• Die pauschale Kürzung der Leistungen für alleinstehende Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, verstößt gegen ein Grundrecht.
  • Das hat das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag mitgeteilt.
  • Noch nicht bestandskräftige Leistungsbescheide müssen nun rückwirkend ab September 2019 neu berechnet werden.

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Alleinstehenden Asylsuchenden dürfen nicht länger die Sozialleistungen pauschal um zehn Prozent gekürzt werden, weil sie in einem Flüchtlingsheim leben. Es sei nicht erkennbar, dass dort tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt würden oder werden könnten, teilte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag mit. Die zum 1. September 2019 eingeführte "Sonderbedarfsstufe" verstoße gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. (Az. 1 BvL 3/21)

Die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD war der Ansicht, dass in den Sammelunterkünften ein Zusammenwirtschaften "erwartet werden" könne. Einspareffekte bestünden zum Beispiel beim Essen, "indem Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werden", wie es in der Gesetzesbegründung heißt. Deshalb wurde der Satz gekürzt - entsprechend dem für Menschen, die verheiratet sind oder mit einem Partner zusammenleben.

Im konkreten Fall ging es um einen 1982 geborenen Mann aus Sri Lanka, der seit 2014 in einer Gemeinschaftsunterkunft in der Nähe von Düsseldorf lebt. Für ihn greift im Asylbewerberleistungsgesetz eine Vorschrift, die für alle Menschen gilt, die sich seit mindestens 18 Monaten rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Die Karlsruher Entscheidung betrifft deshalb unmittelbar nur diese Gruppe.

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Betroffene bekommen rückwirkend ab September 2019 mehr Geld

Laut Verfassungsgericht bekommen nun alle Betroffenen, deren Bescheide für diese Zeit noch nicht bestandskräftig sind, rückwirkend ab September 2019 mehr Geld. Das ist dann der Fall, wenn jemand Widerspruch eingelegt oder geklagt hat. In allen anderen Fällen ist die Entscheidung für die künftigen Leistungen zu berücksichtigen.

Das Verfahren angestoßen hatte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Um die Regelung in Karlsruhe überprüfen zu lassen, hatte sie eine Mustervorlage erarbeitet, von der hier eine Richterin am Sozialgericht Düsseldorf Gebrauch gemacht hatte. Dort klagt der Mann aus Sri Lanka auf höhere Leistungen für mehrere Monate 2019 und 2020.

Aktuell bekommen Menschen in einer Sammelunterkunft 330 Euro im Monat. Anderen alleinstehenden Asylbewerbern stehen 367 Euro zu. (dpa/mbo)

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