Die Europäische Kommission hat erneut ein Verfahren gegen die Online-Plattform TikTok eröffnet. Es soll geprüft werden, ob der chinesische Konzern mit der App TikTok Lite die psychische Gesundheit von Minderjährigen gefährdet und damit gegen EU-Regeln verstößt.
Videos schauen und dafür bezahlt werden: Wegen der möglichen Suchtgefahr für Minderjährige hat die EU-Kommission der Videoplattform TikTok mit einer Blockade seiner neuen Belohnungsfunktion gedroht. Brüssel eröffnete nach eigenen Angaben am Montag ein Verfahren gegen TikTok wegen der "Gefahr schwerer Schäden für die psychische Gesundheit der Nutzenden". Die Behörde könnte die neue Funktion noch in dieser Woche aussetzen.
Die Videoplattform hatte die neue App "TikTok Lite" im April eingeführt, in Europa ist sie bislang in Frankreich und Spanien verfügbar. Die Version enthält ein Punktesystem: Wer sich anmeldet, mehrere Stunden Videos schaut oder Freunde zu TikTok einlädt, wird mit digitalen Münzen belohnt. Die Punkte können gegen geringe Beträge in Form von Gutscheinen ausgetauscht werden, etwa für den Onlinehändler Amazon. Diese Version könne laut EU-Kommission süchtig machen und sei besonders besorgniserregend für Kinder, da nicht erkennbar sei, dass das Alter der Nutzer wirksam überprüft werde.
TikTok hat einen Tag Zeit, um auf Vorwürfe zu reagieren
Trotz der Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Wirkung habe TikTok die neue Funktion "ohne wirksame Maßnahmen zur Risikominderung" auf den Markt gebracht, teilte die EU-Kommission mit. Brüssel sei bereit, "Maßnahmen einschließlich der Aussetzung der TikTok-Lite-Funktionen" zu verhängen, erklärte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton.
Die Kommission kritisiert, dass der Konzern die Version der App in Frankreich und Spanien herausgebracht habe, ohne vorher die damit verbundenen Risiken in einem Bericht zu bewerten. Ein solcher Bericht sollte bis zum 18. April vorgelegt werden – nach Angaben der Brüsseler Behörde hat TikTok das versäumt.
Die Online-Plattform wird nun aufgefordert, innerhalb von 24 Stunden eine Risikobewertung der neuen Belohnungsfunktionen vorzulegen, andernfalls drohten tägliche Geldstrafen. Der Kommission zufolge können beispielsweise Geldbußen von bis zu einem Prozent der gesamten Jahreseinnahmen oder des weltweiten Umsatzes auf TikTok zukommen. Ab Donnerstag könnte die EU-Kommission die umstrittene Funktion blockieren, TikTok dürfte die App dann nur noch ohne das Punktesystem auf den EU-Markt bringen.
Nicht das erste Verfahren gegen TikTok
Onlinedienste wie TikTok, Instagram und Facebook sind unter dem EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act - DSA) verpflichtet, Minderjährige besser zu schützen und Inhalte wie Gewaltdarstellungen oder Falschinformationen schneller zu löschen. Gegen TikTok läuft bereits ein Verfahren wegen möglicher Suchtgefahren für Minderjährige auf seiner Standard-Plattform. Das Verfahren hatte die EU-Kommission bereits Mitte Februar eröffnet.
Es solle geprüft werden, ob der Online-Riese genug gegen die Verbreitung illegaler Inhalte vorgeht und etwa beim Jugendschutz und Werbetransparenz gegen EU-Regeln verstößt, hatte es von der Kommission geheißen. Zuvor hatte sie eine Voruntersuchung durchgeführt. Auch gegen X (früher Twitter) hatte Brüssel schon ein ähnliches Verfahren auf den Weg gebracht. (AFP/dpa/tas)
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