Nach dem Tod eines achtjährigen Jungen im Frankfurter Hauptbahnhof sind viele Fragen offen. Vor allem, warum der Mann das ihm unbekannte Kind vor den einfahrenden ICE stieß. Während immer mehr Details von dem tragischen Vorfall bekannt werden, warnt ein Experte vor Nachahmern.

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Die Ermittler im Fall der tödlichen Attacke auf einen Achtjährigen im Frankfurter Hauptbahnhof haben Details über den Tatverdächtigen veröffentlicht. So soll der Mann, der den Jungen am Montag mit einem Stoß vor einen einfahrenden ICE getötet haben soll, ein verheirateter Familienvater sein und in der Schweiz per Haftbefehl gesucht worden sein.

Doch Dr. Jens Hoffmann, Kriminalpsychologe und Leiter des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement, sieht hier mögliche Gefahren: "Je mehr man öffentlich über den Täter und denkbare Tatmotive spekuliert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass so eine Tat wieder erfolgt", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Bereits vor knapp zwei Wochen kam es in der niederrheinischen Stadt Voerde zu einem ähnlichen Vorfall, bei dem ein 28-jähriger Mann eine 34-jährige Frau vor eine einfahrende Regionalbahn stieß. Auch sie starb an ihren Verletzungen, auch hier gibt das Motiv Rätsel auf. War die Attacke in Frankfurt vielleicht eine Nachahmungstat?

Eine Tat als Initialzündung für die nächste

"Aus kriminalpsychologischer Sicht ist der Nachahmungseffekt vermutlich ein Hauptgrund, weshalb sich solche Vorfälle jetzt häufen", meint der Experte. "Wenn über eine solche Tat, die natürlich außergewöhnlich und schockierend ist, medial viel berichtet wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch jemand anderes auf die Idee kommt und sich damit die Gefahr erhöht, dass es wieder zu einer solchen Tat kommt."

Der Nachahmungseffekt sei nichts grundsätzlich Neues. Man kenne ihn bereits vom Suizidtod oder bei Amokläufen, viele wissenschaftliche Studien scheinen ihn zu belegen – und trotzdem würde er in der Berichterstattung oftmals weitgehend ignoriert werden.

"Das Fatale ist: Auch wenn es etwas Aufklärendes hat, steigt die Gefahr des Nachahmungseffekts, je mehr man darüber berichtet", warnt Hoffmann. Deswegen sei es wichtig, sachlich, zurückhaltend und knapp darüber zu berichten und Spekulationen über mögliche Motive für die Tat zu ignorieren – denn der Nachahmungseffekt sei "ein sehr wirksamer Mechanismus", so der Experte.

Das "Warum" bleibt unklar

Im Falle der Tötung des Kindes am Frankfurter Hauptbahnhofs liegen laut Hoffmann aktuell auch zu wenig Informationen vor, um eine konkrete Einschätzung geben zu können.

Wichtig sei jedoch: Nicht immer müssen psychische Erkrankungen wie wahnhafte Störungen hinter Taten wie dieser stecken. "Es können auch einfach aggressive Menschen sein", sagt der Psychologe, "da ist vieles möglich". (kad)

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