Nach dem Brückeneinsturz in Genua stellen sich viele die Frage, wie der Schwerverkehr auf die Schienen verlagert werden kann. So wären Straßen und Brücken weniger belastet. Vorbild dafür ist die Schweiz, die bereits seit Jahren straßen- und umweltschonende Verkehrspolitik betreibt.
Der Brückeneinsturz von Genua heizt die Debatte über mehr Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene neu an. Auch ohne dass die Gründe für den Einsturz bislang ermittelt wären, ist klar, dass Straßen und Brücken mit weniger Schwerverkehr weniger belastet wären.
"Je weniger Schwerverkehr auf den Straßen fährt, desto besser ist es für die Straßenoberflächen und damit auch für die Brücken", sagte Verkehrsforscher Gernot Liedtke der Deutschen Presse-Agentur.
Vorbild sei die Schweiz mit ihrer straßen- und umweltschonenden Verkehrspolitik. Bei dem Einsturz der Autobahnbrücke in Genua am 14. August starben 43 Menschen.
Verkehrspolitik mit gutem Nebeneffekt
"Um den Lkw-Verkehr auch in Deutschland flächendeckend zu verringern, braucht man auch solche Maßnahmen wie in der Schweiz", so der Professor am Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin. Zum einen müssten die Mautgebühren auf der Straße deutlich steigen.
Das mache die Bahn kostenmäßig attraktiver. Zum anderen brauche die Bahn neue Umschlaganlagen und Geschäftsmodelle. Sie müsse Angebote haben, um auch Waren unterhalb der Containergröße reibungslos transportieren zu können.
Die Schweiz verfolgt seit den 90er Jahren die Verkehrspolitik, den Schwerverkehr über die Alpen auf die Schiene zu verlagern. "Wir sparen im Jahr im alpenüberquerenden Verkehr 700.000 Lastwagenfahrten ein", sagte Olivia Ebinger vom Verkehrsministerium in Bern. Leitmotiv sind Umweltschonung und Lärmbegrenzung für Anwohner.
Die Schonung der Straßen sei aber ein guter Nebeneffekt, so Liedtke: "Die Schiene könnte auch in Deutschland deutlich mehr Gütertransporte aufnehmen." Besonders auf der Ost-West-Schiene gebe es noch reichlich Kapazität.
70 Prozent des Schwerverkehrs wird auf Schienen transportiert
Die Attraktivität des Schweizer Modells liege im Gesamtkonzept: "Die Strategie, den Autobahnausbau zu stoppen, in den Schienenverkehr zu investieren und den Straßentransport spürbar zu verteuern - das ist zukunftsorientiert", sagte Liedtke.
In der Schweiz zahlen Lkw seit 2001 eine distanz-, gewichts- und emissionsabhängige Abgabe. Zwei Drittel davon fließen in einen Fonds für die Bahninfrastruktur. Es gibt Sonntags- und Nachtfahrverbote, die rigoros kontrolliert werden.
Auf den alpenquerenden Routen liegt der Anteil des Schwerverkehrs, der auf der Schiene transportiert wird, bei 70 Prozent. In Deutschland werden bundesweit 18 Prozent der Güter auf Schienen befördert, 72 Prozent auf der Straße und 10 Prozent per Schiff.
Liedtke hat mit Kollegen berechnet, dass auf den wichtigen Hauptstrecken im Schienennetz Deutschlands etwa 18 Milliarden Euro Investitionen nötig wären, damit 50 Prozent des Güterverkehrs, der mehr als 300 Kilometer zurücklegt, auf die Schiene verlegt werden kann.
"Dazu kommen zusätzliche Schienenausbaumaßnahmen in Ballungszentren, wo es häufig Kapazitätsengpässe gibt." Zusätzlich seien etwa fünf Milliarden Euro nötig, um die nötigen Umschlaganlagen zu bauen. (dpa/ff)
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