Wegen schädlicher Bakterien mussten am Freitag einige Supermärkte Milch zurückrufen. Entdeckt wurden die Keime von der Molkerei selbst, bei einer Routinekontrolle. Anlass zu Besorgnis - oder eher ein Beweis, wie gut das Kontrollsystem funktioniert? Wir haben mit der Ernährungsexpertin Waltraud Fesser über die Wirksamkeit der Lebensmittelprüfung hierzulande gesprochen.

Ein Interview

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Mehr Panorama-News

Frau Fesser, die Bakterien mit dem Namen Aeromona hydrophila/caviae sind offenbar über eine defekte Dichtung in die Milch gekommen. Nach Ihrer Erfahrung: Wie kommt es zu solchen Verunreinigungen?

Waltraud Fesser: Diese Keime sind häufig im Wasser zu finden. Wahrscheinlich sind sie aus Wasch- oder Kühlwasser durch eine defekte Dichtung in die Milch gekommen. Die Teile der Maschinen werden ja ständig gereinigt. Es passiert immer mal wieder, dass Bakterien aus dem Waschwasser so in die Lebensmittel gelangen. Das lässt sich nicht komplett ausschließen.

Betriebe müssen Kontrollen durchführen

Sind die gesetzlichen Regelungen hierzulande nicht streng genug, um so etwas zu verhindern?

Die gesetzlichen Regelungen haben in diesem Fall dazu geführt, dass der Keim überhaupt so schnell gefunden wurde. In den Hygienevorschriften ist nämlich unter anderem festgelegt, dass sich die Betriebe selbst kontrollieren müssen. Bei so einer Selbstkontrolle ist die Verunreinigung aufgefallen. Die Eigenverantwortung der Betriebe wurde in den letzten 15 Jahren noch einmal gestärkt. Das entlastet auch die kommunalen Behörden, die eigentlich für die Lebensmittelüberwachung zuständig sind. Sie haben nämlich viel zu wenig Personal, um alles zu kontrollieren.

Gesetzliche Regelungen können jedoch technische Defekte wie den vorliegenden nicht verhindern. Genauso wenig, wie sie verhindern können, dass Kriminelle sie umgehen. Deswegen sind die gesetzlichen Regelungen meines Erachtens ausreichend - sowohl was die Zahl der Tests angeht, als auch was die zulässigen Höchstmengen an Bakterien betrifft. Nichtsdestotrotz helfen Gesetze nur, wenn die amtliche Lebensmittelkontrolle auch funktioniert.

Wie sind die Regelungen im europäischen Ausland?

Die Gesetzgebung ist weitgehend harmonisiert. Das heißt, es gelten EU-weit die gleichen Regelungen, in Form von lebensmittelrechtlichen Verordnungen. Natürlich gehen die einzelnen Länder damit etwas unterschiedlich um, es gibt jedoch regelmäßig Kontrollbesuche der EU und Berichte, in denen die einzelnen Schwächen der Länder aufgezeigt werden.

Waltraud Fesser leitet den Fachbereich Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.