Im Mordfall Kandel kehrt auch nach dem Urteil keine Ruhe ein. Die Anklagebehörde legt Revision gegen den Richterspruch ein, und eine rechtspopulistische Initiative kündigt eine Protestaktion an. Die Stadtspitze in Landau warnt vor Spannungen wie in Chemnitz.
Im Fall des tödlichen Messerangriffs auf die 15-jährige Mia im pfälzischen Kandel hat die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil von achteinhalb Jahren Haft eingelegt. Das teilte die Anklagebehörde in Landau am Mittwoch mit.
Das Landgericht in Landau hatte den vermutlich aus Afghanistan stammenden Flüchtling Abdul D. am Montag wegen Mordes und Körperverletzung verurteilt. Zur Anwendung kam Jugendstrafrecht, hier liegt die Höchstgrenze bei zehn Jahren Haft.
Die Verteidigung hatte den Richterspruch akzeptiert. Eine mögliche Revision fände vor dem Bundesgerichtshof (BGH) statt.
Anklage forderte zehn Jahre Haft
Vom Schritt der Staatsanwaltschaft, Revision einzulegen, zeigte sich der Verteidiger von Abdul D. nicht überrascht. Die Anklagebehörde könne mit dem Richterspruch zunächst nicht zufrieden sein, da sie zehn Jahre Haft gefordert habe - und das Urteil darunter liege, sagte der Anwalt Maximilian Endler.
Er rechne aber damit, dass die Staatsanwaltschaft erst nach Eingang der schriftlichen Begründung endgültig über eine mögliche Revision vor dem BGH entscheiden werde.
Bei einer Revision wird das Urteil auf mögliche Rechtsfehler geprüft. Eine eigene Beweisaufnahme zur Schuld- und Straffrage findet nicht statt.
Die Staatsanwaltschaft in Landau betonte in ihrem Schreiben: "Die Einlegung der Revision ermöglicht es, die schriftliche Begründung zu prüfen. Sodann wird die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob die Revision aufrechterhalten wird. Diese Entscheidung ist binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils zu treffen."
Nach Überzeugung des Gerichts hatte Abdul D. am 27. Dezember 2017 in einem Drogeriemarkt in Kandel seine Ex-Freundin Mia erstochen. Als Motiv hatte die Staatsanwaltschaft Eifersucht und Rache angenommen.
Rechtspopulistische Initiative kündigt Protestaktion an
Die rechtspopulistische Initiative "Kandel ist überall" kündigte unterdessen für diesen Freitag (19.00 Uhr) eine Protestaktion in Landau gegen das aus ihrer Sicht zu milde Urteil an. Die Gruppierung will vom Rathausplatz vor das Landgericht ziehen.
Der Landauer Oberbürgermeister Thomas Hirsch (CDU) kritisierte die geplante Kundgebung. Das rechtspopulistischen Spektrum versuche, die Tat von Kandel für politische Zwecke zu instrumentalisieren, teilte Hirsch mit. "Es ist traurig, wenn aus einem Verbrechen noch mehr Hass entsteht - das wurde in Chemnitz auf furchtbare Weise deutlich." (ank/dpa)
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