- Omikron breitet sich aus in Deutschland, doch niemand weiß, wie groß die Welle schon ist.
- Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist nach eigenen Worten "sehr, sehr in Sorge" um die Ungeimpften.
- Dennoch blicken Bundesregierung und führende Virologen vorsichtig optimistisch in die Zukunft.
Bundesregierung und führende Virologen blicken mit vorsichtigem Optimismus, aber akuter Sorge um die Millionen Ungeimpften auf die wachsende Omikron-Welle in Deutschland. Studien zeigten, dass sich Omikron wesentlich schneller verbreite, aber auch etwas weniger schwere Fälle verursache, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) der "Bild am Sonntag". "Das ist aber keine Entwarnung für ältere Ungeimpfte."
Knapp 13 Prozent der mehr als 24 Millionen Menschen ab 60 sind nicht gegen Corona geimpft. Insgesamt sind mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland nicht geimpft. Die Corona-Inzidenz stieg am Sonntag den vierten Tag in Folge.
Der Wert lag bei 222,7 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche. An den Feiertagen wurden aber laut Robert Koch-Institut (RKI) wohl viele Fälle nicht erfasst. Derzeit ist deshalb unklar, wie hoch die Omikron-Welle in Deutschland bereits ist. Ihr Höhepunkt wird erst noch erwartet. Binnen eines Tages gab es 12.515 Neuinfektionen.
Lauterbach: Mit "Erstimpfungen können wir in der Omikron-Welle die Zahl der Corona-Toten wirksam senken"
Der Minister rief auch noch einmal zum Tragen von Masken auf. "Die Viruslast der Infizierten ist bei Omikron niedriger, deshalb wirken Masken besser." In den Schulen sei konsequentes Tragen der Masken sogar "ein absolutes Muss für alle Klassen". Der Deutsche Kinderschutzbund sieht ein striktes Beharren auf Präsenzunterricht in den Schulen kritisch. "Es kann keine Lösung sein, unter allen Umständen auf Präsenzunterricht zu pochen", sagte Präsident Heinz Hilgers der "Rheinischen Post".
Wegen der befürchteten explosionsartigen Ausbreitung von Omikron fürchten die Expertinnen und Experten weiter eine Überlastung der Kliniken, obwohl die Variante seltener krank macht. Nach Angaben des Berliner Virologen
Noch gar nicht geimpft sind 25,8 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Das ist mehr als jeder vierte Bürger - 21,5 Millionen Menschen. Darunter sind rund 4 Millionen Kinder bis vier, die noch nicht geimpft werden können. Mindestens 71,2 Prozent der Gesamtbevölkerung haben den Immunschutz von in der Regel zwei Impfungen. Mindestens 38,7 Prozent haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten.
Vor dem Hintergrund der Sorge vor einem schlagartigen Personalausfall in Kliniken und anderen Versorgungsbereichen sprach sich der Präsident des Deutschen Landkreistags für eine kürzere Corona-Quarantäne aus. "Eine Verkürzung der Quarantäne kann sich als sinnvoll erweisen", sagte Landrat Reinhard Sager den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Derzeit ist so ein Schritt nach Ansicht von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) aber noch nicht nötig.
Nächste Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona-Lage am 7. Januar
"Jetzt im Moment brauchen wir das noch nicht, weil unsere kritische Infrastruktur noch nicht außer Gefecht gesetzt ist", sagte Giffey im Deutschlandfunk. Sie sehe das als Stufenmodell. Erst wenn absehbar sei, dass Polizei, Feuerwehr und andere Institutionen nicht mehr arbeitsfähig seien, müsse eine solche Maßnahme beschlossen werden.
Für den 7. Januar ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona-Lage anberaumt. Lauterbach hatte Vorschläge für die neue Woche angekündigt. Es gehe etwa darum, was der Omikron-Anstieg für die Kontaktreduzierungen und die Dauer von Quarantänezeiten bedeute.
Hoffnungsvolle Vorhersagen gibt es für kommendes Frühjahr. Erwartet wird, dass es im Frühjahr an Omikron angepasste Impfstoffe gibt. Geimpfte haben laut dem Virologen Drosten nach einer weiteren an Omikron angepassten Impfung einen breiten Schutz gegen die Varianten. Nicht verlassen könne man sich darauf, dass Ungeimpfte, die mit Omikron erstmals eine Corona-Infektion bekommen, "dass die damit auch geschützt sind gegen Delta und alle Vorgängerviren, die co-zirkulieren werden", sagte Drosten am Freitag im Deutschlandfunk.
Doch Omikron kann laut Drosten und Lauterbach in eine endemische Situation führen. Das heißt, dass Corona weiter zirkulieren würde, eine Gesellschaft aber besser damit leben kann - und keine Überlastung des Gesundheitswesens mehr befürchtet wird.
Möglichst noch im Januar soll mit dem Medikament Paxlovid ein neues Mittel zur Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe in Deutschland eingesetzt werden können. Es stammt vom US-Pharmakonzern Pfizer. "Ich bin zuversichtlich, dass wir bis Ende dieses Monats das dafür notwendige Paket geschnürt haben, dass wir also Lieferungen des Medikaments erhalten und eine Notfallzulassung erreicht haben", sagte Lauterbach der "Welt am Sonntag". Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bereite eine nationale Zulassung vor.
Lauterbach hatte bereits vor einer knappen Woche die Order von einer Million Packungen Paxlovid bekanntgegeben und eine Notfallzulassung angekündigt. Die Pillen sollen die Vermehrung des Virus im Körper stoppen und so schwere Krankheitsverläufe bei Hochrisikopatienten verhindern. Zu möglichen Nebenwirkungen gehören eine Beeinträchtigung des Geschmackssinns, Durchfall, Bluthochdruck und Muskelschmerzen. (pak/dpa)
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