- In Idar-Oberstein werden ukrainische Soldaten für den Kampf mit der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet.
- Diese zeichnet sich durch ihre große Reichweite und ihre Präzision aus.
- Der Einsatz des mobilen Artilleriegeschützes bedarf einer speziellen Kampftechnik.
Seit vergangener Woche werden an der Artillerieschule in Idar-Oberstein ukrainische Soldaten für die Bedienung der Panzerhaubitze 2000 geschult. Die Ausbildung soll rund 40 Tage dauern, dann sollen die schweren Kriegswaffen im Kampf in der Ukraine eingesetzt werden. Zwölf der hochmodernen Geschütze sollen Deutschland und die Niederlande der Ukraine übergeben. Das meldete vergangene Woche die dpa.
Aber was hat es mit der Panzerhaubitze 2000 eigentlich auf sich? Wofür wird sie benötigt? Wie wird klassischer Weise mit diesen Waffen gekämpft und welchen Einfluss hat das Wetter? Könnten diese Waffen ein "Gamechanger" sein, wie in Internetforen schon gemutmaßt wird?
Was ist eine Panzerhaubitze 2000?
Die Panzerhaubitze 2000 ist ein mobiles Artilleriegeschütz. Sie wird, in der Regel, nicht wie ein klassischer Panzer im Angriff verwendet, sondern kommt im Kampf auf große Distanz zum Einsatz. Die Reichweite der Munition beträgt bis zu 40 Kilometer. Unter optimalen Bedingungen ist die Panzerhaubitze 2000 in der Lage, auf 40 Kilometer Entfernung "ein Fußballtor" zu treffen, wie es aus internen Kreisen der Bundeswehr heißt. Somit hat sie die Möglichkeit in der Tiefe des Raumes anzugreifen, also auch über die Frontlinie hinaus.
Dafür bedarf es allerdings einer genauen Aufklärung. Ein Fernspäher etwa muss die Zielkoordinaten übermitteln, damit der Bordcomputer die genauen Rohrneigungen berechnen, und den Angriff zielgerichtet ausführen kann. Bis zu fünf 155-Millimeter-Geschosse können hintereinander auf unterschiedlichen Flugbahnen in ihr Angriffsziel gelenkt werden, so dass die Geschosse nahezu gleichzeitig einschlagen. Der Einsatz von sogenannten automatisch temperierbaren Zündern hat sich schon in Afghanistan bewährt. Die Explosion der Granaten kann erst beim Aufprall oder schon über dem Ziel erfolgen. Drei Schuss kann die Haubitze in zehn Sekunden abfeuern.
Sobald die Panzerhaubitze 2000 zum Einsatz kommt, ist die Möglichkeit, selber in der Stellung entdeckt zu werden, groß. Aus diesem Grund muss das Geschütz nach einem Einsatz schnell die Stellung wechseln. Dieses artilleristische Kampfprinzip nennt sich "shoot and scoot" – feuern und weg, um der Entdeckung und einem Gegenangriff zu entgehen. Zur Fortbewegung hat sie einen 1000-PS-Diesel-Motor, der sie auf etwa 60 Kilometer pro Stunde bringt. 60 Schuss Munition gehören zur Kampfbeladung der Panzerhaubitze 2000.
Was könnte Probleme bereiten?
Die sumpfige Bodenbeschaffenheit in der Ukraine könnte der Panzerhaubitze 2000 Probleme bereiten. Mit ihren 57 Tonnen Gefechtsgewicht ist sie in der Regel auf befestigte Straßen, beziehungsweise befestigte Wege angewiesen. Da sie auf Ketten fährt, ist zwar auch der Einsatz in unbefestigtem Gebiet möglich, allerdings mit hohen Risiken verbunden. Wenn sich die Panzerhaubitze 2000 festfährt und ohne Hilfe die Stellung nicht mehr verlassen kann, ist die Gefahr eines Gegenangriffs erhöht.
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Das gefährdet die drei bis fünf Soldaten, die für den Einsatz in dem hochmodernen Kampfsystem benötigt werden: ein Fahrer, ein Geschützführer und ein Munitionskanonier. Erst wenn die automatischen Systeme ausfallen, werden ein weiterer Munitionskanonier und ein Richtkanonier erforderlich. Im Zweifel, etwa im Falle der Selbstverteidigung, kann die Panzerhaubitze 2000 auch wie ein normaler Kampfpanzer verwendet werden. Das nennt sich im Bundeswehrjargon "im direkten Richten" schießen. Mit waagerechtem Rohr, auf Ziele in Sichtweite.
In manchen Internetforen wird schon diskutiert, ob diese Waffe als "Gamechanger" in der Ukraine fungieren könne. Solche Pauschalformulierungen sind unseriös, da der Krieg eine besondere Dynamik hat. Es geht nicht lediglich darum, wer die besseren Waffen hat, sondern auch darum, wie die Waffen eingesetzt werden. Die Panzerhaubitze eignet sich für taktische und operative Kampfeinsätze, also für kleine unterstützende Einsätze von Bodentruppen, die einen Spezialauftrag ausführen; aber auch für Einsätze im Kampf der verbundenen Waffen. Großangelegte Offensiven etwa, um Geländeverluste zurückzugewinnen. Was ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben darf, ist das militärische Geschick und die Kampfmoral.
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Bei allen Entscheidungen zum Ukraine-Krieg halte sich die Bundesregierung an drei wichtige Prinzipien, erklärte Finanzminister Christian Lindner am 27. April 2022 in einem Interview mit den "Tagesthemen". Alle Schritte, die eingeleitet werden, erfolgen in enger Abstimmung mit den NATO-Partnern, insbesondere mit den Atommächten (USA, Frankreich, Großbritannien); die eigene Verteidigungsfähigkeit dürfe nicht eingeschränkt werden; man dürfe sich damit nicht zu einer Kriegspartei machen.
Verwendete Quellen:
- Website der Bundeswehr Deutschland: Die Panzerhaubitze 2000
- Youtube-Account der Bundeswehr: Panzerhaubitze 2000 I Eines der modernsten Geschütze weltweit! I Bundeswehr
- Youtube-Account der Bundeswehr: Panzerhaubitze mutiert zum gefährlichen Kampfpanzer - Bundeswehr
- volksfreund.de: Ukrainer werden an Panzerhaubitze 2000 ausgebildet (11.05.2022)
- Internes Gespräch mit einem Bundeswehroffizier
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