In der Bundesrepublik ist die Zahl der Neuinfizierten in den vergangenen Tagen stark gestiegen. Zwar ist die Situation insgesamt vergleichsweise ruhig. Allerdings geben gerade mehrere Corona-Ausbrüche einer entscheidenden Frage neuen Auftrieb: Kommt die zweite Welle?

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Ob der Schlachtbetrieb Tönnies in Nordrhein-Westfalen, ein Göttinger Wohnkomplex oder eine Glaubensgemeinschaft in Berlin: Momentan wird das Infektionsgeschehen der Coronavirus-Pandemie in Deutschland von einzelnen, aber dafür umso heftigeren Ausbrüchen bestimmt.

Das Robert-Koch-Institut (RKIK) sieht wegen bisher nur einzelner lokaler Infektionsherde noch keinen Grund zur Panik. Es betont aber, das aktuelle Geschehen zu beobachten. Doch trotz der ruhigen Situation - die Fallzahlen in Deutschland bleiben insgesamt auf einem niedrigem Niveau - geben gerade die Corona-Massenausbrüche einer entscheidenden Frage neuen Auftrieb: Kommt sie, die zweite Welle?

Virologe Drosten warnt vor zweiter Welle

Jeder zweite Deutsche hat einer Umfrage zufolge Angst vor einer zweiten Welle. In einer am Mittwoch veröffentlichten Erhebung des Meinungsinstituts Insa für die "Bild"-Zeitung gaben 50 Prozent der Befragten an, sich vor einer Corona-Welle in den Sommerferien zu fürchten. 34 Prozent teilten diese Angst aber nicht. Südkorea und Israel, die beide die erste Welle der Pandemie gut gemeistert haben, bereiten sich bereits auf die zweite Welle vor.

Nachdem in den vergangenen Wochen im Mittel etwa 350 neue Fälle pro Tag ans RKI gemeldet worden seien, stiegen diese Zahlen seit vergangenem Dienstag wieder etwas an, sagte RKI-Chef Lothar Wieler. Laut Lagebericht vom Sonntag kamen 601 Infektionen neu hinzu, am Montag meldete das RKI 537 Neuinfektionen, am Dienstag 503.

Die Zahlen zeigen eine Tendenz, allerdings alles andere als eine dramatische Situation. Eine sichere Antwort auf die Frage nach einer zweiten Welle haben Experten nicht. Der Berliner Virologe Christian Drosten blickt zumindest skeptisch in die Zukunft: "Ich bin nicht optimistisch, dass wir in einem Monat noch so eine friedliche Situation haben wie jetzt, was die Epidemietätigkeit angeht." Man müsse alle Alarmsensoren wieder anschalten. Die Bevölkerung müsse einsehen, dass die Gesundheitsbehörden Unterstützung und Konsens bräuchten.

Ebenso warnte Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) am Dienstagabend in der ARD und im Bayerischen Fernsehen, das Coronavirus bleibe eine tödliche Herausforderung. "Das ist wie ein Funke, der zu einem Buschfeuer innerhalb von Sekunden werden kann – das hat sich leider bestätigt."

Maßnahmen durchzusetzen, könnte schwieriger werden

Im Falle einer möglichen zweiten Infektionswelle könne es schwieriger werden, die Notwendigkeit von Einschränkungen zu kommunizieren, bemerkte zudem Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Unsere Vorbereitungen sind aber auch so gut, dass die Einschnitte in jedem Fall geringer ausfallen würden."

So seien mittlerweile Kapazitäten in Krankenhäusern und beim Schutzmaterial deutlich aufgestockt worden. "Zu Beginn mussten wir einen so harten Shutdown machen, weil die Kapazitäten nicht ausreichten." Das gäbe es bei einer zweiten Welle in dieser Dramatik nicht mehr.

Zwar mahnte auch RKI-Chef Wieler zu Vorsicht. "Wir müssen weiterhin achtsam sein", das Virus sei noch im Land, sagte er. Aber Wieler zeigte sich auch optimistisch, dass eine zweite Welle in Deutschland mit den bereits erprobten Werkzeugen verhindert werden kann: "Das liegt echt in unserer Hand."

Es gelte, weitere Ausbrüche mit solidarischem Verhalten zu verhindern, betonte Wieler: durch Einhalten von Mindestabständen, Hygieneregeln und durch Maskentragen an Orten, wo es geboten sei. (dpa/afp/mf)

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