- Das Bundesgesundheitsministerium will bei Booster-Impfungen verstärkt auf das Moderna-Präparat und weniger auf das von Biontech setzen.
- Kritiker des Vorhabens sprechen von einer Handbremse und einem schlechten Scherz.
Das Bundesgesundheitsministerium sieht sich wegen geplanter Bestellbeschränkungen für den Corona-Impfstoff von Biontech zu Gunsten des Präparats von Moderna scharfer Kritik aus den Ländern ausgesetzt. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) warf dem geschäftsführenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag vor, er rationiere mit Biontech ausgerechnet den Impfstoff mit der höchsten Akzeptanz in der Bevölkerung. Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU) protestierte ebenfalls gegen die angekündigte Begrenzung. Das sei inakzeptabel, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Spahn verteidigte derweil das Vorhaben. Er verwies unter anderem auf eine zuletzt stark gestiegene Biontech-Nachfrage und betonte, mit Biontech und Moderna gebe es zwei exzellente und hoch wirksame Impfstoffe.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte in einem Schreiben an die Länder für die nächsten Wochen Begrenzungen bei Bestellmengen für den Impfstoff von Biontech/Pfizer angekündigt, damit das Präparat von Moderna bei den Auffrischungsimpfungen vermehrt zum Einsatz kommt. Andernfalls drohten eingelagerte Moderna-Dosen ab Mitte des ersten Quartals 2022 zu verfallen, was vermieden werden müsse. Praxen sollen demnach vorerst maximal 30 Dosen Biontech pro Woche bestellen können, Impfzentren und mobile Impfteams 1020 Dosen. Für Bestellungen von Moderna soll es keine Höchstgrenzen geben.
Praxen und Impfzentren sollen nur noch begrenzt Biontech bestellen können
Bund und Länder hätten gemeinsam festgelegt, dass es nun eine große, gemeinsame Kraftanstrengung beim Impfen brauche, sagte
Ärzte: Spahn muss "Fehlentscheidung" revidieren
Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) sprach von einer "Vollbremsung auf gerader Strecke". Damit verspiele man Vertrauen, der Biontech-Impfstoff habe die höchste Akzeptanz bei den Menschen. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen warnte bei Twitter vor einer "Handbremse beim Impfen". FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte: "Das muss ein schlechter Scherz sein." Es brauche massenhaft Impfungen. Jetzt Höchstmengen zu definieren, sei absolut kontraproduktiv und setze ein völlig falsches Signal.
Auch Ärztevertreter übten scharfe Kritik. Sie rechnen in den Praxen mit deutlich erhöhtem Beratungsbedarf, weil Patienten nun bereits Termine für eine Biontech-Impfung vereinbart haben, die womöglich nicht eingehalten werden könnten. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern forderte einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge, dass die "gravierende Fehlentscheidung" revidiert werden müsse. Die Praxen müssten weiterhin unbeschränkt alle Impfstoffe bestellen dürfen.
Biontech-Vorräte verknappen - Spahn bedauert Umstellung
Mit Biontech und Moderna gebe es zwei exzellente und hoch wirksame Impfstoffe, sagte Spahn. Von beiden gebe es genug, um bis Jahresende 50 Millionen Menschen zu impfen. "Ich kann versprechen, dass jeder, der sich impfen lassen will, einen guten, sicheren und wirksamen Impfstoff bekommt." In manchen Studien zur Wirkung schneide eine dritte Impfung mit Moderna sogar besser ab als eine mit Biontech.
Booster mit Moderna-Impfstoff schneidet in manchen Studien besser ab als Biontech/Pfizer
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Sabine Dittmar, sagte, der Impfstoff von Moderna sei sehr leistungsstark und basiere auf derselben mRNA-Technologie. "Studien weisen sogar auf eine etwas höhere und länger anhaltende Schutzwirkung des Moderna-Impfstoffes hin." Trotzdem sei Spahns kurzfristige Ankündigung, die Auslieferungen von Biontech zu drosseln, ein Rückschlag bei der Booster-Kampagne. "Ganz praktisch wirft es die Terminplanung vieler Praxen über den Haufen".
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums haben 5,6 Millionen Menschen bisher eine Auffrischungsimpfung erhalten. Allein in dieser Woche seien bisher 1,7 Millionen Bürger "geboostert" worden, twitterte Spahn am Samstag. (mt/dpa)
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