Er verprügelte sie, als sie sich wohl von ihm trennen wollte. Zwei Monate später erstach er seine Ex-Freundin in der gemeinsamen Schule bei Heidelberg: Ein 18-Jähriger soll nun lange ins Gefängnis.
Elf Jahre Haft für Mord und Körperverletzung - so lautet das Urteil des Heidelberger Landgerichtes gegen einen 18-jährigen Schüler. Er soll im Januar seine gleichaltrige Ex-Freundin in der gemeinsamen Schule bei Heidelberg erstochen haben. Das Urteil teilte eine Sprecherin des Gerichts mit. Das Verfahren fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der 18-Jährige hatte die Tat zu Beginn des Prozesses eingeräumt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Deutsche soll laut Gericht am 25. Januar mit einem Messer mehrfach auf die junge Frau eingestochen haben - unter anderem in den Nacken und den Brustkorb. Die 18-Jährige starb demnach noch am Tatort auf einem Schulgelände in St. Leon-Rot bei Heidelberg.
Schwerer Verkehrsunfall auf der Flucht
Der Angreifer war nach dem Tod der Schülerin mit einem Auto bis nach Niedersachsen gekommen, wie das Gericht unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft zum Prozessauftakt mitgeteilt hatte. Dort sei er dann in Seesen - verfolgt von der Polizei - mit mindestens 100 Kilometern pro Stunde mit einem unbeteiligten Fahrzeug zusammengestoßen. Sowohl der 18-Jährige als auch der Fahrer des anderen Fahrzeugs seien verletzt worden. Der junge Mann soll zudem zwei Polizisten attackiert haben. Wegen des Unfalls warf die Staatsanwaltschaft ihm gefährliche Körperverletzung vor.
Nach Angaben des Gerichts wurden diese Vorwürfe allerdings mit Blick auf die Schwere der anderen Straftaten und auf Antrag der Staatsanwaltschaft fallengelassen. Die Anklage hatte in ihrem Plädoyer eine Jugendstrafe wegen Mordes von 13 Jahren gefordert. Die Verteidigung plädierte auf acht Jahre wegen Totschlags.
Schulleitung setzte nach Angriff im November Kontaktverbot in der Schule durch
Das gesamte Verfahren fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Grund dafür war, dass Teil der Anklage auch eine Körperverletzung aus dem November 2023 war. Damals hatte der Täter nach Angaben des Gerichts die später getötete Schülerin bereits mit Faustschlägen verletzt. Zum Zeitpunkt dieser Tat war er noch 17 Jahre alt und damit minderjährig.
Bei der Tat im November soll er die junge Frau geschlagen haben, weil sie sich von ihm trennen wollte, so die Anklage. Er soll erst von ihr abgelassen haben, als ihre Mutter das Zimmer betrat. Die Schülerin erlitt demnach unter anderem eine Nasenbeinfraktur sowie Prellungen des Jochbeins und der Halswirbelsäule.
Die Abiturientin zeigte den Angreifer laut Anklage nach den Faustschlägen an, forderte aber kein gerichtlich angeordnetes Kontakt- oder Annäherungsverbot. Die Polizei kontaktierte den Schüler den Angaben zufolge mehrfach im Zuge von Gefährderansprachen. Die Schulleitung setzte ein Kontaktverbot mit verschiedenen Maßnahmen innerhalb der Schule durch. Auch der Täter war Abiturient gewesen.
Urteile gegen Schüler wegen Mordes auch in Würzburg und Offenburg
Die brutale Tat an einer Schule ist kein Einzelfall. Schläge, Tritte, sexuelle Übergriffe: Aus Schulen in Deutschland wurden zuletzt mehr Fälle von Gewalt bekannt. In Baden-Württemberg etwa wurden im vergangenen Jahr 2545 Straftaten gegenüber Schülern und Lehrern erfasst - eine Zunahme um 13,5 Prozent. Die Zahl der Gewaltdelikte an bayerischen Schulen stieg 2023 um 24,5 Prozent auf 690. In Berlin ging nach einem Höchststand bei Straftaten an Schulen 2022 die Zahl der registrierten Delikte noch einmal um knapp zwölf Prozent in die Höhe.
Erst am Montag hatte das Landgericht Würzburg einen 15-Jährigen wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Er hatte einen 14-jährigen Mitschüler mit einem Kopfschuss an einer Schule in Unterfranken im September 2023 getötet.
Im Juli verurteilte das Landgericht Offenburg einen 16-Jährigen wegen Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung zu acht Jahren und neun Monaten Jugendstrafe. Er hatte am 9. November vergangenen Jahres mit einer Pistole in seiner Schule auf einen 15-jährigen Mitschüler geschossen. Das Opfer starb im Krankenhaus. In diesem Fall hat die Staatsanwaltschaft auch die Eltern des Schützen angeklagt: Sie wirft ihnen fahrlässige Tötung und Verstöße gegen das Waffengesetz vor.
Gewalt unter Kindern und Jugendlichen nach Corona-Pandemie gestiegen
Nach Einschätzung von Expertin Sibylle Winter hat Gewalt unter Kindern und Jugendlichen auch infolge der Corona-Pandemie zugenommen. Das zeige sich sehr selten in schwerster Gewalt, sagte die stellvertretende Klinikdirektorin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Berliner Charité nach der Tat in St. Leon-Rot. "Aber es gibt mehr emotionale Gewalt. Es wird mehr geschrien, mehr beleidigt." Mobbing beispielsweise nehme zu.
Als Grund nannte Winter unter anderem die Lockdowns mit geschlossenen Schulen und dem sogenannten Homeschooling. Vor allem in der Schule, im Miteinander erwerbe man aber soziale Kompetenzen. Gerade 15-Jährige wie der Täter in Offenburg und 18-Jährige wie der Verurteilte im Fall St. Leon-Rot seien in einer Altersspanne, in der man wichtige Schritte mache - vom pubertierenden, bisweilen rebellierenden Teenager zum Erwachsenen. Auch das Umfeld wie Eltern und Schule als mögliche Ansprechpartner spielten hier eine Rolle. (dpa/bearbeitet von phs)
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