Vor dem Hintergrund der aktuellen Rassismusdebatte haben Schweizer Supermärkte Produkte mit dem Namen "Mohrenköpfe" aus dem Sortiment gestrichen. Zwei Hersteller halten aber an dem Namen fest – ihre Begründungen für die Entscheidung könnten unterschiedlicher nicht sein.
Mehrere Schweizer Handelsketten haben im Zuge der Rassismusdebatte Produkte mit dem Namen "Mohrenköpfe" aus dem Sortiment gestrichen. Aus Sicht der Schweizer Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) ist "Mohrenkopf" ein "belasteter Begriff".
"Es ist eine von vielen fremdbestimmten Bezeichnungen für schwarze Menschen und hat einen eindeutig rassistischen und kolonialen Hintergrund", sagt auch Tahir Della von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland unserer Redaktion. Er betont: "Weiße Westeuropäer haben diese und vergleichbare Begriffe um Schwarze Menschen zu bezeichnen. Sie sind und waren zu keinem Zeitpunkt selbst gewählt."
Gleich zwei Hersteller verteidigen aber die Bezeichnung für ihre Süßigkeit aus Schaumzucker mit Waffel und Schokoladenüberzug. Die Begründungen unterscheiden sich aber deutlich.
"Robert Mohrenkopf Dubler"
"Ich möchte, dass jedem Menschen, dem Mohrenkopf nachgerufen wird, das gleiche Lächeln wie bei mir entsteht", erklärte Robert Dubler, Chef des gleichnamigen Familienunternehmens aus dem im Schweizer Kanton Aargau, seine Entscheidung auf Anfrage unserer Redaktion. Ebenso sollten "die Menschen mehr Bewusstsein entwickeln über unsere weiße, schwarze, dunkle Vergangenheit", heißt es in der schriftlichen Antwort weiter.
Warum er die Süßspeise nicht wie andere Hersteller "Schokokuss" oder "Schaumkuss" nenne, erklärte Dubler nicht. Ebenso wenig beantwortete er Fragen zu etwaigen Umsatzrückgängen oder zum Vorwurf des Rassismus. Man solle "mehr Nachsicht üben gegenüber Andersdenkenden", schreibt der 73-Jährige nur. Die E-Mail beendete er mit "Robert Mohrenkopf Dubler".
Das Schweizer Detailhandelsunternehmen Migros hat Dublers Produkte – die laut der Boulevardzeitzung "Blick" bis in die 1970er-Jahre mit einem schwarzen Kopf und dicken Lippen beworben wurden – bereits aus den Regalen seiner Supermärkte genommen. Ähnlich reagierte auch die größte Warenhauskette des Alpenlandes mit den Süßspeisen eines anderen Herstellers. Zu dem Schritt habe sich Manor wegen der aktuellen Diskussion entschlossen. Der Begriff "Mohr" sei verfänglich und negativ konnotiert, sagte ein Unternehmenssprecher der Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Spitzname für Menschen aus Laufen
Die Regalbeschriftung sei in den Manor-Filialen schon vor Jahren geändert worden, sagte der Sprecher weiter. Ebenso wie Dubler bietet aber auch die Firma Richterich ihre Schokoküsse weiterhin als "Mohrenköpfe" an.
Der Hersteller tue dies aus gutem Grund, schreibt er auf seiner Webseite: "Mohren" sei der Spitzname für Menschen aus Laufen, wo die Firma ansässig ist. Die Stadtverwaltung bestätigte das auf Nachfrage unserer Redaktion. Das Wort "Mohren" komme von Moor, was im Altdeutschen "Wildschwein" bedeutete. Die Firmengründer hätten deshalb vor rund 80 Jahren ihren eigenen "Mohrenkopf" kreiert.
Unabhängig davon findet Della von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland "jede Rassismus-Debatte notwendig"."Wir haben viel zu lange nicht über Rassismus gesprochen", sagt er. Ihm zufolge sei Sprache selbst ständig auf dem Prüfstand – "dazu gehört auch, rassistische Begriffe endlich nicht mehr zu verwenden."
Sprache müsse sich gesellschaftlichen Veränderungen anpassen. Della bemerkt: "Gerade bei diskriminierenden Begriffen kann man sich nicht auf Traditionen berufen."
Hinweis: Anders als im ursprünglichen Artikel behauptet, hat das Schweizer Detailhandelsunternehmen Volg die Produkte von Dubler nicht aus dem Sortiment genommen. Es gab allerdings Pläne dazu, weil der Name nicht mehr zeitgemäß sei. "Es ist aber unverhältnismäßig, ein bewährtes und qualitativ hochstehendes Schweizer Traditionsprodukt zum jetzigen Zeitpunkt aus dem Sortiment zu nehmen", erklärte eine Volg-Sprecherin Mediensprecherin der Schweizer Boulevardzeitung "20 Minuten".
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