- Die Verteilung der Impfstoffe auf der Welt fällt sehr unterschiedlich aus. Vor allem in Afrika haben viele Menschen noch keinen Zugang zu Impfstoffen gegen das Coronavirus.
- In Deutschland werden bereits Drittimpfungen durchgeführt. Die STIKO empfiehlt sie für Menschen, die älter als 70 Jahre sind.
- Für eine Bewältigung der Pandemie muss die Versorgung aber weltweit gewährleistet sein, sonst wird es immer wieder lokale Ausbrüche geben.
Mehrere Bundesländer in Deutschland haben damit begonnen, älteren Menschen und Angehörigen von Risikogruppen Drittimpfungen gegen das Coronavirus anzubieten. Denn in Deutschland ist ausreichend Impfstoff vorhanden, um alle Impfwilligen mit entsprechenden Dosen zu versorgen. In vielen Ländern der Erde reichen dagegen die vorhandenen Impfstoffe nicht einmal, um die Menschen mit Erstimpfungen zu versorgen.
Verteilung der Impfstoffe
Die Verteilung der Impfstoffe fällt weltweit betrachtet sehr unterschiedlich aus. Während die Versorgung und Bereitstellung der Dosen in Europa und reichen Ländern wie den USA weit vorangeschritten ist und ausreichend Impfstoffe für alle eingekauft wurden, fehlen sie beispielsweise in den ärmeren Ländern Afrikas oder Mittelamerikas. In etwa 50 Ländern der Welt sind weniger als zehn Prozent der Menschen gegen das Coronavirus geimpft.
Zum Vergleich: In Deutschland wurden bisher etwa 115,7 Millionen Impfdosen verabreicht (Stand 17.11.2021), 70,2 Prozent der Bevölkerung haben mindestens eine Impfdosis erhalten (Stand 17.11.2021). In unseren Nachbarländern Österreich und der Schweiz beläuft sich die Anzahl der verabreichten Impfdosen auf 11,445 beziehungsweise 12,4 Millionen (Stand 17.11.2021). Die Impfquote in Österreich liegt bei 68,87 Prozent, in der Schweiz bei 66,86 Prozent (Stand 17.11.2021). In Italien sind bereits zirka 86,82 Prozent der Bevölkerung ab 12 Jahren mindestens einmal geimpft (Stand 17.11.2021), Frankreich weist knapp 69 Prozent aus (Stand 17.11.2021).
Vor allem in Afrika sehen die Zahlen dagegen schlecht aus. Im Kongo wurden beispielsweise bisher nur insgesamt 152.000 Impfdosen verabreicht, das entspricht einer Impfquote von unter 0,1 Prozent der Bevölkerung (Stand 07.11.2021). Auch in Haiti werden die Menschen noch länger auf ausreichend Impfdosen warten müssen. Hier wurden bisher nur 136.000 Dosen von Corona-Vakzinen gespritzt, somit sind aktuell nur 0,3 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft.
Für wen eine Drittimpfung sinnvoll ist
Da die Schutzwirkung der Corona-Impfstoffe mit der Zeit nachlässt, werden schon seit ein paar Wochen Auffrischungsimpfungen, auch Booster-Impfung genannt, angeboten. Sie sollen dazu beitragen, dass die geimpfte Person wieder mehr Antikörper bildet und somit einen stärkeren Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf aufbauen kann.
"Es gibt immer noch zu viele Menschen, die noch nicht einmal die erste Impfung bekommen haben, vor allem in Ländern, wo der Zugang zu Impfstoffen begrenzt ist. Natürlich kann man sagen, dass es deshalb sinnvoll wäre, zunächst diese Menschen zu impfen, anstatt hier bereits Drittimpfung durchzuführen. Nichtsdestotrotz haben wir eine vierte Welle in Deutschland und gerade ältere Menschen und vulnerable Gruppen müssen weiter geschützt werden," sagt Professor Luka Cicin-Sain, Leiter der Abteilung Virale Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.
Vor allem bei Menschen in höherem Alter oder Personen, die bereits vor einigen Monaten gegen das Coronavirus geimpft wurden, ist das Risiko eines sogenannten Impfdurchbruchs erhöht. Das heißt, dass es trotz vollständiger Impfung zu einer Infektion kommen kann.
Da die Immunantwort bei älteren Menschen oder vulnerablen Gruppen in der Regel schwächer ausfällt, kann es vor allem bei ihnen bei einer Infektion zu einem schweren Krankheitsverlauf kommen. Mit einer dritten Impfung können diese Personen ihren Schutz auffrischen.
"Bei den aktuell hohen Inzidenzen ist die Wahrscheinlichkeit, immer mal wieder mit jemandem in Kontakt zu kommen, der infiziert ist, deutlich höher als vor ein paar Monaten. Wenn der Kontakt mit einer infizierten Person mehrmals die Woche stattfindet, was in den Hochinzidenz-Landkreisen und -Gebieten durchaus vorstellbar ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Impfdurchbrüchen. Deshalb sind die Drittimpfungen von Senioren aktuell wichtig, um den eigenen Schutz vor dem Virus aufrechtzuerhalten. Hinzu kommt, dass wir bei der Delta-Variante öfter Impfdurchbrüche verzeichnen und der Antikörperspiegel bei Senioren schneller sinkt. Somit ist die dritte Impfung vor allem für gefährdete Gruppen wichtig", sagt der Experte im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt deshalb, ältere Menschen mit einer dritten Impfung gegen das Coronavirus zu schützen. Anfang Oktober gab die Kommission bekannt, dass sie sich für die Booster-Impfung für Menschen ausspricht, die älter als 70 Jahre sind. Sie soll bei mRNA-Impfstoffen frühestens sechs Monate nach Abschluss der Grundimmunisierung erfolgen und idealerweise mit demselben Impfstoff vorgenommen werden. Da bei dem Impfstoff von Johnson&Johnson die meisten Impfdurchbrüche beobachtet werden und er eine vergleichsweise geringe Wirksamkeit gegenüber der Delta-Variante hat, können mit dem Impfstoff von Johnson&Johnson geimpfte Personen bereits vier Wochen nach der Impfung eine Auffrischung mit einer mRNA-Dosis erhalten.
Auch Personen, die in Altenheimen oder Pflegeeinrichtungen untergebracht sind ,und das dortige Personal gehören laut STIKO zu dem Personenkreis, dem eine Auffrischungsimpfung angeboten wird. Ebenso Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen mit direktem Patientenkontakt.
Ob eine Booster-Impfung gegen Corona von der STIKO auch für alle Bevölkerungsgruppen empfohlen wird, wird aktuell noch geprüft. Eine Entscheidung wird in den nächsten Wochen erwartet.
Kritik an Booster-Impfungen
Aufgrund der angespannten Lage hinsichtlich der Verteilung der Impfstoffe, werden auch immer wieder Stimmen laut, die es für ungerecht halten, Booster-Impfungen durchzuführen.
Gesundheitsminister Jens Spahn hatte sich bereits im Oktober für altersunabhängige Auffrischungsimpfungen ausgesprochen und war dafür vom Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, kritisiert worden. Reinhardt rät dazu, sich an die Empfehlungen der STIKO zu halten und warnte zugleich, dass die Pandemie ohne flächendeckende Impfungen in allen Ländern nicht eingedämmt werden könne.
"Die ungerechte Verteilung der Impfstoffe ist nicht nur ein ethisches Problem, sondern langfristig gesehen auch ein generelles Problem. So lange nicht weltweit eine gute Impfquote vorliegt, wird sich das Virus immer wieder aus verschiedenen Regionen bei uns einschleichen. Man müsste wirklich auch die Schwellenländer mit Impfstoffen versorgen, um eine Pandemie zu bewältigen. Aber das ist ein langwieriger Prozess", erklärt der Mediziner.
Bedenken gegenüber Booster-Impfungen für alle zum jetzigen Zeitpunkt äußerte beispielsweise auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In einer Stellungnahme vom 04. Oktober 2021 heißt es, dass das Anbieten von Auffrischdosen an einen großen Teil der Bevölkerung, während viele noch nicht einmal eine erste Dosis erhalten haben, das Prinzip der nationalen und globalen Gerechtigkeit untergrabe. Deshalb rät die WHO aktuell nur Menschen mit einem geschwächten Immunsystem zu einer Booster-Impfung.
"Es geht natürlich um globale Prioritäten. Aber hinsichtlich der rasant steigenden Zahlen in Deutschland macht es meiner Meinung nach keinen Sinn, sich darauf zu sehr zu versteifen. Wir müssen auch hier Leben schützen", sagt Cicin-Sain.
Verwendete Quellen:
- Rki.de: Pressemitteilung der STIKO zur COVID-19-Auffrischimpfung und zur Optimierung der Janssen-Grundimmunisierung (7.10.2021)
- Who.de: Interim statement on booster doses for COVID-19 vaccination
- Bundesaerztekammer.de: STIKO-Empfehlung als Orientierung bei Auffrischimpfungen nutzen
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