- Die Seychellen sind Weltmeister beim Corona-Impfen: Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung sind geimpft.
- Aber auch bei der Inzidenz gehört die Inselrepublik zu den Spitzenreitern.
- Besorgniserregend allerdings: Viele Bewohner haben sich trotz zweifacher Impfung erneut infiziert.
- Aber es gibt auch gute Nachrichten.
Die Inselgruppe der Seychellen, gelegen im Indischen Ozean östlich von Afrika, galt bisher als sicheres Reiseziel. Zwar warnte das Auswärtige Amt auf seiner Webseite schon früher vor mannigfachen Gefahren - es gibt sehr selten Haiangriffe, Urlauber geraten manchmal in gefährliche Strömungen und ertrinken oder stürzen beim Wandern in Erdlöcher und auf hoher See bedrohen somalische Piraten den Schiffsverkehr - trotzdem boomte der Tourismus in der 115 Inseln umfassenden Republik dank des tropischen Klimas, des konstant warmen Meerwassers und der palmengesäumten Strände. Besonders die wachsende Zahl von Fünf-Sterne-Touristen bescherte dem Land das höchste Pro-Kopf-Einkommen unter allen afrikanischen Ländern, 70 Prozent des Nationaleinkommens erwirtschaftet der Fremdenverkehr.
Dann kam Corona und unterbrach den Traum von stetig wachsenden Tourismuseinnahmen abrupt – ein Schock nicht nur für Hotelunternehmen, die zunehmend in Luxusressorts zu investieren begonnen hatten. Sondern auch für ein Drittel der Bevölkerung, dessen Jobs am Tourismus hängen.
100.000 Einwohner – und 300 Neuinfektionen pro Tag
Die Regierung reagierte schnell, liegt nun beim Impfen an der Weltspitze – und kann doch keine durchgreifenden Erfolge feiern: Die Zahl der Neuinfektionen kletterte unlängst auf 300 pro Tag – nicht viel im Vergleich zu Ländern wie Indien, aber enorm, wenn man die Bevölkerungszahl berücksichtigt: Die Seychellen haben nur rund 100.000 Bewohner.
Die Feriengäste sollen möglichst wenig unter Einschränkungen leiden, doch das Auswärtige Amt meldet Regierungsmaßnahmen, die manchem Traveller die Reiselust zunächst wieder vergällen könnten – so etwa reduzierte Öffnungszeiten für Geschäfte, Bars und Casinos und eine nächtliche Ausgangssperre von 23 bis 4 Uhr. Urlauber dürfen keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, der Mund-Nasen-Schutz ist fast überall Pflicht. Auch die Schulen wurden wieder geschlossen, öffentliche Veranstaltungen sind verboten.
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Aber nicht nur für die Seychellen – auch für die ganze restliche Welt stellt sich die Frage: Warum verbreitet sich Covid-19 in einer zu zwei Dritteln durchgeimpften Bevölkerung weiter? Wieso infizieren sich auch viele geimpfte Menschen? – 37 Prozent der Neu-Infizierten sollen schon zwei Impfungen hinter sich haben.
60 Prozent der auf den Seychellen bisher Geimpften erhielten das chinesische Vakzin Sinopharm, die übrigen erhielten Astrazeneca. Die Wirksamkeit von Sinopharm wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit 79 Prozent angegeben – bisher gibt es allerdings keine gesicherten Zahlen darüber, wie der Impfstoff gegen die südafrikanische Variante von Covid-19 wirkt. Für Astrazeneca steht bereits fest, dass dessen Wirkstoff gegen diese Mutante weniger erfolgreich ist. Vorläufige Studien gehen davon aus, dass Astrazeneca nur geringen Schutz bietet. Genaueres lässt sich auch deshalb nicht sagen, weil den Seychellen Untersuchungskapazitäten fehlen, um die Viren genomisch zu identifizieren.
Bei Geimpften nur leichte Symptome
Doch der Nachricht von hohen Infektionsraten unter Geimpften lässt sich auch ein positiver Aspekt abgewinnen: Denn auf den Seychellen zeigt sich auch, dass geimpfte Personen, die sich erneut infizierten, in den allermeisten Fällen nur leichte Symptome zeigen – die Impfstoffe scheinen sich also beim Schutz vor schweren Erkrankungen durch das Covid-19-Virus durchaus zu bewähren.
Wavel Ramkalawan, Präsident der Seychellen, weist außerdem in einem Interview mit der "Seychelle News Agency" darauf hin, dass der größte Teil der Neuinfektionen weiterhin unter denjenigen stattfinde, die bisher keinen Impfschutz oder nur die erste Dosis erhalten hätten. "Niemand stirbt hier auf den Straßen, wie wir das in anderen Ländern sehen – die Leute werden behandelt und können dann nach Hause gehen." Es habe bisher keinen tödlichen Covid-Verlauf bei geimpften Personen gegeben: "Sinopharm und AstraZeneca haben für die Bevölkerung großen Nutzen gehabt."
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Der hohe Impfgrad führte zu Sorglosigkeit
Wissenschaftler halten auch ein anderes Argument des Präsidenten für plausibel: Der hohe Impfgrad auf den Inseln habe bei der Bevölkerung nach der ersten Öffnung Ende März zu übergroßer Sorglosigkeit geführt – sicher seien aber nach wie vor nur die Geimpften. Dieser Vermutung schließt sich auch Tourismus-Minister Sylvestre Radegonde an: Die Bevölkerung sei dem Virus gegenüber nicht mehr wachsam genug, Geimpfte hätten so das Virus an Ungeimpfte weitergegeben.
Dass Touristen das Virus verbreitet haben könnten, hält die Regierung für sehr unwahrscheinlich. Die Einreise ist weiterhin nur mit aktuellem negativen Testergebnis erlaubt, Präsident Wavel Ramkalawan betont außerdem die hohen Testkapazitäten auf den Inseln – die Seychellen könnten nun bis zu 30.000 PCR-Tests pro Tag nicht nur auf der Hauptinseln, sondern auch auf vielen anderen durchführen. Gleichzeitig geht die Impfkampagne weiter – die Seychellen wollen nun auch bei der Impfung von über 15-Jährigen eine Führungsrolle übernehmen. Auch dies wohl nicht nur zum Schutz der eigenen Bevölkerung, sondern um die Einnahmen aus dem Tourismus nicht noch einmal einbrechen zu lassen. 500 Neuankömmlinge erreichen zurzeit täglich die Insel – und das soll so bleiben.
Verwendete Quellen:
- Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes
- Seychelle News Agency
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