Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette steht vor Gericht – aber wo sind ihre mutmaßlichen Komplizen Garweg und Staub? Die Fahnder veröffentlichen zwei neue Fotos – und wenden sich an eine bestimmte Berufsgruppe.
Ermittler haben sich mit neuen Details zu den gesuchten mutmaßlichen früheren RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg an die Öffentlichkeit gewandt.
Das niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) veröffentlichte am Donnerstag in Hannover im Rahmen seiner Zielfahndung zwei bislang unbekannte Fotos, die mutmaßlich Staub im Jahr 2006 zeigen, der Aufnahmeort ist unbekannt.
Staub soll wie Garweg andere Identitäten benutzt haben, Zeugenaussagen zufolge stellte er sich überwiegend mit dem Vornamen Peter vor. Zudem nannten die Ermittler zwölf weitere Aliasnamen, die der heute 70-Jährige zur Verschleierung seiner wahren Identität nutzen soll.
Mutmaßlich trat Staub demnach unter anderem bei der Anmietung von Wohnungen und Autos unter folgenden Namen auf:
- Volker Gertner
- Adnan Yücel
- Jens Peter Grundmann
- Georg Schmidt
- Ulrich Schulte
- Matias Kaliran
- Michael Jansen
- Robert Hagen
- Kircali Aziz
- Michael Theiss
- Rolf Krause
- Hans Roth
Ermittler bitten besonders Beschäftigte im Gesundheitswesen um Hinweise
Das LKA bat insbesondere Ärzte und andere Beschäftigte im Gesundheitswesen um Hinweise. Es geht davon aus, dass sich Staub und Garweg ebenso wie ihre inzwischen gefasste mutmaßliche Komplizin Daniela Klette in der Vergangenheit meist privatärztlich behandeln ließen.
Die beiden Gesuchten hätten möglicherweise keine Krankenversicherung und hätten Rechnungen für medizinische Behandlungen daher "offenbar stets in bar bezahlt". Staub sei anscheinend Brillenträger und könnte deshalb regelmäßig Augenärzte oder Optiker aufsuchen, erklärte das Landeskriminalamt weiter.
Von Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeitern erhoffen sich die Fahnder Angaben zu den beiden Gesuchten – und zu möglichen Barzahlungen. Auch Vermieterinnen und Autoverkäufer, die bisher nicht vernommen wurden, könnten demnach Hinweise zu Staub geben.
Das Landeskriminalamt rät dringend davon ab, die Gesuchten selbst anzusprechen. Beide könnten bewaffnet sein.
Garweg soll sich mehrfach aus Untergrund gemeldet haben
Im Falle Garwegs bestätigte sich dessen angebliche Sichtung Ende Oktober 2024 in Hamburg nicht, wie ein LKA-Sprecher sagte. Mehrere Zeugen hatten damals angegeben, den 56-Jährigen in der Hansestadt gesehen zu haben.
Auffallend: Mehrfach soll sich Garweg aus dem Untergrund gemeldet haben - per Brief. Allerdings ließ sich die Authentizität der Briefe von der Deutschen Presse-Agentur zunächst nicht überprüfen. Die linke Zeitung "nd", die früher "Neues Deutschland" hieß, veröffentlichte nach eigener Darstellung im März "einen Brief von Burkhard Garweg". Bereits Ende Dezember 2024 soll dieser sich aus dem Untergrund zu Wort gemeldet haben, die "Tageszeitung" (taz) veröffentlichte ein Schreiben, das von dem Ex-Terroristen stammen soll.
Staub, Garweg und Klette: Dritte Generation der RAF
Staub, Garweg und Klette werden von den Sicherheitsbehörden der sogenannten dritten Generation der früheren linksextremistischen Terrororganisation RAF zugerechnet, die sich 1998 selbst auflöste. Das niedersächsische LKA sucht seit 2015 wegen einer Serie von bewaffneten Raubüberfällen auf Supermärkte und Geldtransporter nach ihnen. Das Trio soll diese nach Auflösung der RAF in den Jahren 1999 bis 2016 zur Finanzierung seines Lebens im Untergrund verübt haben.
Klette wurde vor etwas mehr als einem Jahr nach Jahrzehnten auf der Flucht in Berlin von Zielfahndern gefasst, wo sie in einem Mehrfamilienhaus im Stadtteil Kreuzberg unerkannt gelebt hatte. Der Aufenthaltsort von Garweg und Staub ist bislang unbekannt. Die 66-jährige Klette steht seit Dienstag wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an der Raubüberfallserie vor dem Landgericht im niedersächsischen Verden.
Um Vorwürfe im Zusammenhang mit Taten der ehemaligen RAF geht es in dem Verfahren, das aus logistischen Gründen zunächst am Oberlandesgericht Celle stattfindet, nicht. Die Ermittlungen zur früheren RAF werden von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe zentral geführt. Diese ermittelt parallel gegen Klette. Ihr wird unter anderem die Beteiligung an zwei Anschlägen 1991 und 1993 vorgeworfen, bei denen es keine Toten gab.
Die RAF war zwischen den 70er- und 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts aktiv und verübte zahlreiche tödliche Anschläge. Ihr werden mehr als 30 Morde zugerechnet. Im Lauf der Zeit gab es drei sogenannte Generationen der sogenannten Kommandoebene. Garweg, Klette und Staub sollen Anfang der 90er-Jahre der letzten Generation angehört haben, über die wenig bekannt ist. 1998 erklärte sich die RAF nach Jahren der Inaktivität für aufgelöst.
Insbesondere zu Staub gab es bislang nur spärliche Informationen, mit denen die niedersächsischen Ermittler im Rahmen der Fahndung an die Öffentlichkeit gingen. Aktuelle Fotos von Garweg wurden dagegen bereits im vergangenen Jahr nach der Festnahme von Klette veröffentlicht. Beide standen miteinander in Kontakt, bei ihr fanden die Behörden entsprechende Informationen. Garweg lebte zumindest zeitweise ebenfalls in Berlin auf einem Wohnwagenplatz. (AFP/dpa/bearbeitet von tas)
Hinweise an die Polizei
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- Auch das anonyme Hinweisgeberportal BKMS ist weiterhin verfügbar.