- Der Inzidenzwert soll nicht mehr ausschlaggebend für Corona-Maßnahmen sein.
- Welche weiteren Parameter hierfür künftig herangezogen werden, steht aktuell zur Diskussion in der Bundesregierung.
- Markus Söder sieht der Aufgabe der Sieben-Tage-Inzidenz sehr kritisch entgegen.
In der Corona-Pandemie ist die Bundesregierung dem Eindruck entgegengetreten, einen Kurswechsel zu vollziehen. Bei der Lagebeurteilung soll trotz zunehmender Impfungen auch weiterhin die sogenannte 7-Tage-Inzidenz eine wichtige Rolle spielen.
"Die Inzidenz war nie einziger Parameter, um das Pandemiegeschehen zu beurteilen. Aber sie ist und bleibt ein wichtiger Parameter", sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am Montag. Unklar blieb, ob Maßnahmen wie Schulschließungen künftig auch weiter an bestimmte Inzidenzwerte gekoppelt werden sollen oder nicht.
Inzidenz war bislang Grundlage für Corona-Einschränkungen
Die Inzidenz gibt die Zahl der Ansteckungen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen an. Sie war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse.
Künftig sollen nun zwar weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden. "Aber das ist nicht als eine Abkehr von der Sieben-Tage-Inzidenz zu verstehen", hieß es am Montag. Es sei auch keine Änderung der politischen Strategie damit verbunden.
Inzidenz soll nicht mehr für Maßnahmen ausschlaggebend sein
Die "Bild"-Zeitung hatte unter Berufung auf ein "internes Dokument" des Robert Koch-Instituts über eine "Wende in der Corona-Politik" berichtet: Die Inzidenz solle nicht mehr über die Corona-Maßnahmen entscheiden. In dem Papier stelle das RKI die "Hospitalisierung (Krankenhauseinweisung) als zusätzlichen Leitindikator" für die Politik vor.
Bundesgesundheitsminister
Kliniken planen Veränderungen
"Da die gefährdeten Risikogruppen geimpft sind, bedeutet eine hohe Inzidenz nicht automatisch eine ebenso hohe Belastung bei den Intensivbetten", schrieb Spahn bei Twitter. "Die Inzidenz verliert zunehmend an Aussagekraft, wir benötigen nun noch detailliertere Informationen über die Lage in den Kliniken."
Verwirrung gab es darüber, was genau die Kliniken nun anders machen sollen, als vorher. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Gerald Gaß sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es sei zwar "absolut vernünftig, auch die Krankenhausbelegung einzubeziehen, um die Gefahren der Pandemie einzuschätzen und entsprechende praktische Schutzmaßnahmen zu ergreifen".
Umfassende Meldepflichten zu Corona-Patienten
Die DKG verwies aber darauf, dass es bereits umfassende Meldepflichten zu Corona-Patienten gebe. So müssten die Kliniken schon jetzt Krankheitsverdacht, Erkrankung oder Tod in Bezug auf Covid-19 an die Gesundheitsämter melden. Hinzu kämen weitere Angaben etwa über Zeitpunkt oder Zeitraum der Infektion und auch zum Impfstatus.
Vom Gesundheitsministerium hieß es, es gehe unter anderem um detailliertere Angaben zur Impfung der Betroffenen, um festzustellen, wie gut vollständig Geimpfte wirklich vor schweren Verläufen geschützt seien. Denn bisher sei die Annahme, dass der Inzidenzwert durch die Impfungen an Aussagekraft verliere nur eine Annahme.
Dank der Impfungen in einer guten Lage
Zur praktischen Frage, ob Corona-Maßnahmen, wie etwa Schulschließungen, künftig auch weiterhin an Inzidenzwerte gekoppelt werden, so wie das mit der Bundesnotbremse der Fall war, verwies das Ministerium auf die Zuständigkeit der Länder im Schulbereich.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, man sei unter anderem dank der Impfungen in einer recht guten Lage. Wirtschaft und Handel könnten arbeiten, das Kulturleben kehre zurück. "Das heißt aber alles nicht, dass wir schon in einer Situation der Normalität wären, wenn man mit "normal" vor der Pandemie meint."
Aufgabe der Sieben-Tage-Inzidenz verfrüht?
Ein Blick in Nachbarländer mache klar, dass niedrige Fallzahlen schnell wieder explodieren könnten. Das Impfen habe die Gesamtrechnung verändert. "Aber wir sind noch nicht ausreichend gewappnet für den Fall dass die Zahlen wieder wirklich stark ansteigen."
Auch Bayerns Ministerpräsident
England will Corona-Regeln außer Kraft setzen
Großbritanniens Premier Boris Johnson will die verbliebenen Corona-Regeln in einer Woche - am 19. Juli - in England außer Kraft setzen, obwohl die Infektionszahlen auf der Insel inzwischen wieder deutlich gestiegen sind. Begründet wird der Schritt damit, dass sich die Verbindung zwischen Infektionen und Klinikeinweisungen, schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen deutlich abgeschwächt habe.
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