Weil sie befürchtet mit einer Darstellerin auf einem Plakat verwechselt zu werden, greift Sängerin Tina Turner zu juristischen Mitteln. Der Veranstalter der mit dem Poster beworbenen Show weht sich gegen die Vorwürfe. Beim Prozess in Köln bemüht der vorsitzende Richter einen Elvis-Vergleich.
Tina Turner singt im Gericht. Das könnte man jedenfalls im ersten Moment denken. In Wahrheit ist es Tina-Turner-Darstellerin "Coco" Fletcher, die vor einer Fernsehkamera eine Kostprobe ihres Könnens abgibt.
Ihr Alter will sie nicht sagen - "it's a secret", ein Geheimnis - aber man darf vermuten, dass sie so ungefähr ein halbes Jahrhundert jünger ist als das Original, das in vier Wochen 80 wird.
Dennoch klagt die Sängerin an diesem Mittwoch im spröden Betonbau des Landgerichts Köln gegen ein Plakat mit "Coco" Fletcher vorne drauf: Der Weltstar sieht Verwechslungsgefahr.
Gericht befürchtet Verwechslungsgefahr
Natürlich ist die echte
Das ist allerdings schon lange her - mittlerweile hat sich das Ehepaar am schicken Zürichsee in der Schweiz niedergelassen.
Der Vorsitzende Richter Dirk Eßer da Silva redet nicht lange um den heißen Brei herum: Ja, sagt er, es bestehe hier tatsächlich eine gewisse Verwechslungsgefahr. Das Gericht weiß, wovon es spricht.
"Wir kennen die Klägerin als Kammer auch selber." Also nicht persönlich, darf man annehmen, aber indirekt. So wie man Tina Turner eben kennt. Und ja, die Frau auf dem Plakat sehe ihr schon sehr ähnlich, stellt Eßer da Silva fest. Jünger zwar, aber gut: Es könnte ein altes Bild sein. Oder nachbearbeitet. Das weiß man ja heute alles nicht.
Jedenfalls ist die Gerichtskammer der Ansicht, dass ein Betrachter des Plakats "Simply The Best - Die Tina Turner Show" denken könnte: "Da spielt Tina Turner mit." Es fehle ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass die echte Tina Turner nicht auftrete. Ein Hinweis wie: ""Coco" Fletcher als Tina Turner."
Der Veranstalter wehrt sich
Tourneeveranstalter Oliver Forster holt zu einer Gegenrede aus. Die "Tina Turner Story", so sagt er, sei inzwischen schon mehr als 100 Mal in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt worden, vor rund 100.000 Zuschauern, "und uns ist kein Fall bekannt, in dem ein Endverbraucher hinterher moniert hätte, dass er nicht die echte Tina Turner vorgefunden" habe.
Sein Anwalt Hermann-Josef Omsels setzt nach: "Meinen Sie, dass der Heilbronner wirklich denkt: Jetzt kommt Tina Turner nach Heilbronn?"
Herr Eßer da Silva findet den Gedanken so abwegig nicht. Auch das Argument, dass Tina Turner ihre Bühnenkarriere vor mehr als zehn Jahren beendet habe, kann nicht alle überzeugen.
Wie viele Künstler, so fragt Tina Turners Anwältin Kerstin Schmitt, hätten solche Erklärungen im Nachhinein nicht schon widerrufen und wären dann doch wieder auf Abschiedstournee gegangen?
Etwas anderes ist es, wenn der Künstler gestorben ist. "Im Fall von
Doch da regt sich Widerspruch: "Es gibt viele, die sagen: Elvis lebt." Der Richter gibt sich in diesem Punkt geschlagen: "Elvis ist das denkbar schlechteste Beispiel. Ich ziehe das zurück."
Hinweis auf Plakat soll Streit beseitigen
Vorschlag zur Güte: Der Tourveranstalter versieht die Plakate künftig mit einem unmissverständlichen Hinweis, und dafür verzichtet Tina Turner auf weitere Forderungen. Der Tourveranstalter kann damit leben.
Die Anwältin von Mrs. Turner muss erst deren Meinung ergründen. Beide Seiten bekommen vom Gericht vier Wochen Zeit, um in diesem Sinne eine gütliche Einigung zu erzielen. Andernfalls verkündet das Gericht am 22. Januar eine Entscheidung.
"Coco" Fletcher steht wieder in dem deprimierend unglamourösen Gerichtskorridor. Aber sie wirkt keineswegs deprimiert. Denn für sie kann es ja nur gut sein, wenn ihr Name künftig auf Tausenden von Plakaten prangt.
"Champagner statt Limonade", sagt sie. Wird sie denn wirklich manchmal für Tina Turner gehalten? "Ist eben noch passiert", sagt sie und lacht. Wenn das Tina Turner hört. (dpa/thp) © dpa
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