Die Ermittlungen laufen weltweit, der Fokus richtet sich auf Deutschland und Österreich: Mitglieder des Darknet-Forums "Elysium" stehen im Verdacht, Kinderpornografie nicht nur ausgetauscht, sondern auch Verabredungen zu gefilmten Vergewaltigungen getroffen zu haben. Die Details machen fassungslos.
"Elysium" hieß die Kinderpornografie-Plattform, in der weltweit mehr als 87.000 Mitglieder innerhalb eines halben Jahres zusammenkamen.
Der Ausdruck stammt aus der griechischen Mythologie und geht auf die Insel der Seligen zurück.
Väter gaben eigene Kinder zur Vergewaltigung frei
Tatsächlich ging es in dem Darknet-Forum, das Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) und der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ausgehoben haben, aber um den Austausch von Fotos und Videos mit Darstellungen von schwerstem sexuellen Missbrauch.
Auch Kleinkinder waren auf dem sichergestellten Material zu sehen.
14 Verdächtige wurden festgenommen, wie die Ermittler Freitagvormittag bekannt gaben. Zwölf von ihnen wird sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Sieben Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft - fünf Deutsche und zwei Österreicher.
Väter aus "normalen" familiären Verhältnissen
Nach Angaben hessischer Ermittler handelt es sich bei den Verdächtigen vor allem um Väter aus "normalen" familiären Verhältnissen, die ihre eigenen Kinder zum Missbrauch angeboten hätten.
Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, war die Nutzung von kinderpornografischem Material bei "Elysium" zweitrangig - vielmehr hätten die Produktion und die Taten im Vordergrund gestanden.
Die Plattform war international ausgerichtet: Es gab Chatbereiche in deutscher, englischer, französischer, spanischer und italienischer Sprache. Die europäische Polizeibehörde Europol und Behörden in Österreich, Italien, Neuseeland und Australien unterstützen die Ermittlungen.
Die Verdächtigen hätte sich vor allem zur Vergewaltigung von Kindern und Kleinstkindern verabredet. Die Opfer wurden dabei auf der Plattform wie auf einem Markt angeboten.
Der eine missbrauchte, der andere filmte
Kam es zu einem Treffen, gab es eine klare Arbeitsteilung: "Die einen vergewaltigten und filmten, die anderen verbreiteten die Bilder", berichtet die "SZ". "Die Vergewaltiger saßen vor allem in Österreich, die Vermarkter in Deutschland."
Rund 30 Opfern sollen auf dem verstörenden Material mittlerweile identifiziert worden sein.
Wie Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" zudem ergaben, habe die Missbrauchsseite im Darknet gleich von Beginn an einen enormen Zulauf erfahren.
Die Initiatoren seien darauf aber vorbereitet gewesen und hätten die Seite in mehreren Sprachen angeboten.
Diese Professionalität und der enorme Zulauf ließen darauf schließen, dass es für diese Form der Kinderpornografie eine riesige Nachfrage gebe.
Der massive Mitgliederzuwachs von "Elysium" in kürzester Zeit ist auch für die Ermittler befremdlich.
Erschreckend große Nachfrage nach Kinderpornografie
Erst Ende 2016 war die Plattform im Darknet freigeschaltet worden. Dass es innerhalb nur eines halben Jahres bis zum Abschalten Mitte Juni dieses Jahres fast 90.000 Nutzer gab, zeige, wie groß die Szene sei, sagte der Oberstaatsanwalt.
Die Aushebung von Plattformen wie nun "Elysium" würde diesen Markt allerdings nicht austrocknen, sondern die Klientel würde sich neue und vergleichbare Angebote im Darknet suchen, schreibt die SZ.
Deshalb gehe es vor allem darum, "potenzielle Täter zu verunsichern", sagt der Frankfurter Generalstaatsanwalt Helmut Fünfsinn dem Blatt.
Der Verdächtigen habhaft zu werden ist aber nicht nur aufgrund der enormen Anonymität des Darknets schwierig.
Im Falle von "Elysium" hätten sich die Macher gegen eine polizeiliche Infiltration abgesichert, indem Neu-Mitglieder nur nach dem Hochladen von eigenem kinderpornografischen Material aufgenommen worden seien.
Eine solche aktive Herangehensweise und wissentliche Straftat ist Ermittlern aber untersagt. Dass "Elysium" dennoch ausgehoben werden konnte, ist auf konventionelle Ermittlungen zurückzuführen..
Falle für "Elysium" schnappt zu
Einem erwischten Täter wurde in einem Deal für Kooperation Strafminderung versprochen
Auf diese Weise konnten die Ermittler den etablierten Account des Mannes nutzen, um anderen "Elysium"-Mitgliedern eine Falle zu stellen, indem man sich für neue Vergewaltigungen verabredete.
Die Falle schnappte zu: Letztlich blieb 29 Kindern furchbares Leid erspart, wie die SZ schreibt.
Besonders im Fokus der Ermittler steht der mutmaßliche Betreiber der Kinderporno-Plattform aus dem Landkreis Limburg-Weilburg in Hessen.
Er befindet sich nach einem Haftbefehl des Amtsgerichts Gießen seit Mitte Juni wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Er soll als Administrator der Plattform maßgeblich für die Bereitstellung der technischen Infrastruktur verantwortlich gewesen sein.
Ein 61-Jähriger aus dem Kreis Landsberg am Lech in Bayern soll als Grafiker für das Erscheinungsbild der Plattform verantwortlich gewesen sein.
Ihm wird die bandenmäßige Verbreitung kinderpornografischer Schriften und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in drei Fällen vorgeworfen.
Bis zu 15 Jahre Haft
Dem Hauptverdächtigen aus Hessen wird auch vorgeworfen, selbst die Bilder und Videos produziert und dann in dem Forum angeboten zu haben, sagte ein Gerichtssprecher.
Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung war der Server der Plattform beschlagnahmt worden. Dem Mann droht eine Strafe von bis zu 15 Jahren Haft.
Für die Ermittler ist dieser Schlag gegen die Kinderporno-Szene ein außergewöhnlicher Erfolg. Es sei die europaweit größte Darknet-Plattform vom Netz genommen worden, erklärte Oberstaatsanwalt Ungefuk.
Der Name "Elysium" für eine Kinderpornografie-Plattform ist derweil keine Besonderheit: 2010 gab es in Hessen etwa ein großes Verfahren gegen eine Plattform mit dem Namen "Zauberwald", berichtete Ungefuk.
"Das erleben wir öfter. Schöne Namen locken die Szene an." (mwo/ank/dpa)
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