Nach Ansicht des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung sollte das antijüdische Relief an der Stadtkirche in Wittenberg entfernt werden. Es gehöre mit einem erläuternden Text in ein Museum.

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Das antijüdische Relief an der Stadtkirche im sachsen-anhaltischen Wittenberg sollte nach Ansicht des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, von dem Gotteshaus entfernt werden. Das Relief ist unter dem Namen "Judensau" bekannt.

"Meiner Einschätzung nach gehört die Judensau ins Museum", sagte Klein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). Dort solle man das Relief mit einem erläuternden Text versehen. Klein fügte hinzu: "An der Stelle, an der sich die Judensau jetzt befindet, sollte eine Hinweistafel angebracht werden. Die Tafel sollte aussagen, dass die evangelische Kirche mit der Entfernung der Judensau einen sichtbaren Beitrag zur Überwindung von Antijudaismus und Antisemitismus leistet."

Das mittelalterliche Relief zeigt einen Rabbiner, der einem Schwein unter den Schwanz schaut und Juden, die an den Zitzen der Sau trinken. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein.

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Martin Luther predigte in dem Gotteshaus

Ein Mann hatte gegen die Kirchengemeinde geklagt, weil er sich durch die mittelalterliche Schmäh-Plastik beleidigt fühlte. Der Kläger forderte, das Sandsteinrelief von der Kirchenfassade zu entfernen.

Das Dessauer Landgericht hatte geurteilt, die Abbildung sei Teil des denkmalgeschützten Gotteshauses, in dem einst Martin Luther predigte. Außerdem würde eine Tafel mit Erklärungen das Relief einordnen. Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung ein. Der Fall liegt nun beim Oberlandesgericht Naumburg.

Die Kontroverse um das Sandsteinrelief gibt es seit einigen Jahrzehnten. 1988, 50 Jahre nach Beginn der Pogrome in Deutschland, war am Boden ein Gedenkstein eingelassen worden.

Die Kirchgemeinde hatte vor einigen Jahren begründet, warum das Relief an dem Gotteshaus bleiben sollte: "Weil auch schwierige Geschichte erinnerungsbedürftig bleibt, zumal Martin Luther mit seinem antijüdischen Furor – zusammen mit den meisten seiner Zeitgenossen – zur erschütternden Wirkungsgeschichte gehört", heißt es etwa in dem Schreiben, das auf der Internetseite der Kirche zu finden ist und von Pfarrer Friedrich Schorlemmer unterzeichnet wurde. (ff/dpa)

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