Der Diebstahl des Manchinger Goldschatzes sorgt 2022 bundesweit für Wirbel – er gilt als größter keltischer Goldfund des 20. Jahrhunderts. Für vier mutmaßliche Täter geht es nun auf den Prozess zu.
Nicht einmal zehn Minuten soll es gedauert haben, dann hatten die Diebe den fast vier Kilogramm schweren Kelten-Goldschatz von Manching aus zwei Vitrinen an sich gerafft.
Nun geht es für die mutmaßlichen Täter auf den Prozess zu: Fast zwei Jahre nach dem spektakulären Diebstahl im oberbayerischen Manching hat die Staatsanwaltschaft Ingolstadt Anklage gegen vier Männer im Alter von 43 bis 51 Jahren erhoben.
Sie sollen im November 2022 mit schwerem Brechwerkzeug in das Kelten Römer Museum eingedrungen sein und den dort ausgestellten keltischen Goldschatz entwendet haben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Die "Augsburger Allgemeine" hatte zuerst darüber berichtet.
Größter Teil des Kelten-Schatzes weiter verschwunden
Der Wert der rund 500 gestohlenen Münzen wird auf gut 1,5 Millionen Euro geschätzt. Die 1999 in Manching ausgegrabene Münzsammlung galt als größter keltischer Goldfund des vergangenen Jahrhunderts und war das Prunkstück des Hauses. Der größte Teil des rund 2.100 Jahre alten Schatzes ist bis heute verschwunden. Mehrere Dutzend der wertvollen und historisch bedeutsamen Münzen wurden offensichtlich eingeschmolzen. Die vier Männer äußerten sich laut Staatsanwaltschaft bislang nicht zu den Vorwürfen.
Noch ist die Anklage nicht zur Hauptverhandlung zugelassen. Ein offizieller Termin für den Prozess sei bisher nicht bekannt, sagte ein Sprecher des Landgerichts Ingolstadt. Zuständig sei die erste Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Konrad Kliegl, der auch Vize-Präsident des Landgerichts ist und derzeit noch einen anderen Mordprozess verhandelt. Die "Augsburger Allgemeine" berichtete bereits von einem möglichen Prozessstart am 21. Januar 2025.
Historisch bedeutsame Münzen eingeschmolzen
Die Angeschuldigten – drei aus Mecklenburg-Vorpommern, einer aus Berlin – waren im Juli 2023 festgenommen worden und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Als Haupttäter gilt ein 47-Jähriger aus dem Raum Schwerin.
Bei einem der Männer waren Goldklumpen gefunden worden. Laut Staatsanwaltschaft handelte es sich um etwa 500 Gramm des 3,74 Kilogramm schweren Schatzes. Eine Analyse der Klumpen nach dem Fund im vergangenen Jahr ergab damals, dass etwa 70 antike Münzen zu den Goldklumpen verschmolzen wurden. Die restlichen Münzen sind bis heute verschwunden.
Mit Seitenschneider Telekomknoten lahmgelegt
Um unentdeckt zu bleiben, sollen die Angeschuldigten vor dem Diebstahl am frühen Morgen des 22. November 2022 an einem Netzknotenpunkt der Telekom in Manching die Glasfaserkabel mit einer Astschere und einem Seitenschneider durchtrennt haben, um die Alarmanlage des Museums auszuschalten. In der Folge fielen zeitweise in mehr als 13.000 Haushalten Internet und Telefonie aus; 14 Mobilfunkstandorte brachen zusammen.
Danach warteten die mutmaßlichen Täter – so der Vorwurf – knapp eine Stunde, ob doch Alarm ausgelöst wurde, ehe zwei von ihnen mit Brecheisen eine Seitentür des Museums aufbrachen. Die beiden anderen sicherten die Tat von draußen ab.
Vorwurf: 30 weitere Diebstähle
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeschuldigten in wechselnder Besetzung weitere schwere Bandendiebstähle in 30 Fällen von 2014 bis 2022 vor, darunter Einbrüche in Verbrauchermärkte, Zulassungsstellen, Schnellrestaurants und Tankstellen in Deutschland und auch in Österreich.
Die Beute insgesamt – den Goldschatz eingeschlossen – wird auf knapp 2,2 Millionen Eure geschätzt. Die Anklagebehörde beantragte eine Einziehung von Wertersatz in dieser Höhe bei den Tätern. Weitere mögliche Taten aus früheren Jahren seien verjährt, sagte Sprecherin.
Nach der Festnahme der Männer waren mehrere Grundstücke in Plate bei Schwerin durchsucht worden. Die Anklage stützt sich auf dabei sichergestellte Beweismittel, DNA-Spuren, Fingerabdrücke, Werkzeugspuren, Erkenntnisse aus Telefonüberwachung und Mobiltelefonauswertung, Finanzermittlungen und Zeugenaussagen.
Professionelles Vorgehen
Die mutmaßlichen Täter seien sehr professionell vorgegangen und hätten kaum nachverfolgbare Spuren hinterlassen, erläuterte die Staatsanwaltschaft. Die mit Brecheisen, Winkelschleifern und anderem Werkzeug ausgerüsteten Angeschuldigten sabotierten demnach wie in Manching Verteilerkästen oder Verteilerhäuser der Telekom und platzierten Störsender, um eventuelle Funkverbindungen zu stören.
Dann verschafften sie sich gewaltsam Zutritt zum Objekt und flexten – teils über Stunden – Tresore und Geldautomaten auf. Weitere Täter sicherten die Tat ab und standen mit den Tätern im Objekt in Funkkontakt. Bei der Tat trugen sie dunkle Ganzkörperanzüge und schwarze Sturmhauben. (Sabine Dobel, dpa/bearbeitet von tas)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.