Am Tag nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle an der Saale sind noch immer viele Dinge ungeklärt. Nachdem die Tat von Ermittlern und Behörden gleichermaßen als "rechtsextremistischer Terroranschlag" gewertet wird, kündigt Seehofer mehr Schutz für jüdische Einrichtungen an. Verfolgen Sie alle Entwicklungen bei uns im Live-Blog.
- Stephan B. nutzte 3D-Drucker zur Waffenproduktion
- Ermittler werten Angriff als "rechtsextremistischen Terroranschlag"
- Polizei stellt vier Kilo Sprengstoff sicher
- Mögliches Manifest des Täters von Halle aufgetaucht
16:51 Uhr: Stephan B. befindet sich auf dem Weg zum Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof. Er landete am späten Nachmittag mit einem Hubschrauber in Karlsruhe. Die Bundesanwaltschaft wirft dem dringend Tatverdächtigen zweifachen Mord und versuchten Mord in neun Fällen vor.
16:39 Uhr: Wie das ZDF-Magazin "Frontal21" berichtet, nutzte der Attentäter von Halle offenbar einen 3-D-Drucker, um Teile seiner Waffen herzustellen. Weiterhin soll Stephan B. selbst 3-D-Modelle für Einzelteile von Waffen ins Internet gestellt haben. Auf einem Foto, das dem Magazin vorliegt, soll auch eine Patrone mit einem Hakenkreuz zu sehen sein.
16:08 Uhr:
15:54 Uhr: Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat erneut betont, dass der Täter "ein Massaker" anrichten wollte. Man müsse von Glück sprechen, dass nicht noch mehr Todesopfer zu beklagen sind. Hätte der Schütze wie geplant in die Synagoge eindringen können, hätte es wahrscheinlich "mindestens 60 Opfer" gegeben, so Schuster.
15:29 Uhr: Stephan B. ist nach Informationen aus Sicherheitskreisen in zwei Krankenhäusern behandelt worden. Er habe Schussverletzungen am Hals. Die Nacht habe er in einer Klinik in Weißenfels in Sachsen-Anhalt verbracht. Am Donnerstag sei er dann für eine Operation in eine Klinik in Halle gebracht worden.
Bundesregierung spricht von rechtem Terror
14:46 Uhr: Ermittler und Bundesregierung haben den Angriff auf die Synagoge in Halle als einen rechtsextremistischen Terroranschlag gewertet. "Was wir gestern erlebt haben, war Terror", sagte Generalbundesanwalt Peter Frank am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Karlsruhe. Der Täter habe sich zum Ziel gesetzt, ein Massaker anzurichten und eine weltweite Wirkung zu erzielen.
Nach Angaben von Justizministerin
Im Auto des mutmaßlichen Täters wurden laut Frank insgesamt vier Kilo Sprengstoff in zahlreichen Sprengvorrichtungen sichergestellt.
14:32 Uhr: Bundeskanzlerin
Als Konsequenz aus dem Anschlag folge, alle Mittel des Rechtsstaats zu nutzen, "um gegen Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit vorzugehen." Auf diesem Wege gebe es "keinerlei Toleranz", betonte Merkel.
13:31 Uhr: Die Opfer des Angriffs in Halle wurden identifiziert. Es handelt sich bei den Toten um eine 40 Jahre alte Frau aus Halle sowie einen 20 Jahre alten Mann aus Merseburg, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr.
Die Frau war am Mittwochmittag von dem schwer bewaffneten Täter vor der Synagoge erschossen worden, der Mann wenig später in einem nahen Dönerladen.
13:15 Uhr: Bundespräsident
Diejenigen, die bisher geschwiegen hätten, müssten sich jetzt äußern. Er sei sich sicher, dass die große Mehrheit der Bevölkerung jüdisches Leben in Deutschland wolle. "Das müssen wir zeigen - und nicht nur in diesen Tagen", so Steinmeier.
AfD weist Mitschuld am Anschlag in Halle von sich
13:05 Uhr: Die AfD hat sich gegen Vorwürfe gewehrt, eine Mitverantwortung an dem Anschlag in Halle zu haben. "Wer dieses entsetzliche Verbrechen missbraucht, um die politische Konkurrenz mit haltlosen Diffamierungen zu verleumden, der spaltet die Gesellschaft und schwächt das demokratische Fundament, auf dem wir stehen", erklärte die Fraktionschefin Alice Weidel. Zudem verurteilte die AfD den Anschlag auf die Synagoge. "Wir sind erschüttert über dieses monströse Verbrechen. Wir trauern mit den Angehörigen um die Ermordeten und wünschen den Verletzten rasche und vollständige Genesung", hieß es von Fraktionschef Alexander Gauland. "Antisemitischer Terror und extremistische Gewalt müssen konsequent bekämpft und hart bestraft werden, egal aus welcher Richtung und Gesinnung sie kommen", fügte der frühere CDU-Politiker an.
12:50 Uhr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat einen Tag nach dem Anschlag den Tatort besucht. Er trug am Donnerstag einen Kranz zu der Synagoge.
Steinmeier kam in Begleitung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).
12:20 Uhr: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hält den Anschlag auf "politisch gesehen" nicht für eine Einzeltat.
"Der Angreifer ist ein radikaler Rechtsterrorist, der sich auch wegen der Verharmlosung und Leugnung der Naziterrorherrschaft durch AfD-Vertreter ermutigt fühlen konnte", erklärte Mützenich in Berlin. Das Schüren von Hass und Chauvinismus habe fatale Auswirkungen.
Ähnlich (siehe Eintrag um 9:52 Uhr) hatte sich bereits Bayerns Innenminister
Mützenich forderte dazu auf, eine Verharmlosung rechtsradikalen Gedankenguts nicht länger hinzunehmen und stärker als bisher zu bekämpfen. "Wir stehen fest an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger", betonte er.
Vater von Stephan B.: "Der Junge war nur online"
12:05 Uhr: Der Vater des mutmaßlichen Angreifers von Halle (Saale) hat sich zu seinem Sohn geäußert. "Er war weder mit sich noch mit der Welt im Reinen, gab immer allen anderen die Schuld", sagte der Mann gegenüber der "Bild"-Zeitung. Der 27-Jährige habe kaum Freunde gehabt und stattdessen viel Zeit im Internet verbracht. "Der Junge war nur online." Dem Bericht zufolge hatte Stephan B. nach dem Abitur zwei Semester Chemie studiert, das Studium aber wegen Krankheit abgebrochen. Einer Nachbarin zufolge soll er zuletzt als Rundfunktechniker gearbeitet haben. Der Vater berichtet weiter, sein Sohn sei zwar bei der Bundeswehr gewesen, habe aber keine Spezialausbildung gehabt.
12:00 Uhr: Die Bundesanwaltschaft will noch am Donnerstag beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle stellen. Das teilte die Behörde mit. Der Beschuldigte Stephan B. war am Mittwoch vorläufig festgenommen worden.
10:51 Uhr: Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) hat seine Stadt als "bunt und vielfältig" verteidigt. "Halle ist kein rechtsextremes Zentrum", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Die Stadt gehe im Gegenteil "ganz konsequent gegen rechts vor". Rechtsextremismus sei "nicht zwingend ein Thema in unserer Stadt, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem". Halle sei am Mittwoch "bedauerlicherweise" zum Tatort geworden. "Wir müssen stärker einwirken", zeigte sich Wiegand überzeugt und sicherte zu: "Dieser Aufgabe stellen wir uns."
10:21 Uhr: Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde von Halle, Max Privorozki, hat nach dem Angriff auf die Synagoge fehlenden Polizeischutz beklagt. "Bei uns gibt es nie Polizeikontrollen", sagte er. Nicht einmal bei der Chanukka-Feier, dem Jüdischen Lichterfest, mit mehreren hundert Menschen gebe es Polizei, "obwohl ich bitte, dass sie kommen." Anders als beispielsweise in Berlin und München sei die Polizei nicht vor der Synagoge präsent.
10:13 Uhr: Die Wohnung des mutmaßlichen Täters Stephan B. in Benndorf bei Eisleben ist von der Polizei durchsucht worden. Dort soll er zusammen mit seiner Mutter gelebt haben. Bei der Durchsuchung wurden Beweismittel sichergestellt, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte. Der mutmaßliche Täter war zuvor offenbar nicht als Rechtsextremer aufgefallen. Geprüft werde, ob es Mittäter gegeben habe. Die Bundesanwaltschaft sieht die Tat rechtsextremistisch und antisemitisch motiviert - auch das Bekennervideo gehe eindeutig in diese Richtung. "Er hat geplant, Menschen zu töten", so ein Ermittler.
9:52 Uhr: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gibt der AfD eine Mitverantwortung an der Tat in Halle (Saale). "Das eine sind diese schrecklichen Gewalttäter, vor denen wir uns schützen müssen, das andere sind auch die geistigen Brandstifter, da sind in letzter Zeit auch einige Vertreter der AfD in unverschämter Weise aufgefallen", sagte der CSU-Politiker im Interview mit "Bayern 2". Namentlich nannte er den Thüringer AfD-Spitzenkandidaten: "Höcke ist einer der geistigen Brandstifter, wenn es darum geht, wieder mehr Antisemitismus in unserem Land zu verbreiten. Darüber müssen wir jetzt die politische Auseinandersetzung konsequent führen."
Mögliches "Manifest" des Täters aufgetaucht
9:45 Uhr: Im 15 Kilometer von Halle (Saale) entfernten Landsberg ist ein dunkelgraues Auto abgeschleppt worden. Nach Informationen eines dpa-Reporters ist das Kennzeichen identisch mit dem des Fahrzeugs, hinter dem sich der Täter in Halle verschanzt hatte und Schüsse abgegeben hatte. Polizisten im Stadtteil Wiedersdorf machten keine Angaben dazu. Kurz nach dem Angriff war Wiedersdorf abgeriegelt worden. Auch dort waren Schüsse gefallen.
9:36 Uhr: Das in den sozialen Netzwerken hochgeladene Bekennervideo der Angriffe in Halle (Saale) ist nach Angaben der Streaming-Plattform Twitch von geschätzt 2.200 Menschen angesehen worden, bevor es dann nach 30 Minuten gelöscht wurde. Twitch teilte in der Nacht zu Donnerstag weiter via Twitter mit, dass das "entsetzliche Video" 35 Minuten auch live vom Konto-Eigentümer auf der Plattform gestreamt und in dieser Zeit von fünf Menschen gesehen worden sei. Der Account sei vor etwa zwei Monaten erstellt worden, zuvor sei nur einmal etwas veröffentlicht worden.
9:30 Uhr: Ein mögliches "Manifest" des Angreifers von Halle (Saale) ist offenbar im Internet aufgetaucht. Nach Angaben des US-Analyseunternehmens SITE Intelligence Group würden in dem PDF-Dokument Fotos von bei der Attacke verwendeten Waffen und Munition gezeigt. Auch werde auf den Livestream der Tat verwiesen. Ziel der Attacke war dem Dokument zufolge, so viele "Anti-Weiße" wie möglich zu töten, vorzugsweise Juden. Es wurde anscheinend am 1. Oktober angefertigt.
Ein mutmaßlicher Rechtsextremist hatte am Mittwoch nahe der Synagoge in Halle an der Saale einen Mann und eine Frau erschossen. Zudem versuchte er offenbar, in das jüdische Gotteshaus einzudringen. In dem Gebäude sollen sich am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur zu der Zeit 70 bis 80 Menschen befunden haben.
Der Angreifer filmte seine Tat und übertrug sie live im Internet. Der Tatverdächtige wurde später festgenommen. (jwo/lag)
Mit Material von dpa und afp
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