In sozialen Netzwerken kursiert ein Foto, das angeblich einen Aushang eines sächsischen Bestattungsunternehmens zeigt. Darin heißt es, um Energie zu sparen, gebe es nur noch "Einäscherungen in Gruppen ab fünf Personen". Bei dem Foto handelt es sich um eine Fälschung. Gruppeneinäscherungen sind weder rechtens noch technisch möglich.
Auf Telegram und Facebook wird aktuell ein Foto von einem angeblichen Aushang eines Bestattungsunternehmens geteilt. "Sehr geehrte Kunden, um Energieressourcen zu sparen, bieten wir Einäscherungen nur in Gruppen ab 5 Personen nach Vereinbarung an", steht auf einem Zettel an einer Tür. Aufgrund der hohen Gaspreise habe sich ein Krematorium dazu entschlossen, "Kunden" zu sammeln und "in der Masse" zu "entsorgen", heißt es zu dem Foto auf Telegram.
Doch das Foto ist gefälscht. Laut dem Bestattungsunternehmen aus Sachsen, dessen Name darauf sichtbar ist, hat es ein solches Schreiben nie gegeben. Die Bestattungsgesetze der Bundesländer verbieten zudem, mehrere Verstorbene zeitgleich in einem Kremierungsofen einzuäschern. Rein technisch ist dies auch gar nicht möglich, da nur Platz für einen Sarg ist.
Bestattungsunternehmen dementiert Schreiben
Auf dem geteilten Foto ist der Name eines Unternehmens zu erkennen: Bestattungshaus Billing. Über eine Google-Suche fanden wir ein Bestattungshaus mit diesem Namen in Sachsen. Die Gestaltung der Webseite und des angeblichen Schreibens auf dem Foto sind ähnlich.
Wir haben bei dem Bestattungshaus nachgefragt. Der Geschäftsführer Uwe Billing antwortete uns per E-Mail, dass es sich bei dem Foto um einen Fake handele. Das Bestattungshaus betreibe gar kein Krematorium. Das Logo und das Hintergrundbild ihrer Webseite oder Facebookseite seien kopiert und "mit dieser schamlosen Behauptung neu zusammengesetzt" worden, schreibt Billing.
In Deutschland sind Gruppeneinäscherungen per Gesetz verboten
Die Einäscherung verstorbener Personen im Krematorium ist in den jeweiligen Bestattungsgesetzen der Bundesländer geregelt. Wir haben daher beim Sozialministerium Sachsen, zu dessen Aufgaben das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen zählt, nachgefragt, ob eine Gruppeneinäscherung rechtens wäre.
Eine Sprecherin antwortete uns: "Das Sächsische Bestattungsgesetz schreibt zwar keine konkrete Personenobergrenze für eine Einäscherung vor." Jedoch widerspreche eine Gruppeneinäscherung dem Paragraphen 18 Absatz 3 des Bestattungsgesetzes. Dieser lautet: "Bei der Vorbereitung und Durchführung der Bestattung sind die Würde und die Religionszugehörigkeit des Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit zu achten."
Eine Gruppeneinäscherung verletze die Würde der verstorbenen Person, da die Asche vermengt werde, was die Beisetzung der einzelnen Person unmöglich mache. "Die angeblich beworbene ‚Gruppeneinäscherung‘ ist damit nicht mit dem Sächsischen Bestattungsgesetz vereinbar." Zudem sei eine Gruppeneinäscherung rein technisch gar nicht möglich, da die Kremierungsöfen jeweils nur Platz für einen Sarg hätten.
Wir haben zusätzlich den Bundesverband Deutscher Bestatter e.V. gefragt, ob ein anderes Bundesland in Deutschland Gruppeneinäscherungen erlaube. Stephan Neuser, Generalsekretär des Verbandes, schrieb uns: "Es erfolgt immer eine Einzelkremation. Eine gleichzeitige Kremation von mehreren Verstorbenen in einer Ofenlinie ist nicht erlaubt."
Wie die Deutsche Presse-Agentur kürzlich berichtete, ändern Krematorien in Deutschland aufgrund der gestiegenen Gaspreise aktuell tatsächlich ihre Abläufe: Einige Betreiber möchten demnach die Mindesttemperaturen bei der Feuerbestattung senken, andere steigen auf Elektroanlagen oder Flüssiggas um.
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