Überall in Europa steigen die Infektionszahlen, die zweite Welle ist in vollem Gange. Viele Regierungen ziehen nun die Zügel an. Nächtliche Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen und geschlossene Einrichtungen: Ein kompletter Lockdown soll vermieden werden.
Im Kampf gegen die zweite Corona-Welle sind am Montag vielerorts in Europa neue Auflagen in Kraft getreten, so etwa in Italien, Dänemark, der Slowakei und in der belgischen Hauptstadt Brüssel.
Viele Regierungen setzen auf nächtliche Ausgangssperren und weitere Kontaktbeschränkungen, um einen kompletten Lockdown der Länder zu vermeiden.
Mehr als 52.000 Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden
Nach Einschätzungen des wissenschaftlichen Rats der französischen Regierung wird die aktuelle Corona-Welle "stärker sein als die erste". Er sei von der "Brutalität" der Zunahme der Neuinfektionen in den jüngsten 15 Tagen überrascht, sagte Jean-François Delfraissy, der Leiter des Beratungsgremiums, am Montag dem Radiosender RTL.
Delfraissy sprach von einer kritischen Lage und einer hohen Dunkelziffer bei den Neuinfektionen: "Es gibt wahrscheinlich mehr als 50.000 Fälle pro Tag. Der wissenschaftliche Rat schätzt, dass wir eher rund 100.000 Fälle pro Tag haben."
Davon gehe der Rat angesichts der gemeldeten Neuinfektionen, aber auch der nicht diagnostizierten und asymptomatischen Fälle aus. Delfraissy schloss eine Ausweitung der bereits existierenden Ausgangssperren nicht aus.
Die Corona-Lage verschlechtert sich in Frankreich (67 Millionen Einwohner) seit Wochen dramatisch. Am Sonntagabend wurden erstmals seit Beginn der großflächigen Testungen mehr als 52.000 Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden erfasst.
Spanien hat den Notstand ausgerufen
In einem anderen Corona-Hotspot, Spanien, trat in der Nacht zum Montag eine nächtliche Ausgehsperre in Kraft. Es gab laut Medien weder Proteste noch nennenswerte Zwischenfälle. Zur Verhängung dieser und anderer Maßnahmen hatte die linke Regierung zuvor am Sonntag den Notstand ausgerufen. Dieser gilt zunächst für zwei Wochen.
Eine Verlängerung muss vom Parlament in Madrid genehmigt werden. Der Chef der Minderheitsregierung, Pedro Sánchez, bat dafür um die nötige Unterstützung der Opposition. Die Lage sei "extrem", warnte er.
Am Montag lehnten die Chefs der konservativen Parteien dieses Vorhaben jedoch energisch ab. Oppositionsführer Pablo Casado sprach sich für einen insgesamt höchstens achtwöchigen Notstand bis Mitte Dezember aus. So könne man wenigstens "Weihnachten retten", sagte der Chef der Volkspartei (PP).
Spanien ist eines der am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder Westeuropas. Bisher wurden mehr als eine Million Infizierte registriert, knapp 35.000 Menschen starben mit COVID-19.
Die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen liegt bei 191,11 mit steigender Tendenz. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt dieser Wert nach Angaben des Robert-Kochs-Institut 68,4.
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Nächtliche Ausgangssperre ab 22.00 Uhr
In ganz Italien müssen seit Montag alle Restaurants und Bars um 18.00 Uhr für Gäste schließen. Auch Kinos, Theater, Fitnessstudios, Bäder, Skiresorts und Konzerthallen dürfen nicht mehr öffnen. Ein Großteil der italienischen Gymnasialschüler wird vorerst online unterrichtet.
Auch in der Slowakei müssen Schüler ab der fünften Schulstufe auf Online-Unterricht umsteigen.
In Dänemark dürfen sich von Montag an nicht mehr als zehn Personen an einem Ort versammeln. Kioske und Supermärkte dürfen nach 22.00 Uhr keinen Alkohol mehr verkaufen.
In der belgischen Hauptstadt Brüssel und Umgebung gilt wieder überall Maskenpflicht, die nächtliche Ausgangssperre beginnt dort bereits um 22.00 Uhr statt um Mitternacht.
Schwimmbäder, Sportclubs und Fitnessstudios müssen schließen, ebenso Theater, Kinos und Museen.
Rekordwerte in mehreren EU-Staaten
Am Wochenende hatten gleich mehrere EU-Staaten Rekordwerte bei der Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet, neben Frankreich auch Dänemark, Belgien und Tschechien.
Die europäische Seuchenbehörde ECDC hatte bis Sonntag seit Ausbruch der Pandemie insgesamt rund 5,9 Millionen Ansteckungen und gut 208.600 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert. (ff/dpa)
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