Vor eineinhalb Monaten ist der pakistanische Hochträger Muhammad Hassan unter tragischen Umständen am K2 zu Tode gekommen. Der Abschlussbericht einer Untersuchungskommission zu dem Vorfall fördert brisante Informationen zutage.
Der Tod des Bergträgers Muhammad Hassan am K2 löste Ende Juli einen Aufschrei aus: Videomaterial des österreichischen Senders Servus TV zeigte, wie der pakistanische Hochträger am Unglücksort noch lebend im Seil hing und mehrere Bergsteiger über ihn hinwegstiegen.
Vorwürfe wegen unterlassener Hilfeleistung wurden laut. Unter anderem hagelte es Kritik an der norwegischen Extrembergsteigerin Kristin Harila, die am Tag von Hassans Tod ihren Weltrekord aufstellte - alle 14 8.000er innerhalb von 92 Tagen zu besteigen - und später am Basislager des K2 feierte. Harila verteidigte sich in einem langen Instagram-Posting, in dem sie unter anderem anführte, Hassan sei für eine solche Expedition zu schlecht ausgestattet gewesen.
Mohammad Hassan hätte den K2 wohl nie besteigen dürfen
Harila wies auf einen Umstand hin, der nun in einem offiziellen Bericht der Untersuchungskommission der pakistanischen Provinz Gilgit-Baltistan zum Tragen kommt. Der Report legt nahe, dass Mohammad Hassan den K2 nie hätte besteigen dürfen.
Es war demnach die erste Expedition des 27-Jährigen auf einen 8.000er. Er hatte die sogenannte Todeszone oberhalb von 8.000 Metern Seehöhe vorher noch nie erreicht, war am K2 und Spantik lediglich als "Low Altitude Porter" in niedrigerer Höhe unterwegs. Er trug demnach Ausrüstung in die Basislager, nicht aber die Berge hoch. Das Base Camp des K2 liegt auf 5.150 Metern.
Hassan sei nicht nur schlecht vorbereitet gewesen auf eine Besteigung des K2, auch seine Kleidung und Ausrüstung sei unzureichend gewesen, heißt es weiter in dem Bericht. "Er hatte weder genügend oder passende Ausrüstung, noch das Verständnis für die Wichtigkeit der passenden Ausrüstung für Höhentouren." Hassans Unterleib sei deshalb der extremen Kälte ausgesetzt gewesen, als er kopfüber im Seil hing - was seine Überlebenschancen deutlich verschlechtert habe.
Ein Bergsteigerkollege habe beobachtet, dass Hassan für seine Akklimatisierung normale Hosen und Jacke trug. Auch andere Bergsteiger hätten festgestellt, dass er unzureichend ausgestattet war, um die Kälte in der Höhe auszuhalten. Auf über 8.000 Metern liegen die Temperaturen im Schnitt bei -37 Grad Celsius, teilweise auch deutlich darunter.
Report gibt Betreiberfirma die Schuld - und Hassan selbst
Der Bericht zählt weitere Umstände auf, die zum Tod des Bergträgers beitrugen. Das schlechte Wetter habe etwa dazu geführt, dass andere Bergsteiger nicht erkannten, in welcher prekären Lage sich der 27-Jährige befand. Auch hätten Wetter und Dunkelheit zu einer Verzögerung der Rettungsmaßnahmen geführt. Zudem habe die Kommunikation mit dem Basiscamp nicht ordentlich funktioniert.
Die Untersuchungskommission nennt jedoch auch die Betreiberfirma, die die Expedition durchgeführt hatte. Lela Peak Expedition habe die 1999 eingeführten Regeln für Hochtouren in Pakistan verletzt, indem sie Hassan einerseits unzureichend ausgestattet und seine Ausrüstung nicht überprüft habe und ihn andererseits als Hochträger engagiert habe, obwohl ihm die dazu nötige Erfahrung fehlte. Zudem habe Lela Peak Hassan nicht versichert.
Aber auch der Bergträger selbst trug der Kommission zufolge eine Mitschuld an seinem Tod. Die Expeditionsfirma habe Hassan 250.000 Rupien (umgerechnet rund 780 Euro) zur Verfügung gestellt, um sich angemessen auszurüsten - Geld, das er offenbar für andere Dinge aufsparte.
Fotograf versuchte, Mohammad Hassan das Leben zu retten
Der Bericht geht weiters darauf ein, dass der Fotograf Gabriel Tarso versucht hatte, Hassan das Leben zu retten. Aufgrund des schlechten Wetters und Problemen, wie sie in so großer Höhe vorkommen könnten, sei ihm das jedoch nicht gelungen.
Der K2 ist mit 8.611 Metern der zweithöchste Berg der Welt und der höchste Berg im Karakorum. Er gilt unter Alpinisten wegen seiner enormen technischen Schwierigkeit teils als anspruchsvoller als der Mount Everest - unter anderem wegen seiner Steilheit und der hohen Lawinengefahr. Um zum Gipfel zu gelangen, muss der Bottleneck überwunden werden, in dem Hassan starb: eine 100 Meter lange Rinne, in der es jederzeit zu Einstürzen kommen kann. Rund 400 Menschen haben den K2 bisher bestiegen, knapp 100 Menschen kostete er bisher das Leben.
Im Karakorum und im Himalaya kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen. Anfang September starb ein russischer Bergsteiger bei der Besteigung des Gasherbrum IV. Er hatte zusammen mit einem Landsmann versucht, den Gipfel des 7.932 Meter hohen Bergs ohne Sauerstoff, Bergträger und Fixseile zu erreichen.
Verwendete Quellen:
- Government of Gilgit-Baltisan: Brief Of Fact-Finding Inquiry Order On The Tragic Accident Of Pakistani High Altitude Porter Mr. Muhammad Hassan
- Pamir Times: Death of High-Altitude Porter Mohammad Hassan was accidental, says Inquiry Report
- Cep.com.pk: Mountaineering Rules and Regulations
- dpa
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