WHO.

Umstritten war bereits im vergangenen Jahr, dass Russland Sputnik V zum Einsatz freigab, obwohl noch nicht alle Testphasen abgeschlossen waren. Erst Ende September teilte Gesundheitsminister Michail Muraschko mit, die dritte und letzte Phase bei den Tests von Sputnik V sei nun abgeschlossen. Bisher hieß es bei der EMA in Amsterdam stets, für eine Zulassung auf dem EU-Markt fehlten weiter "ausreichende" Nachweise. Die Behörde wartet demnach auf Unterlagen, um die bisher verfügbaren Datensätze besser beurteilen zu können.

Auch ein Sprecher der WHO teilt mit, dass die Organisation Sputnik V erst zulassen könne, wenn alle Daten verfügbar seien und Klarheit herrsche über die Sicherheit des Präparats. Die WHO prüfe wie bei anderen Impfstoffen Produktionsanlagen. Der Prozess laufe weiter. Ziel der Verfahren sei es, den Zugang zu sicheren und wirksamen Impfstoffen zu beschleunigen, um Leben zu retten und die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen.

EU-Zulassung für Sputnik V könnte noch bis zum Frühjahr 2022 dauern

Der für den internationalen Sputnik-Vertrieb zuständige russische Staatliche Direktinvestitionsfonds teilt auf Anfrage mit, dass die EMA-Experten noch in diesem Herbst in Russland erwartet würden. Das Gesundheitsministerium rechnet mit einem Termin im Dezember. Westliche Diplomaten gehen allerdings davon aus, dass sich eine EU-Zulassung noch bis zum Frühjahr 2022 hinziehen könnte.

Offen ist außerdem, ob – wie von Brüssel angeboten – die EU und Russland ihre Impfzertifikate gegenseitig anerkennen. Das wäre unabhängig davon, ob die Vakzine in den Ländern selbst zugelassen sind. Immer wieder ärgern sich Menschen, die Sputnik V erhalten haben, dass sie etwa in Deutschland als nicht geimpft gelten und in Quarantäne müssen, obwohl das Vakzin in mehr als 70 Ländern anerkannt ist. Auch ein deutsches Gericht bestätigte unlängst, dass eine Sputnik-Impfung in der Bundesrepublik nicht anerkannt ist.

Im Kreml richten sich die Hoffnungen deshalb jetzt vor allem auf einen Erfolg der Verhandlungen zur gegenseitigen Anerkennung der Impfzertifikate. Russland habe die nötigen Dokumente dafür an die EU geschickt, teilt Kremlsprecher Dmitri Peskow mit. Es gebe Anlass zum "Optimismus". Ein möglichst rasches Ergebnis sei auch wichtig für jene, die zwischen der EU und Russland reisten. (dpa/sap)

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