Mit einem milliardenschweren Schutzschirm, der je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert werden soll, will Olaf Scholz klammen Kommunen in der Coronakrise helfen. Aus vielen Bundesländern kommt Zustimmung - doch es regt sich auch Widerstand.
Das Bundesfinanzministerium will in der Corona-Krise einen milliardenschweren Schutzschirm für die in Nöte geratenen Kommunen aufspannen. Dazu sollen Bund und Länder je zur Hälfte einen Betrag von insgesamt fast 57 Milliarden Euro übernehmen, um Gewerbesteuerausfälle des Jahres 2020 auszugleichen und die weitere Handlungsfähigkeit hoch verschuldeter Städte und Gemeinden zu ermöglichen.
Das geht aus einem Konzeptpapier aus dem Ministerium von
Zu dem Vorschlag, der eine Verfassungsänderung erfordert, kam umgehend Zustimmung aus Rheinland-Pfalz und dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie vom Deutschen Städtetag. "Das kann zu einem großen Wurf werden", erklärte der Präsident des Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, am Samstag. "Der Vorschlag kommt zur rechten Zeit, bevor die Unsicherheit wächst und bevor die Kommunen ihre Haushaltsplanung für das nächste Jahr anpacken müssen."
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Nordrhein-Westfalen bekräftigte Kooperationsbereitschaft. "Für uns gilt weiterhin, wenn der Bund eine Altschuldenregelung schafft, werden wir als Land Nordrhein-Westfalen einen substanziellen Beitrag zu einer maßgeschneiderten Lösung für "unsere" Kommunen leisten", erklärte Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) auf Anfrage.
In Rheinland-Pfalz begrüßte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) den Plan. "Rheinland-Pfalz hat sich bereits unmittelbar nach Vorliegen der Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung dazu entschieden, einmalig die Hälfte der kommunalen Gewerbesteuermindereinnahmen des Jahres 2020 zu kompensieren." Dass auch die Altschulden angegangen werden, sei besonders erfreulich.
Bayern lehnt die Pläne ab - Zwangsverpflichtung der Länder sei "Unverschämtheit"
Bayern lehnte die Pläne aus dem Bund dagegen ab. "Die Vorschläge von Bundesminister Scholz wird Bayern keinesfalls mitmachen", sagte Finanzminister Albert Füracker (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München. "Wenn der Bund den Kommunen helfen möchte, darf er das gern tun - eine Zwangsverpflichtung der Länder nach den Regeln des Bundes ohne Absprache ist aber eine Unverschämtheit."
SPD-Fraktionsvize Achim Post rief die Länder zur Beteiligung auf. "Finanzminister Scholz gibt den Kommunen in unserem Land und damit den dort lebenden Menschen ein beispielloses Signal der Solidaritätsbereitschaft", sagte Post der Deutschen Presse-Agentur. "Jetzt müssen aber auch die Bundesländer gleichermaßen zu ihrer finanziellen Verantwortung für die Kommunen stehen, denn der kommunale Solidarpakt kann nur als gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern gelingen."
Wegen der Corona-Krise drohen Städten und Gemeinden erhebliche Gewerbesteuerausfälle, die den Plänen zufolge mit 11,8 Milliarden Euro kompensiert werden sollen.
Kosten für Schutzschild sollen sich Bund und Länder teilen
Für die Übernahme kommunaler Liquiditätskredite sind demnach 45 Milliarden Euro vorgesehen. Etwa 2000 Kommunen im gesamten Bundesgebiet seien mit sogenannten Kassenkrediten so hoch belastet, dass allein schon die Bedienung der Zinsen eine unlösbare Situation sei.
"Der Schutzschild besteht aus zwei Komponenten: Erstens der akuten Nothilfe, die durch den Wegfall wichtiger Einnahmen bei der Gewerbesteuer für die Kommunen entstanden ist, und allen Städten und Gemeinden offensteht", heißt es in dem Konzept. "Zweitens, einer Altschuldenhilfe, also einer langfristigen Übernahme von Kassenkrediten hochverschuldeter Städte und Gemeinden, damit diese Kommunen künftig wieder handlungsfähiger sein können."
Die Kosten für diesen Schutzschild solle der Bund zur Hälfte übernehmen. Die andere Hälfte entfalle auf die eigentlich jeweils verantwortlichen Länder, in denen die Kommunen liegen, hießt es.
Diese "einmalige Hilfe des Bundes" für die betroffenen Städte und Gemeinden solle noch in diesem Jahr wirksam werden. Die dafür nötige Verfassungsänderung (Art. 109 Abs. 1 GG) solle deshalb bis Ende dieses Jahres von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. (dpa/dh) © dpa
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