Schwarzfahren soll straffrei werden. Das fordern Wissenschaftler in einem offenen Brief an Bundesjustizminister Buschmann. Doch es gibt auch kritische Stimmen.
Soll Schwarzfahren entkriminalisiert werden? Die Debatte ist nicht neu – und doch immer wieder hitzig. Bundesjustizminister
Nun haben Wissenschaftler und Kriminologen die Diskussion verschärft. In einem offenen Brief an Buschmann schlagen sie vor, Schwarzfahren künftig weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit zu behandeln.
Straffreiheit fördert soziale Gerechtigkeit
Sie begründen ihren Vorstoß unter anderem damit, dass der Straftatbestand arme Menschen und Menschen in prekären Lebenslagen – etwa Drogenabhängige – überproportional treffe.
Diese Menschen könnten sich oft weder den Fahrschein leisten noch die Strafe für das Schwarzfahren bezahlen. Neben einer zusätzlichen Belastung führe dies zu einer verstärkten sozialen Ausgrenzung, die durch eine Entkriminalisierung abgemildert werden könnte.
Eine bloße Herabstufung des Schwarzfahrens zu einer Ordnungswidrigkeit würde für die Betroffenen keine wesentliche Verbesserung bringen. Auch in diesem Fall wären sie weiterhin zur Zahlung einer Geldstrafe verpflichtet, für die viele nicht die notwendigen finanziellen Mittel hätten. Im schlimmsten Fall könnte dies dazu führen, dass sie in Erzwingungshaft genommen werden, wenn sie die Geldstrafe nicht bezahlen können.
Risiko finanzieller Engpässe für Verkehrsunternehmen
Gegner einer Entkriminalisierung befürchten jedoch, dass sie zu einem Chaos im öffentlichen Verkehr führen könnte. Mehr Personen ohne gültigen Fahrausweis könnten unterwegs sein, was unmittelbare Auswirkungen auf das öffentliche Verkehrssystem haben könnte.
Die Bereitstellung öffentlicher Verkehrsmittel ist mit hohen Kosten verbunden. Die jährlichen Fahrgeldeinnahmen belaufen sich in Deutschland auf etwa 13 bis 14 Milliarden Euro – wichtige Einnahmen für die deutschen Verkehrsnetze, die durch vermehrtes Schwarzfahren sinken würden.
Deshalb spricht sich auch Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), gegenüber dem BR gegen eine Straffreiheit aus.
Statt einer vollständigen Entkriminalisierung sollten sozialstaatliche Lösungen gefunden werden. Subventionen oder eine gezielte Förderung von Menschen mit geringem Einkommen könnten eine Alternative sein, um das Problem der hohen Fahrpreise anzugehen. (lla)
Verwendete Quellen:
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