Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte einer bedürftigen Pflegeheimbewohnerin im Streit mit ihrer Krankenkasse um Zuzahlungen gestärkt. Konkret ging es bei der Verfassungsbeschwerde um eine überhöhte Belastungsgrenze für die Zuzahlungen. Eine Entscheidung des Sozialgerichts Osnabrück, das die Sicht der Kasse bestätigt hatte, verletzt nach Angaben des höchsten deutschen Gerichts in Karlsruhe vom Freitag das Willkürverbot. Eine in dem Gerichtsbescheid enthaltene Annahme zur Kostenübernahme "entbehrt jeder nachvollziehbaren Grundlage". Er werde aufgehoben, das Sozialgericht muss sich erneut damit befassen (Az. 1 BvR 422/23).

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Gesetzlich Krankenversicherte müssen zu einigen Kassenleistungen zuzahlen. Diese Zuzahlungen sind durch eine Belastungsgrenze von zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens begrenzt. Wer bestimmte Sozialleistungen bezieht, muss geringere Zuzahlungen leisten.

Im konkreten Fall übernimmt ein Sozialhilfeträger den Angaben zufolge einen Teil der Heimkosten der im Jahr 1938 geborenen Frau. Nach Abzug einer monatlichen Bekleidungspauschale von 23,50 Euro und einem Anspruch auf 120,42 Euro Bargeld sollte das verbleibende Einkommen den monatlich zu zahlenden Eigenanteil ergeben.

Die Versicherte beantragte laut der Mitteilung bei ihrer Krankenkasse eine Begrenzung ihrer Zuzahlungen. Diese setzte auf Basis der Renteneinkünfte der Frau eine Belastungsgrenze von 132,04 Euro für das Jahr 2022 fest. Dagegen ging die Betroffene vor. Die Kasse wies den Widerspruch zurück, das Sozialgericht die Klage dagegen.

Im Kern des Streits geht es darum, wie eine Ausnahmeregelung zur Belastungsgrenze aus Paragraf 62 des Fünften Sozialgesetzbuchs zu verstehen ist. Die Krankenkasse und das Sozialgericht sahen keinen Anlass, diese im vorliegenden Fall zu berücksichtigen.

Das Verfassungsgericht machte in seiner Entscheidung deutlich, dass diese Ansicht keinen Sinn ergebe. "Nach dem Wortlaut der Regelung ist Tatbestandsvoraussetzung die Kostentragung der Unterbringung des Versicherten in einem Heim oder einer anderen Einrichtung durch den Sozialhilfeträger." Für weitere Bedingungen gebe es - anders als von Kasse und Sozialgericht angenommen - keine Anhaltspunkte.

Am Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, das ebenfalls mit dem Fall befasst war, hatte die Beschwerdeführerin zunächst keinen Erfolg gehabt. Laut dieser Entscheidung hatte sie argumentiert, keine andere Krankenkasse teile bei der Festsetzung der Belastungsgrenze die Argumentation ihrer Kasse. Es sei auch keine weitere Entscheidung bekannt, die sich mit der vorliegenden Rechtsproblematik befasse.  © dpa

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