Am 05. September 1990 hat der Bundesgerichtshof den genetischen Fingerabdruck offiziell als Beweismittel anerkannt. Heute, 30 Jahre später, ist klar, dass viele Fälle ohne dieses Beweismittel wohl niemals aufgeklärt worden wären. Denn der genetische Fingerabdruck ist bei jedem Menschen einzigartig. Die DNA wird dabei aus Zellen gewonnen, die zum Beispiel aus Speichel, Sperma oder Hautzellen stammen. Eine Liste berühmter Fälle, die ohne diesen einen Beweis wohl nie aufgeklärt worden wären.
Mordfall Elora McKemy
Am 14. September 1993 ereignete sich auf dem Gelände der US-Army im hessischen Babenhausen ein schreckliches Verbrechen. Die dreijährige Elora McKemy verschwand mitten in der Nacht aus der elterlichen Wohnung und wurde kurz darauf tot an einer Uferböschung hinter dem Kasernengelände aufgefunden. Spermaspuren konnten an der Hose des Mädchens sichergestellt werden.
Im Zuge der Ermittlungen zu diesem Mordfall fand 1994 die erste DNA-Reihenuntersuchung in Deutschland statt. Insgesamt 1.889 Männer wurden dazu aufgefordert, eine Probe abzugeben.
Und dabei gab es einen Treffer: Überführt wurde ein damals in Hessen stationierter US-Soldat. Er wurde von einem Militärgericht wegen Entführung, Vergewaltigung und dem Mord an der kleinen Elora zu lebenslanger Haft verurteilt.
Mädchenmörder Ronny Rieken
Auch der Sexualstraftäter und Mehrfachmörder Ronny Rieken konnte im Jahr 1998 durch einen DNA-Test überführt und verurteilt werden. Er vergewaltigte und tötete im Jahr 1996 die 13-jährige Ulrike Everts und zwei Jahre später die 11-jährige Christina Nytsch im Raum Cloppenburg.
Bei Christinas Leiche hinterließ der Mörder Spermaspuren. Ermittlungen ergaben, dass diese Spuren mit denen eines Missbrauchs an einer Neunjährigen übereinstimmten. Dieses Opfer hatte Rieken nicht getötet, sondern laufen lassen.
Im März 1998 wurde er beim bis dato größte DNA-Massentest in Niedersachsen als Täter überführt. 16.000 Männer zwischen 18 und 30 Jahren hatten eine Speichelprobe abgegeben – auch Rieken, dessen misstrauisch gewordener Schwager ihn dazu überredet hatte.
Vor Gericht gestand Rieken nicht nur die Morde an Ulrike und Christina, sondern weitere schwere Sexualdelikte und Vergewaltigungen.
Rieken sitzt bis mindestens 2021 im Gefängnis. Dass er dann aus der Haft kommt, ist jedoch unwahrscheinlich. Er gilt als nicht therapierbar.
Mordfall Petra Hübner
Über 26 Jahre nach dem Mord an der 15-jährigen Petra Hübner in Bad Hersfeld wurde ihr Mörder gefasst.
Es handelte sich um den bei der Festnahme 45 Jahre alten Jürgen W., der zur Tatzeit als Küchenhelfer in der US-Kaserne Bad Hersfeld tätig war. Mit dem Mord wollte der Mann die versuchte Vergewaltigung des Opfers vertuschen.
Die Leiche des Mädchens war am 10. September 1976 in einem Gebüsch an der A 4 gefunden worden.
Mithilfe modernster Technik war es den Ermittlern fast drei Jahrzehnte nach der Tat gelungen, Sekretspuren des mutmaßlichen Mörders an der Kleidung von Petra Hübner zu sichern und damit den genetischen Fingerabdruck des Täters zu identifizieren. So kamen sie schließlich Jürgen W. auf die Spur, der zum Zeitpunkt der Tat 19 Jahre alt war.
Frauenmörder Hans-Jürgen S.
Es war die Speichelprobe seines Bruders, die diesem Mörder zum Verhängnis wurde. Mehr als 27 Jahre nach seiner letzten Tat wurde Hans-Jürgen S. im Jahr 2010 fünf Morden überführt und verurteilt.
Der Mann aus Henstedt-Ulzburg in Schleswig-Holstein hatte zwischen 1969 und 1984 fünf Frauen getötet – alles spontane Zufallsopfer, die zwischen 15 und 22 Jahre alt waren. Sein Motiv war dabei stets sexuell motiviert.
Jahrzehntelang hatte die Polizei seinen Bruder wegen einer der Taten im Visier. Es gab jedoch keinerlei Beweise oder Verbindungen zum Opfer.
Im Herbst 2010 wurde der Fall dann neu aufgerollt, da es Spezialisten des LKA gelungen war, eine DNA-Spur des mutmaßlichen Täters von der Kleidung der getöteten Gabriele S. zu identifizieren. Zusammen mit 150 anderen Männern wurde der Bruder von Hans-Jürgen S. damals zu einer DNA-Probe aufgefordert.
Die Probe passte zwar nicht zu 100 Prozent zu der vom Tatort, zeigte aber viele Übereinstimmungen. Es musste sich beim wahren Mörder also um einen nahen Verwandten des Mannes handeln. So kamen die Ermittler schließlich auf Hans-Jürgen S., der jahrzehntelang als unbescholtener Familienvater ein Doppelleben geführt hatte.
Mordfall Rudolph Moshammer
Sehr viel schneller gelang den Ermittlern der Durchbruch im Fall Rudolph Moshammer. Der Münchner Modeschöpfer war in der Nacht zum 14. Januar 2005 in seinem Haus im Münchner Vorort Grünwald mit einem Stromkabel erdrosselt worden.
Sein Chauffeur entdeckte die Leiche am frühen Morgen und rief die Polizei. Ermittler stellten Hautabrieb des mutmaßlichen Mörders am Stromkabel sicher, mit dem der Designer erdrosselt wurde.
Die Zellen wurden mit der Analysedatei des Bundeskriminalamtes abgeglichen und lieferten einen Treffer. Der damals 25 Jahre alte, nicht vorbestrafte Iraker Herisch A. hatte im Zusammenhang mit zwei anderen Kriminalfällen eine Speichelprobe abgegeben. Diese wurden ihm zum Verhängnis.
Herisch A. wurde 24 Stunden nach dem Mord festgenommen und am 21. November 2005 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes und Raubes mit Todesfolge verurteilt.
Leipziger Mordfall Michelle
Auch im Mordfall der achtjährigen Michelle aus Leipzig, der 2008 ganz Deutschland erschütterte, hat - wenn auch auf Umwegen - ein DNA-Test den Mörder überführt. Die Polizei war zuvor tausenden von Spuren und Hinweisen nachgegangen und hatte hunderte von Zeugen vernommen – ohne eine heiße Spur. Ein DNA-Test sollte als letztes Mittel den Durchbruch bringen.
Die Ermittler vermuteten den Täter in der unmittelbaren Nachbarschaft seines Opfers und baten deshalb sämtliche Nachbarn des Mädchens um Speichelproben.
Der 18-jährige Daniel V. weigerte sich wochenlang, bis er schließlich dem Druck nachgab und sich im März 2009 zusammen mit seiner Mutter auf einer Leipziger Polizeidienststelle meldete, wo er den Mord gestand.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.