Weil sie einen Jogger tötete, sollte eine Bärin in Italien erschossen werden. Doch nun hat ein Gericht entschieden, dass sie weiterleben darf. Tierschützer hatten zuvor Beschwerde gegen den geplanten Abschuss eingelegt.
Die für die tödliche Attacke auf einen Jogger in Norditalien verantwortliche Bärin JJ4 wird vorerst nicht abgeschossen. Das Verwaltungsgericht der Provinz Trentino hat den Abschussbefehl, den der Regionalpräsident von Trentino-Südtirol Maurizio Fugatti in der vergangenen Woche erlassen hatte, vorerst ausgesetzt und damit der von Tierschutzvereinen eingelegten Berufung stattgegeben, hieß es in einem Dekret, das am Freitag veröffentlicht wurde.
Die Vereine LAV und LAC, die bereits zuvor den Abschussbefehl scharf kritisierten, hatten bei dem Gericht Berufung eingelegt. Dem Dekret zufolge wird es am 11. Mai eine Anhörung vor dem Gericht in Trient geben.
"Problembärin" ist Schwester von "Problembär" Bruno
Das Bärenweibchen JJ4 hört auch auf den Namen Gaia und hatte in der Woche vor Ostern einen 26 Jahre alten Jogger in der Gemeinde Caldes in der norditalienischen Provinz Trentino getötet. Ein DNA-Abgleich bestätigte dies.
Der junge Mann war im bei Wanderern und Touristen beliebten Tal Val di Sole nahe einem Forstweg gefunden worden. Er war vom Joggen in den Wäldern nicht zurückgekehrt, woraufhin seine Familie Alarm schlug. Der Körper des Mannes wies schwere Verletzungen auf. Darunter tiefe Kratzer auf dem Körper und im Gesicht, Bisswunden sowie eine tiefe Wunde am Bauch.
Bei Gaia handelt es sich laut DNA-Abgleich um eine Schwester des 2006 in Bayern erschossenen Bruno. Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1, war in Bayern als sogenannter "Problembär" bekannt: Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Kaninchenställe. Seine Bezeichnung als "Problembär" durch den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wurde zum geflügelten Wort.
Gaia war bereits in der Vergangenheit durch Angriffe auf Menschen negativ aufgefallen. Bereits 2020 sollte das Bärenweibchen erlegt werden. Es hatte damals zwei Menschen, einen Vater und seinen Sohn, auf dem Monte Peller angegriffen. Auch 2020 entschied ein Gericht gegen die Tötung.
Zahl der Bären für Region laut Regionalpräsident Fugatti nicht mehr tragbar
In Italien hat sich seit dem Tod des Trentiner Joggers die Debatte um das Zusammenleben von Bär und Mensch indes zugespitzt. Die Provinz will die Bärin töten und generell die Bärenanzahl in dem Gebiet massiv verringern.
Regionalpräsident Fugatti hatte im Vorfeld des Gerichtsbeschlusses gesagt, der Bär müsse "entfernt werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten". Tierschutzvereine kritisieren die Pläne. Der Tierschutzverein LAV kommentierte das Dekret des Gerichts bei Twitter so: "Die Bären und Bürger des Trentino haben das Recht, in Frieden zusammenzuleben!"
Etwa 100 Bären leben in der bergigen und bewaldeten Gegend in freier Wildbahn. Das sei, so Fugatti, nicht mehr tragbar. In der Gegend wurden zuletzt immer wieder Bären gesichtet. Bereits Anfang März war unweit von Caldes ein Mann, der mit seinem Hund unterwegs war, von einem Bären angegriffen und an Kopf und Arm verletzt worden.
In dem Gebiet wird vor möglichem Aufeinandertreffen mit wilden Tieren wie etwa Bären, Wölfen oder Luchsen regelmäßig gewarnt. Insbesondere Bären machen der Region zu schaffen. Ihre Anzahl nimmt nach Angaben der Provinz zu. Im Rahmen des EU-Projekts "Life Ursus" waren 1999 ein Dutzend Bären aus Slowenien in die Region gebracht und ausgesetzt worden, in der damals das Aussterben der Bärenpopulation befürchtet wurde. Ursprünglich hatte man eine Population von 50 Tieren geplant. Wie Fugatti am vergangenen Samstag erklärte, muss nun gegen diesen "Überschuss" vorgegangen werden. (dpa/thp)
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