Wenn "unbekannte Täter" zugange sind und danach von "Sachbeschädigung" die Rede ist, vermutet man Übles. In Schweringen hatten eben solche Unbekannten hehre Ziele: Sie flexten ein Hakenkreuz von einer Kirchenglocke. Doch ernten sie für ihre Tat nicht nur Applaus.
Einen Zettel mit der Überschrift "Frühjahrsputz 2018" hat der Pastor der Kapellengemeinde Schweringen bei Nienburg in Niedersachsen am Abend des Gründonnerstag gefunden.
"Schweringen hat ein schmutziges, matschiges, nasses, kurz gesagt: ein extrem hässliches halbes Jahr hinter sich und es wurde Zeit, dass der Frühjahrsputz frischen Wind ins Dorf bringt", hieß es in dem Schreiben, das sich als Bekennerschreiben entpuppte und das der Zeitung "Die Harke" vorliegt.
"Wir haben Frühjahrsputz gemacht. Nicht nur das Dorf gereinigt, sondern auch die Glocke", war weiter zu lesen, "von Taubendreck, vom Dreck der Nationalsozialisten, der nach 80 Jahren noch drohte die Dorfbevölkerung zu spalten (...) Die Glocke ist jetzt ,clean’, unsere Gedanken waren es schon lange".
Der Pastor Axel Hellwege entdeckte kurz darauf, dass von der Glocke im Turm der Schweringer Kapelle ein schon seit Monaten heiß diskutiertes Hakenkreuz entfernt worden war. Der dabei stehende Schriftzug "dies Kreuz gab Gelingen half Zwietracht bezwingen" war ebenfalls nicht mehr zu sehen.
Landeskirche will "Sachbeschädigung" prüfen
Fünf Tage nach dem Vorfall kündigte nun die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover in einer Stellungnahme eine Prüfung des Vorfalls an: Es müsse geklärt werden, "wie mit der Sachbeschädigung der Glocke umzugehen" sei.
Der Hintergrund: Erst im September 2017 war bekannt geworden, dass im Turm der Kreuz-Kirche eine Glocke mit Hakenkreuz und nationalsozialistischer Inschrift hängt. Die Kirchengemeinde setzte daraufhin die Glocke vorläufig außer Betrieb, was im Ort und darüber hinaus für Diskussionen sorgte.
Im März dieses Jahres sollte die Glocke nach einem Beschluss des Kirchenvorstandes wieder erklingen - und nicht ersetzt werden. Dagegen wehrte sich dann allerdings Pastor Hellwege. Mit einer Beanstandung setzte er durch, dass die Glocke still bleibt, zumindest so lange das von ihm in Gang gesetzte und derzeit noch offene Verfahren läuft.
Womöglich juristische Konsequenzen
Nach den "langwierigen Diskussionsprozessen" der vergangenen Monate zeigte Petra Bahr, die Landessuperintendentin für den Sprengel Hannover, Verständnis dafür, "wenn jetzt Fakten geschaffen worden sind", heißt es in der Aussendung, "andererseits sehe ich die Verantwortlichen in der Kapellengemeinde unverändert in der Pflicht, die Aufarbeitung der Geschichte der Schweringer Kirchenglocke weiterzuführen."
Die Landeskirche werde jetzt sorgfältig prüfen, ob rechtliche Schritte zu ergreifen seien. Außerdem werde ein Sachverständiger untersuchen, inwieweit die Beschädigung den Klang der Glocke verändert habe.
Die Polizei in Nienburg prüft nach Informationen der dpa, ob von Amts wegen Ermittlungen aufgenommen werden. "Die Kirche hat bisher keine Anzeige erstattet", sagte der Polizeisprecher. (af)
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