Nach der Regierungsumbildung in Frankreich ist das neue Kabinett am Freitag erstmals zusammengetreten. Es wird erwartet, dass die nur aus 15 Mitgliedern bestehende Kernregierung noch ergänzt wird. Fast alle wichtigen Ministerien sind in männlicher Hand, insgesamt rückt die Regierung deutlich nach rechts. Als politischer Coup gilt die Ernennung der konservativen ehemaligen Justizministerin Rachida Dati zur Kulturministerin, gegen die wegen passiver Korruption ermittelt wird.
Der neue Außenminister Stéphane Séjourné, bislang Chef der liberalen Fraktion im EU-Parlament und früherer Lebenspartner von Premierminister Gabriel Attal, übernimmt das Amt von Catherine Colonna und wird damit einer der neuen Ansprechpartner der Bundesregierung. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hieß Séjourné im Onlinedienst X (ehemals Twitter) auf Französisch willkommen: Gemeinsam mit ihm wolle sie "die deutsch-französische Freundschaft entwickeln und die EU stärken", schrieb die Ministerin.
Séjourné kündigte an, in Kürze nach Berlin und Warschau zu fahren "um das Weimarer Dreieck wiederzubeleben". Sein Ziel sei "ein unabhängiges Frankreich in einem starken Europa".
Die für ihren Ehrgeiz bekannte Dati sagte bei der Amtsübergabe am Freitag: "Meine Stärke ist meine Kampfeslust, und diese werde ich in den Dienst der Kultur stellen." Die bisherige Bezirksbürgermeisterin kündigte an, sie werde sich dafür einsetzen, künstlerische Meisterwerke möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.
Dati soll sich von Präsident Emmanuel Macron dessen Unterstützung für ihre Kandidatur als Bürgermeisterin von Paris 2027 ausbedungen haben. Die derzeitige sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo reagierte pikiert auf Datis Ernennung und wünschte "der Kulturwelt viel Glück".
Viele Kulturschaffende prangerten in Onlinekommentaren die mangelnde Expertise der neuen Kulturministerin an. Der derzeitige Parteichef der Republikaner, Eric Ciotti, kündigte nach Datis Ernennung umgehend ihren Ausschluss aus der Partei an.
Mehrere Ministerien wurden zusammengelegt, möglicherweise weil die Besetzung aller Posten noch nicht geklärt war. Die bisherige Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra behält die Zuständigkeit für ihr bisheriges Ressort und übernimmt zusätzlich das Bildungsministerium, das Attal zuletzt geführt hatte. Sie gehört demselben Jahrgang der Eliteschule ENA an wie Macron und war früher Profi-Tennisspielerin. Attal bekräftigte am Freitag, dass die Schulpolitik für ihn als Premierminister weiter "höchste Priorität" habe.
Mit Blick auf die Olympischen Spiele im Sommer wird damit gerechnet, dass Oudéa-Castéra noch zwei Staatssekretäre zur Seite bekommt, einen für Olympia und einen für den Pflichtdienst an der Nation, den Macron flächendeckend einführen will.
Zusammengelegt wurden auch die Ministerien für Arbeit und Gesundheit. Die bisherigen Amtsinhaber standen beide im Visier der Justiz, einer wegen des Verdachts auf Günstlingswirtschaft, die andere wegen nicht deklarierter Geschenke. Sie werden ersetzt durch die konservative Vorsitzende der Region Reims, Catherine Vautrin. Sie hatte unter Präsident Jacques Chirac mehrere Posten als Staatssekretärin inne und hatte sich gegen die Einführung der Homo-Ehe engagiert.
Die politischen Schwergewichte der bisherigen Regierung, Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, Innenminister Gérald Darmanin, Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und Justizminister Eric Dupond-Moretti, bleiben alle im Amt. Auch Umweltminister Christophe Béchu und Landwirtschaftsminister Marc Fesneau wurden im Amt bestätigt. Damit sind sieben der einflussreichsten Ministerien in männlicher Hand.
Die bisherige Kulturministerin Rima Abdul Malak verlor ihren Posten vermutlich aus demselben Grund wie Verkehrsminister Clément Beaune: Beide zählten zu den Regierungsmitgliedern, die das verschärfte Einwanderungsgesetz heftig kritisiert hatten.
Das neue Kabinett ist die bislang kleinste und jüngste Regierungsmannschaft Frankreichs, was sich aber mit der erwarteten Ernennung der beigeordneten Minister und Staatssekretäre noch ändern dürfte. Sechs Regierungsmitglieder sind in den 30ern, unter ihnen Attal und Séjourné, die beide die bisher jüngsten Amtsinhaber auf ihren Posten sind. © AFP
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