Für ein gehöriges Maß an Verwirrung sorgten am Montag ein weiteres Mal das Satire-Magazin "Der Postillon" und unfreiwillig auch "Spiegel Online". Es geht um die vermeintliche Absage einer Pegida-Demonstration in Dresden, um Dementi und eine täuschend echte Internetseite.
Dass die Satire-Website "Der Postillon" nicht vollkommen ernst zu nehmen ist, dürfte mittlerweile zahlreichen Internetnutzern bekannt sein. Was passiert aber, wenn sich die Berichterstattung des "Postillon" auf scheinbar eindeutige Quellen und das seriöse Nachrichtenmagazin "Spiegel Online" stützt? Dann ist die Verwirrung groß.
"Nach internen Querelen: Pegida-Demo in Dresden abgesagt." Mit dieser Schlagzeile meldete sich "Der Postillon" am frühen Montagnachmittag. Gestützt wurde der Artikel von Facebook-Posts des vermeintlichen Pegida-Mitorganisators Lars Kressmann. Demnach habe es interne Streitigkeiten um den geplanten Abendspaziergang in Dresden gegeben. "Die Demo heute Abend habe ich in Absprache mit Matthias abgemeldet", ist in dem Facebook-Post zu lesen. "Ich nehm das nicht auf meine Kappe wenn uns hier alles um die Ohren fliegt! Tschüß Pegida! Ich bin jetzt alleine das Volk!" Dem Postillon zufolge habe die Dresdner Stadtverwaltung die Absage bestätigt, wer dennoch zum geplanten Zeitpunkt auftauche, habe mit Verhaftungen zu rechnen.
Die Organisatoren dementieren die Absage
Mit einem Screenshot beweist der Postillon, dass die offizielle Pegida-Seite die Absage der Veranstaltung bestätigt. Auf der Facebook-Seite der Organisation ist ein solcher Post jedoch nicht auffindbar, stattdessen wird heftig dementiert. "Unseren Gegnern ist jedes Mittel recht, um unsere Bewegung zu TORPEDIEREN! Natürlich sehen wir uns 18:30 Uhr auf der " COCKERWIESE "!"
Der Postillon berichtet weiter, dass das private Facebook-Profil von Organisator Lars Kressmann gelöscht wurde. "Wieder wurde ein kritischer Geist zum Schweigen gebracht", so das Satire-Magazin. Stattdessen gibt es nun eine Solidaritätsbewegung mit dem mundtot gemachten Kressmann. Mit einem letzten Update um 15:24 Uhr treibt der Postillon die Verwirrung auf die Spitze und verlinkt zu einem Artikel von "Spiegel Online", in dem die Absage der Veranstaltung bestätigt wird.
Spiegel-Artikel ist eine Fälschung
Fakt ist: Der Artikel von "Spiegel Online" sieht zwar täuschend echt aus, ist jedoch eine Fälschung. "This trick was made using TinyUR1.co", ist ganz unten auf der Seite zu lesen. Bei "TinyUR1.co" handelt es sich um einen Online-Dienst, mit dem bekannte Seiten täuschend echt nachgestaltet werden können. Dahinter steckt jedoch nicht "Der Postillon", erklärt dessen Verantwortlicher Stefan Sichermann auf Anfrage. "Das Thema wurde offenbar zum Selbstläufer, da lassen viele ihrer Kreativität freien Lauf. Auch die Lars Kressmann Gedächtnisseite stammt nicht von uns."
Mittlerweile hat auch "Spiegel Online" auf seiner Facebook-Seite reagiert: "Dabei handelt es sich um eine Fälschung. Spiegel Online hat diesen Artikel nie veröffentlicht. Der Link, der unter anderem von der Satire-Seite "Der Postillon" gestreut wird, leitet nicht auf Spiegel Online weiter, sondern auf eine Fake-Seite."
Pegida-Gegner amüsieren sich köstlich
"Spielverderber", kommentieren viele User das Statement der Nachrichtenseite. Vor allem im Lager der Pegida-Gegner amüsiert man sich nämlich köstlich über die gestiftete Verwirrung: "So tief wie ich mich verneigen möchte, komm ich gar nicht runter!", schreibt eine Nutzerin auf Facebook. "Der Postillon verwirrt mal wieder das ganze Land! Herrlich!", kommentiert ein anderer. Auf Seiten von Pegida und deren Anhängern wird die Aktion mit weniger Humor aufgenommen. Immer wieder fallen Begriffe wie "Lügenpresse" und "Linke Zecken" - doch auch diese stammen offenbar teilweise von Pegida-Gegnern, die das Thema weiter satirisch auf die Spitze treiben. Die Verwirrung ist perfekt.
Klarheit verschafft ein kurzer Anruf bei der schon leicht entnervt wirkenden Stadtverwaltung in Dresden: "Die Demonstration findet statt". Und wie man vielleicht schon erahnen kann: Einen Pegida-Organisator Lars Kressmann hat es nach Angaben des "Postillon" niemals gegeben.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.