Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren sind in Deutschland nicht strafmündig. Das heißt aber nicht, dass von ihnen begangene Straftaten keine Konsequenzen für sie haben. Zumindest wird sich sehr wahrscheinlich das Jugendamt mit ihrem Fall befassen.
Es war ein Streit mit schlimmem Ausgang: In Sachsen-Anhalt hat am Wochenende ein 13-Jähriger seinem gleichaltrigen Schulkameraden offenbar im Streit mit einem Gegenstand auf den Kopf geschlagen und ihn damit tödlich verletzt.
Er soll sich derzeit zu seinem Schutz in einer psychiatrischen Einrichtung befinden, ein Haftbefehl gegen ihn ist nicht möglich. Denn: Nach Paragraf 19 des Strafgesetzbuches ist ein Kind unter 14 Jahren schuldunfähig und darf nicht bestraft werden.
Ermitteln werden Polizei und Staatsanwaltschaft trotzdem - alleine schon um herauszufinden, ob strafmündige Personen (also ältere Jugendliche oder Erwachsene) an der Tat beteiligt waren. Stellt sich heraus, dass ein Kind eine Tat alleine verübt hat, werden die Ermittlungen eingestellt.
Das heißt aber nicht, dass der Fall damit erledigt ist, denn in vielen Fällen werden die Ermittlungsbehörden das Jugendamt informieren.
Das Jugendamt macht zunächst Angebote
"Das Jugendamt nimmt dann Kontakt mit der Familie auf und versucht, gemeinsam mit ihr Fragen zu beantworten wie: Wie ist es zu der Straftat gekommen? Braucht die Familie Unterstützung?", erklärt Brigitta Goldberg, Professorin für Jugendhilferecht, (Jugend-)Strafrecht und Kriminologie an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum.
Rechtliche Grundlage für etwaige weitere Maßnahmen sind das Jugendhilferecht, namentlich das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), und das Familienrecht.
"Im Mittelpunkt steht dabei immer die Frage: Ist die Entwicklung des Kindes so ungünstig, dass das Kindeswohl gefährdet ist?", so Goldberg im Gespräch mit unserer Redaktion. Beantwortet das Jugendamt diese Frage mit Ja, wird es der Familie verschiedene Angebote machen.
Welche Angebote es gibt, ist in den Paragrafen 27 bis 35 des KJGH geregelt. Sie können die Eltern etwa eine Erziehungsberatungsstelle aufsuchen oder einen Antrag auf weitergehende Hilfen stellen, zum Beispiel eine sozialpädagogische Familienhilfe, eine ambulante Betreuung für das Kind oder auch die Unterbringung in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie. "Diese Angebote", betont Goldberg, "sind für die Eltern und das Kind zunächst einmal freiwillig."
Bis hin zum Sorgerechtsentzug
Sollten sich die Eltern jedoch weigern, Hilfe anzunehmen, obwohl sie sie nach Einschätzung des Jugendamtes bräuchten, können sie durch das Familiengericht auch dazu gezwungen werden. Maßgeblich hierfür ist der Paragraf 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Dieser Paragraf ist eigentlich vor allem für Fälle gedacht, in denen Kinder misshandelt oder vernachlässigt werden. Er greift aber auch, wenn Eltern (oder allgemein: die Sorgeberechtigten) auf andere Weise ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht vernachlässigen.
"Im schlimmsten Fall kann das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder das Sorgerecht entzogen werden", sagt Brigitta Goldberg. Es geht dann an einen sogenannten Ergänzungspfleger beziehungsweise an einen Vormund über, der letztlich zusammen mit dem Jugendamt darüber entscheidet, wo das Kind untergebracht wird.
"Bei Kindern, die 13 Jahre oder älter sind, wird es in den meisten Fällen ein Heim - oft in Form einer stationären Wohneinrichtung, also einer Art rund um die Uhr betreuter WG - sein", sagt Goldberg.
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