Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler beschäftigte sich der Attentäter von München intensiv mit vergangenen Amokläufen. Hinweisen zufolge war der 18-Jährige in psychiatrischer Behandlung. Eine Verherrlichung des norwegischen Massenmörders Anders Breivik schließen die Beamten nicht aus.
Die Polizei München und die Staatsanwaltschaft haben Samstagmittag auf einer Pressekonferenz über den aktuellen Stand der Ermittlungen informiert. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich bei der Tat um einen klassischen Amoklauf handelt. Es gebe keine anderen Anhaltspunkte.
Nach Angaben von Polizeipräsident Hubertus Andrä sind momentan noch 800 Einsatzkräfte in der Stadt im Einsatz. Der Tatort am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) bleibt vorerst abgesperrt.
Der Täter war 18 Jahre alt und ging noch zur Schule. Er ist in München geboren und aufgewachsen. Es gebe keinerlei Hinweise auf Verbindungen zur Terrormiliz "Islamischer Staat", sondern einen "deutlichen Bezug" zu den Taten anderer Amokläufer, sagte Andrä.
Auch Informationen, die auf weitere Täter hindeuteten, gebe es nicht. Es habe sich um einen Einzeltäter gehandelt. Der zeitliche Ablauf der Tat werde anhand von Fotos und Videomaterial rekonstruiert.
Verherrlichung von Winnenden
Eine Meldung der Deutschen Presse Agentur, wonach sich der Attentäter viel mit "Ballerspielen" auseinandergesetzt haben soll, wollte die Polizei in der Form nicht bestätigen. Im Zimmer des 18-Jährigen, der noch bei seinen Eltern wohnte, hätten die Beamten jedoch Bücher über Amokläufe gefunden, darunter eines mit dem Titel "Amok im Kopf. Warum Schüler töten".
Unter anderem soll sich der Täter intensiv mit dem Amoklauf von Winnenden beschäftigt haben. 2009 hatte ein 17-Jähriger an seiner früheren Realschule in Winnenden bei Stuttgart und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst getötet.
Eine direkte Verbindung zum Amoklauf von Anders Behring Breivik habe man zwar nicht gefunden, aber sie "liegt auf der Hand" sagte Polizeichef Andrä.
Am Freitag war der fünfte Jahrestag des Amoklaufs des norwegischen Massenmörders. Der heute 37-Jährige ist für den Tod von 77 Menschen verantwortlich.
Mögliche Depression
Es gibt den Ermittlern zufolge Hinweise, dass der Täter wegen einer depressiven Erkrankung in psychiatrischer Behandlung war. Er hatte demnach eine Erkrankung "aus dem depressiven Formenkreis". Ob er unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, als er zu schießen begann, werde noch untersucht.
"Wir haben einige Hinweise dafür, dass eine nicht unerhebliche psychische Störung bei dem Täter vorliegen könnte", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU).
Mehr als 300 Schuss Munition
Nach Angaben der Polizei hatte der Attentäter von München eine Glock mit Kaliber 9 Millimeter bei sich. Die Seriennummer war ausgefräst. Wie er an die Waffe kam, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.
Der 18-Jährige habe 300 Schuss Munition bei sich gehabt, erklärte Robert Heimberger, Präsident des Landeskriminalamts. Im Magazin habe sich noch Munition befunden, im Rucksack habe der Täter weitere Ladung gehabt.
Eine Zivilstreife hatte den Täter am Parkhaus des OEZ lokalisiert. Es kam zu einem Schusswechsel. Die Schüsse der Polizisten hätten den Täter aber nicht getroffen, hieß es auf der Pressekonferenz.
Tote waren allesamt Münchner
Die Toten stammen alle aus München und Umgebung. Zwei 15-Jährige und drei 14-Jährige seien ums Leben gekommen, berichteten die Ermittler. Weitere Opfer seien 17, 19, 20 und 45 Jahre alt gewesen. Unter den neun Todesopfern seien drei Frauen gewesen. Auswärtigen oder Touristen waren nicht betroffen, wie Polizeipräsident Andrä sagte.
Der Täter von München hat sich nach Einschätzung der Ermittler selbst getötet. Hinweise, dass er von der Polizei getroffen worden sei, gebe es nicht.
Einen Abschiedsbrief hat die Polizei bisher nicht gefunden. Das könne sich aber noch ändern.
Massiver Polizeieinsatz war "absolut richtig und notwendig"
Die Polizei habe die höchste Einsatzstufe ausgelöst, die zur Verfügung gestanden habe. Angesichts der vielen Hinweise auf weitere Schauplätze sei das umfassende Vorgehen nötig gewesen, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä.
Den massiven Polizeieinsatz in München sah er als gerechtfertigt an. Es sei absolut "richtig und notwendig gewesen", in dieser Stufe einzusteigen, sagte der Münchner Polizeichef.
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