- Rückgaben von Benin-Bronzen aus deutschen Museen werden seit Jahren auf die lange Bank geschoben.
- Nun sollen erste Restitutionen der als Raubgut geltenden Kunstschätze sehr bald erfolgen.
Deutsche Museen sollen im nächsten Jahr erste Kunstschätze der als Raubgut geltenden Benin-Bronzen an Nigeria zurückgeben. Darauf verständigte sich am Donnerstag eine Runde von Museumsexperten und politisch Verantwortlichen in einer Online-Schalte mit Berlin. Bis zu diesem Sommer sollen konkrete Handlungsschritte und ein Fahrplan für die Frage der Rückführung von Benin-Bronzen" entwickelt werden.
"Wir stellen uns der historischen und moralischen Verantwortung, Deutschlands, koloniale Vergangenheit ans Licht zu holen und aufzuarbeiten", sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nach der von ihr einberufenen informellen Runde. "Der Umgang mit den Benin-Bronzen ist dafür ein Prüfstein." Neben größtmöglicher Transparenz werden laut Grütters "vor allem substanzielle Rückgaben angestrebt". Bis zum 15. Juni solle eine Aufstellung aller im Besitz der Museen befindlichen Benin-Bronzen veröffentlicht werden.
"Das ist ein historischer Schritt", sagte der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, der Deutschen Presse-Agentur. "Wir hoffen, dass wir schon 2022 mit Rückgaben beginnen können." Laut Parzinger sind mit den nigerianischen Partnern "Gespräche über substanzielle Rückgaben und künftige Kooperationen" vorgesehen. Dabei soll auch geklärt werden, "unter welchen Bedingungen in deutschen Museen auch weiterhin Benin-Bronzen gezeigt werden können".
Die Bronzen stammen aus dem Königspalast von Benin
Ein nächster Schritt ist am 29. Juni die Sitzung des Stiftungsrates der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in dem Bund und Länder sitzen. "Wir werden dann sicher noch nicht über einzelnen Objekte entscheiden, das muss mit Nigeria besprochen werden. Aber es wird, davon gehe ich jetzt mal aus, einen richtungsweisenden Beschluss geben", sagte Parzinger.
Vor dem Treffen hatte Baden-Württembergs Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) mit einem zeitlich getakteten Fahrplan zusätzlich Druck gemacht. "Wir haben uns gut verständigen können", sagte Bauer der dpa nach der Runde. "In der Angelegenheit ist die nötige Dynamik enthalten. Wir haben uns verständigt auf ein Vorgehen, mit dem wir die nächsten Meilensteine gesetzt haben." Es gehe sowohl um die Objekte im Besitz der Stiftung in Berlin, aber auch in den Museen der Länder und der Kommunen, die Benin-Bronzen haben. Das betrifft etwa auch Stuttgart.
Bronzen aus dem Königspalast des damaligen Königreichs Benin sind in zahlreichen deutschen Museen zu finden. Auch im Berliner Humboldt Forum sollen nach bisherigen Plänen solche wertvollen Kunstschätze ausgestellt werden. Das Ethnologische Museum verfügt über rund 530 historische Objekte aus dem Königreich Benin, darunter etwa 440 Bronzen. Die Objekte stammten größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.
"Die Beteiligten streben an, kurzfristig gemeinsam zu umsetzbaren Ergebnissen zu gelangen", heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Das soll begleitet werden von Gesprächen mit der nigerianischen Seite. Dabei soll mit den nigerianischen Partnern auch erörtert werden, "ob und wie Benin-Bronzen als Teil des kulturellen Erbes der Menschheit künftig ebenfalls in Deutschland gezeigt werden können".
Zusammenarbeit zwischen deutschen und nigerianischen Museen geplant
Neben Gesprächen zum Aufbau eines in Benin-City geplanten Museums und den Rückführungen soll zudem die Zusammenarbeit zwischen deutschen und nigerianischen Museen und Einrichtungen weiter vorangebracht werden. Hierzu zählen etwa die Ausbildung zukünftiger Kuratorinnen und Kuratoren, Museumsmanagerinnen und Museumsmanager sowie der Aufbau kultureller Infrastrukturen. Dabei soll die Agentur für internationale Museumskooperationen des Auswärtigen Amtes eine wichtige Rolle spielen.
Mit Grütters verhandelten die Leitungen der deutschen Museen der Benin Dialogue Group mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dem Linden-Museum Stuttgart, dem Museum am Rothenbaum Hamburg, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und dem Rautenstrauch-Joest-Museum Köln.
Zudem waren neben dem Auswärtigen Amt die jeweils für die Museen zuständigen politischen Ebenen dabei sowie die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten und der Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder als Leiter der Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland. (dpa/fra) © dpa
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