Leistungen anderer Staaten für Contergangeschädigte dürfen auf die Conterganrente angerechnet werden. Diese Neuregelung von 2013 ist mit dem Grundgesetz vereinbar, wie das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe mitteilte. Doppelte Zahlungen und eine unterschiedliche Behandlung von Leistungsempfängern würden so verhindert. (Az. 1 BvL 6/21)
Der Conterganskandal war der aufsehenerregendste Arzneimittelskandal des 20. Jahrhunderts. Contergan war ein Beruhigungs- und Schlafmittel des deutschen Pharmaunternehmens Grünenthal, das den Wirkstoff Thalidomid enthielt und zwischen 1957 und Ende 1961 erhältlich war. Danach wurde bekannt, dass es den Fötus im Mutterleib schädigen konnte.
Weltweit kamen nach Gerichtsangaben zwischen 1958 und 1962 etwa zehntausend Kinder behindert auf die Welt, deren Mütter in der Schwangerschaft Thalidomid eingenommen hatten. Häufig fehlen ihnen Gliedmaßen, oder Organe sind fehlgebildet.
Seit 1972 zahlt die Conterganstiftung Renten an Betroffene im In- und Ausland aus. Vor Gericht zog ursprünglich ein 1962 geborener Ire. Er bekam zuerst knapp 3700 Euro im Monat von der Conterganstiftung. Davon wurden nach der Neuregelung 1100 Euro abgezogen, weil er auch vom irischen Staat Leistungen wegen seiner Behinderung bezieht.
Der Fall ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dieses war der Ansicht, dass die Anrechnung von Zahlungen ausländischer Staaten auf die Conterganrente verfassungswidrig sei. Es legte die Frage darum 2021 den Karlsruher Richterinnen und Richtern vor.
Der dortige Erste Senat erklärte nun, dass die Neuregelung mit dem Grundrecht auf Eigentum und dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar sei. Zwar falle die Conterganrente unter den Eigentumsschutz, und die Regelung greife in die Eigentumsrechte ein. Dieser Eingriff sei aber gerechtfertigt. © AFP
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