Mehrere Frauen werden beschuldigt, die Flutkatastrophe im Ahrtal ausgenutzt zu haben, um sich finanziell zu bereichern. Der Schaden geht in die Millionenhöhe.
Im Zusammenhang mit einem massiven Betrugsverdacht bei Wiederaufbauhilfen nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 haben 80 Polizeibeamte 18 Wohnobjekte in drei Bundesländern durchsucht. Eine Ermittlungsgruppe arbeite seit Januar 2024 an dem Komplex, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Bonn mit. Allein in Euskirchen in der Eifel wurden 15 Objekte durchsucht, die übrigen waren im Nachbarort Mechernich sowie in Kassel und Stuttgart.
Laut Polizei standen zwei deutsch-libanesische Frauen im Alter von 35 und 42 aus Euskirchen im Fokus der Maßnahmen. Sie seien "Hauptbeschuldigte". Die Frauen sollen in organisierter Form Anträge eingereicht oder vermittelt und so einen hohen sechsstelligen Betrag betrügerisch erlangt haben. 20 weitere Beschuldigte stünden in einer familiären Bindung zu den Frauen. Bei den Durchsuchungen seien 40 Handys, zehn Computer, Speichermedien, ein verschlossener Würfeltresor, zahlreiche Dokumente und Anträge, 14.000 Euro Bargeld sowie rund 200 Gramm Amphetamin gefunden worden.
Provision für betrügerische Anträge
Die Ermittlungsgruppe "Camillo" hat in dem Komplex mit insgesamt 182 Ermittlungsverfahren und 136 Beschuldigten zu tun. Sie hätten wegen angeblicher Flutschäden mehr als 9 Millionen Euro beantragt. "Davon wurden letztlich Mittel in Höhe von 4,6 Millionen Euro bewilligt", teilte die Polizei mit.
Die Tatverdächtigen sollen unabhängig voneinander betrügerische Anträge auf Wiederaufbauhilfen durch die Flutkatastrophe eingereicht haben. Teilweise sollen sie als Hinterleute agiert haben, indem sie gegen Provision Unberechtigten die zur Antragstellung nötigen Unterlagen zur Verfügung gestellt hätten. "Die Antragssteller mussten anschließend bis zu 50 Prozent der ausgezahlten Gelder an die Beschuldigten weitergeben", erklärte die Polizei.
Identische Schadensbilder
Aufgefallen war, dass in diversen Anträgen für unterschiedliche Wohnobjekte identische Schadensbilder angegeben wurden. Auch wurden Anträge für Objekte eingereicht, bei denen Schäden am Hausrat durch die Flut faktisch nicht möglich waren. "So sind beispielsweise Hilfen für Schäden in Obergeschossen von Wohnhäusern beantragt worden, die nicht mit dem Höchstwasserstand zum Zeitpunkt der Flut übereinstimmten", berichtete die Polizei.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) erinnerte an die dramatischen Folgen der Naturkatastrophe mit vielen Toten. "Und in so einer Situation denken diese Verbrecher nur daran, wie sie aus der Katastrophe Kapital schlagen können", erklärte er laut Mitteilung. Bei der Hochwasserkatastrophe waren allein in Nordrhein-Westfalen 49 Menschen gestorben. Ganze Straßenzüge in Städten und Dörfern waren durch die Flut verwüstet worden. Für den Wiederaufbau stehen 12,3 Milliarden Euro zur Verfügung. In den Flutgebieten sind längst nicht alle Schäden beseitigt. In Kassel sei ein Objekt durchsucht worden, weil dort ein beschuldigtes Familienmitglied der Tatverdächtigen wohne, in Stuttgart sei eine gesuchte Person nicht angetroffen worden, erklärten die Ermittler. (dpa/bearbeitet von nap)
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