Hubschrauber kreisen über Offenburg, Sirenen heulen. Ein Jugendlicher wird an einer Schule im Südwesten Deutschlands mit einer Schusswaffe schwer verletzt und stirbt später. Einem Mitschüler wird Totschlag vorgeworfen.
Trauer und Bestürzung im badischen Offenburg: An einer Schule soll ein 15-Jähriger am Donnerstag auf einen gleichaltrigen Mitschüler geschossen haben. Dieser starb an seinen schweren Verletzungen. Der Tatverdächtige kam wegen mutmaßlichen Totschlags in Untersuchungshaft in einem Gefängnis, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Abend mitteilten.
Der tatverdächtige Jugendliche, ein Deutscher, werde kriminaltechnisch untersucht, teilten die Ermittler mit. Das Motiv für den Angriff in der sonderpädagogischen Schule dürfte im persönlichen Bereich liegen.
Nach dpa-Informationen soll sich der Angriff in der 9. Klasse des Tatverdächtigen abgespielt haben. Ermittlern zufolge wurde der Tatverdächtige von einem Mann, der zufällig anwesend war, bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Der Mann sei berechtigt gewesen, sich in der Schule aufzuhalten - aber kein Lehrer.
Tatverdächtiger ging gezielt auf Mitschüler los
Der 15-Jährige sei in ein Klassenzimmer gekommen und habe auf seinen sitzenden Mitschüler mindestens einen Schuss aus einer Handfeuerwaffe abgeben. "Hierdurch erlitt dieser schwerste Verletzungen", hieß es in der Mitteilung. Das Opfer starb später in einer Klinik.
Das Einschreiten des Mannes bis zum Eintreffen der Beamten sei ein glücklicher Umstand gewesen - es hätte noch mehr passieren können, erfuhr die dpa aus Kreisen. Der mutmaßliche Täter habe mehr Munition dabeigehabt. In der 9. Klasse werden üblicherweise Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 bis 16 Jahren unterrichtet.
"Die Polizei hat den mutmaßlichen Täter schnell gefasst und ermittelt mit Hochdruck die Hintergründe der Tat", erklärte Innenminister Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart. Es werde von einem Einzeltäter ausgegangen. Hinweise auf einen politischen Hintergrund der Tat habe Polizei zurzeit nicht.
Spezialkommando eingesetzt
Die Schule wurde laut Polizei weiträumig abgesperrt, sie liegt in der Nordstadt der Kommune im Ortenaukreis. Die Beamten sprachen von einem Großeinsatz, es waren über 300 Polizistinnen und Polizisten dabei. Laut Polizeikreisen war auch ein Spezialeinsatzkommando (SEK) eingesetzt. Auch aus anderen Revieren und Polizeipräsidien der Region kam Unterstützung. Von einer Amoktat werde explizit nicht gesprochen, sagte ein Polizeisprecher.
Anwohner berichteten von Hubschraubern, die stundenlang über dem Areal kreisten. Sirenen von Einsatzfahrzeugen heulten, auf einer wichtigen Verkehrsachse gab es eine Straßensperre. Offenburg mit rund 62 000 Einwohnern ist in der Region ein wichtiges Verkehrs- und Wirtschaftszentrum, das Leben ist aber sonst eher beschaulich.
Rund 180 Schüler mussten zunächst in den Klassenräumen bleiben, konnten diese dann aber später verlassen. Die jungen Menschen wurden zunächst von Fachpersonal betreut, wurden aber dann ihren Eltern übergeben, wie die Polizei berichtete.
Übergriff fand in der Waldbachschule statt
Die Waldbachschule ist nach eigenen Angaben ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Schülerinnen und Schüler werden in 15 Klassen unterrichtet. Die Schule soll nach Angaben der Stadt Offenburg am Freitag geschlossen bleiben.
Auch Stunden nach der Tat war das Schulgebäude noch abgesperrt. Die Kriminaltechnik sei noch an Ort und Stelle, hieß es. Auch einzelne Schüler seien noch in der Schule. Um das Schulareal, auf dem sich auch die Waldbachschule befindet, war außergewöhnlich viel los: Eltern holten ihre Kinder ab, Jugendliche waren an Ort und Stelle und schauten auf ihre Mobiltelefone. Polizisten und Polizistinnen wachten darüber, dass nur berechtigte Menschen in die Nähe der Schule gelangten.
Anwohner erschüttert
Ein Großvater, der gerade seine beiden Enkelinnen aus einer nahe gelegenen Schule abholte, war sichtlich mitgenommen. "Zum Glück ist ihnen nichts passiert", sagt er mit Tränen in den Augen. Eine Mutter, deren Kind einen Kindergarten direkt gegenüber der Waldbachschule besucht, erzählte, die Kleinen hätten nichts von dem Vorfall mitbekommen. Per Kita-App sei sie aufgefordert worden, ihr Kind abzuholen.
In der Nord-West-Halle am Nordende des Schulareals gab es eine Anlaufstelle für Schüler und Eltern. Dort herrschte großer Andrang. Viele Rettungswagen standen in der Nähe.
Bedrohungslagen an zwei Schulen in Hamburg
Erst am Mittwoch hatte es einen Großeinsatz in einer Hamburger Schule gegeben. Nach der Bedrohung einer Lehrerin durch zwei vermeintlich bewaffnete Jugendliche in einem Klassenraum wurde die Schule von Spezialkräften durchsucht.
Nach einer weiteren Bedrohungssituation in einer anderen Schule wurden insgesamt fünf Verdächtige im Alter zwischen elf und 14 Jahren gefasst. Sie befanden sich nach Polizeiangaben im Besitz von Spielzeugwaffen.
Zwei der Schüler sollen an der Bedrohung gegen die Lehrerin im Stadtteil Blankenese beteiligt gewesen sein. Alle fünf sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, wie die Ermittlungsbehörden am Donnerstag mitteilten. (dpa/AFP/ank)
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