Pro Jahr passieren in Österreich fast 8.000 Bergunfälle - von Verstauchungen der Gelenke über Knochenbrüche bis hin zu schweren Abstürzen. Laut der österreichischen Bergrettung nimmt die Zahl der Unfälle zu - mit einer Ausnahme.
7.987 Zwischenfälle im alpinen Gelände haben sich 2016 in Österreich ereignet – für 267 Menschen endeten die Unfälle tödlich.
Auch diesen Sommer sind die rund 12.500 freiwilligen Helfer des österreichischen Bergrettungsdienstes wieder im Einsatz, um verunfallte Wanderer aus prekären Situationen zu bergen.
Wir haben mit Martin Gurdet, Bundesgeschäftsführer des Bergrettungsdienstes in Österreich, darüber gesprochen, was die häufigsten Unfallursachen sind - und wie sich Bergunfälle am besten vermeiden lassen.
Man hat das Gefühl, dass immer mehr Unfälle in den Bergen passieren …
Martin Gurdet: Dieses Gefühl trügt leider nicht. Die Jahresstatistik belegt, dass die Einsätze der Bergrettung zunehmen.
Gerade auf leichteren Wanderstrecken und in Klettersteigen haben wir vermehrt Einsätze zu verzeichnen. Immerhin ist es so, dass die tödlichen Unfälle im alpinen Gelände zurückgegangen sind.
Woran liegt diese Zunahme? Werden die Wanderer unvorsichtiger?
Es ist eine Mischung verschiedener Faktoren.
Zum einen ist Wandersport sehr beliebt und es sind immer mehr Menschen in ihrer Freizeit in den Bergen unterwegs – da ist dann auch die Gefahr für Unfälle größer.
Hinzu kommt auch der Faktor der falschen Planung und Selbstüberschätzung.
Was sind die häufigsten Unfälle?
Am meisten ereignen sich Zwischenfälle bei denen die Betroffenen ausrutschen und vielleicht sogar auch abstürzen und sich dabei verletzten.
Das sind definitiv die häufigsten Ereignisse. Danach folgen gesundheitliche Probleme wie etwa Herzinfarkte.
Ist eine schlechte Ausrüstung heutzutage noch ein Problem?
Eigentlich kaum noch. Es gibt natürlich immer wieder Wanderer, die zum Beispiel mit schlechtem Schuhwerk in den Bergen unterwegs sind, aber das ist eher die Ausnahme. Da es heute überall gute Wanderausrüstung zu kaufen gibt, sind die Wanderer meist gut ausgerüstet.
Was raten Sie Wanderern, um Unfälle zu vermeiden?
Das größte Problem ist die Selbstüberschätzung. Man muss sich eine Strecke genau anschauen und sie planen ehe man sie in Angriff nimmt.
Das bedeutet, dass man sich anschaut, wo am Weg Hütten liegen in denen man einkehren und sich erholen kann, aber auch, wie die Strecke beschaffen ist.
Spontane Aktionen bei denen man kurzfristig zu einer Wanderung aufbricht, ohne die Strecke zu kennen, sind keine gute Idee - so kann man sich leicht in Gefahr begeben.
Ebenfalls wichtig ist, zu schauen, ob man die körperlichen Voraussetzungen hat, die Strecke überhaupt zu gehen und genügend Flüssigkeit und Nahrung dabei hat. Hinzu kommt eine genaue Beobachtung des Wetters.
Ich empfehle einen der zahlreichen Kurse der Bergführer oder der Alpinvereine, in denen Wanderer wertvolle Hinweise bekommen und das richtige Verhalten in den Bergen sowie bei Notfällen erlernen können.
Was soll man tun, wenn es zu einem Unfall gekommen ist?
Dann ist der Alpinnotruf 140 zu wählen. Die Retter setzen dann eine Rettungskette in Gang und geben dem Verunfallten schon am Telefon Ratschläge und Tipps, wie er sich zu verhalten hat.
Was besonders wichtig ist: Dass man einer Person des Vertrauens, Weggeh- und ungefähre Ankunftszeit sowie die Route und etwaige Hütten nennt, die man ansteuern möchte. Das erleichtert unsere Arbeit ungemein und kann helfen, Verunfallte schneller zu finden.
Ebenfalls unabdingbar, um rasch Hilfe holen zu können: ein vollständig aufgeladenes Mobiltelefon.
Haben Sie noch weitere Tipps für Bergsportler?
Eine Rettung im alpinen Gelände, vor allem wenn ein Hubschrauber im Spiel ist, kann schnell tausende Euro kosten - das wird jedoch von den Sozialversicherungen in Österreich nicht gedeckt.
Es ist deshalb anzuraten, eine eigene Versicherung abzuschließen, wie sie zahlreiche Alpinvereine und auch wir anbieten. Die Fördermitgliedschaft des österreichischen Bergrettungsdienstes kostet zum Beispiel 24 Euro und inkludiert einen Versicherungsschutz für Notfälle.
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