230.000 Todesopfer, mehr als 110.000 Verletzte und 1,7 Millionen Menschen, die in der Folge obdachlos waren – 2004 hinterließ ein Tsunami in Südostasien pure Zerstörung. Die Chronologie des Schreckens.

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Die wohl größte Naturkatastrophe des 21. Jahrhunderts nahm am zweiten Weihnachtsfeiertag ihren Lauf und jährt sich nun zum 20. Mal: Ein Erdbeben im Indischen Ozean mit einer Stärke von 9,1 löste am 26.12.2004 eine Reihe von Flutwellen aus, die insgesamt mindestens 230.000 Todesopfer, mehr als 110.000 Verletzte und 1,7 Millionen Obdachlose forderten.

Die Zahl der Todesopfer könnte sogar noch weit höher liegen, da viele Leichen aus Furcht vor Seuchen verbrannt und in Massengräbern bestattet wurden. Man geht von einer Zahl von bis zu 280.000 Toten aus.

Mehrere Männer tragen während einer Einäscherungszeremonie für Tsunami-Opfer auf dem Bang-Muang-Friedhof in Khao Lak einen Sarg. (Aufnahmedatum: 30.12.2004) © dpa/dpaweb/epa Rungroj Yongrit

Fehlendes Frühwarnsystem, keine Notfallpläne

Ein Grund für die vielen Todesopfer: Es gab kein funktionierendes Frühwarnsystem und keine Notfallpläne, so konnten die Menschen in den betroffenen Gebieten nicht gewarnt werden. Selbst mehr als sechs Stunden nach dem ersten Beben traf die Flutwelle die Bewohner an der afrikanischen Küste völlig unvorbereitet.

Kurz erklärt: Was ist ein Tsunami?

  • Das japanische Wort "Tsunami" lässt sich im Deutschen mit "Hafenwelle" ("tsu" = Hafen und "nami" = Welle) übersetzen. Der Begriff soll durch japanische Fischer geprägt worden sein, die vom Fischfang zurückkehrten und ihren Heimathafen verwüstet vorfanden, obwohl sie auf dem Meer keine Welle gesehen oder gespürt hatten.
  • Tsunami-Wellen entstehen durch die plötzliche Verdrängung von großen Wassermassen, zum Beispiel bei schweren Erdbeben oder Vulkanausbrüchen.
  • Die Wellen schwingen langsam und sind auf offener See oft kaum spürbar. Die Wellenlängen sind jedoch beträchtlich und können bis zu 700 Kilometer erreichen. Je näher sie der Küste kommen, umso höher türmt sich der Wellenberg auf.

Zeitlicher Ablauf der Naturkatastrophe

Am 26.12.2004 gegen 2:00 Uhr nachts mitteleuropäischer Zeit (MEZ) erschüttert eines der stärksten, je gemessenen Erdbeben in 30 Kilometern Tiefe den Meeresboden nahe der Insel Simeulue vor der Insel Sumatra, 250 Kilometer süd-südöstlich der indonesischen Stadt Banda Aceh. Das Beben ist vielerorts bis an Land zu spüren.

Etwa 15 bis 30 Minuten später, gegen 2:30 Uhr MEZ, erreichen bis zu 20 Meter hohe Tsunami-Wellen das Festland: Betroffen sind zunächst die Nordküste der indonesischen Insel Sumatra mit der Provinz Aceh sowie die Nikobaren im Golf von Bengalen, die zu Indien gehören.

Die Insel Car Nicobar ist 127 Quadratkilometer groß und hat zum Zeitpunkt des Unglücks 32.000 Einwohner – etwa die Hälfte überlebt das Unglück nicht. Durch die Wassermassen werden die Kommunikationswege zerstört, sodass die Nachricht über die Katastrophe erst durch Überlebende, die sich auf andere Inseln retten können, zeitversetzt übermittelt wird.

In der indonesischen 500.000-Einwohner-Stadt Banda Aceh vernichtet eine zwölf Meter hohe Welle indes unzählige Gebäude, Fahrzeuge und Boote – anschließend drückt die Welle Schlamm und Trümmer ins Landesinnere. In der Stadt sterben rund 25.000, in der gesamten Provinz Aceh 170.000 Menschen.

Indonesien war das am stärksten vom Tsunami am 26. Dezember 2004 betroffene Land. (Aufnahmedatum: 10.01.2005 in Banda Aceh) © dpa/epa Ahmad Yusni

Wie sich der Schrecken ausbreitet

Etwa eine Stunde später, nachdem weitere, kleinere Beben den Indischen Ozean erschüttern, erreichen gegen 3:00 Uhr MEZ Tsunami-Wellen die Küsten von Thailand und Malaysia, hier sterben mehr als 5.000 Menschen.

In Thailand trifft es den Urlaubsort Khao Lak besonders hart: mehr als 4.000 Menschen kommen ums Leben, darunter auch viele deutsche Urlauber.

Ein Bild des Grauens: Unzählige Leichen liegen am 30.12.2004 in Khao Lak nebeneinander aufgereiht. © dpa/dpaweb/epa Rungroj Yongrit

Gegen 4:00 Uhr MEZ, erreichen die Wellen Sri Lanka – und fordern 30.000 Menschenleben. Myanmar und Bangladesch kommen vergleichsweise milde davon, etwa 60 Menschen kommen hier durch den Tsunami ums Leben.

Nur eine halbe Stunde später, gegen 4:30 Uhr MEZ, wird Indiens Südostküste getroffen. Dort werden anschließend mehr als 9.500 Todesopfer gezählt.

Während es immer wieder zu starken Nachbeben in der Nähe der Nikobaren kommt, das stärkste davon mit 7,1 auf der Richter-Skala, werden gegen 5:30 Uhr MEZ die Malediven von den Wellen überspült. Die Menschen haben hier kaum Überlebenschancen, weil es bei den flachen, kleinen Inseln nur sehr wenige höhergelegene Rückzugsmöglichkeiten gibt.

Erst gute sechs Stunden später, gegen 8:15 Uhr MEZ, nimmt der Tsunami an der ostafrikanischen Küste, die 6.400 Kilometer vom Epizentrum entfernt liegt, ein vorläufiges Ende. In Somalia sterben sechs Stunden nach dem Erdbeben weitere 300 Menschen, weil sie nicht gewarnt wurden.

Auch in Ostafrika verlieren Tausende Menschen aufgrund des Tsunamis ihr Leben. (Aufnahmedatum: 30.12.2004 in Hafun) © dpa/epa/Wfp

Direkte Folgen der Flutwellen

Nicht nur die Flutwellen selbst fordern Tausende Opfer. Viele der Trinkwasserquellen in den betroffenen Ländern werden verunreinigt, durch das Eindringen von verunreinigtem Wasser in die Atemwege kommt es bei vielen Menschen zu Lungenentzündungen. Das feuchtwarme Klima begünstigt außerdem die Infektionen von Wunden; aufgrund des heißen Klimas befürchtet man den Ausbruch von Seuchen wie Typhus und Cholera.

Karte mit am stärksten vom Tsunami betroffenen Gebieten in Asien, Opferzahlen und Tsunami-Enstehung
© dpa-infografik GmbH

Da die Flutwellen nicht nur Menschen getötet und Gebäude zerstört haben, sondern auch die Kommunikationswege zunächst unterbrochen sind, muss man auf Notfunkbetrieb, teilweise durch Funkamateure, ausweichen.

Die Tage nach der Katastrophe

Bereits einen Tag nach dem Tsunami fliegen Schweden, Finnland und Norwegen mehr als 3.500 Verletzte und Touristen aus. Weitere Länder, insbesondere Deutschland, Großbritannien, Österreich, Schweiz, die USA, Japan und Frankreich entsenden Hilfskräfte und medizinische Geräte zur Versorgung der Verletzten und organisieren Rückflüge für Verletzte und Urlauber.

Zahlreiche Organisationen helfen bei der medizinischen Versorgung und beim Wiederaufbau der Infrastruktur. Neben der medizinischen Versorgung geht es auch darum, Leichen zu identifizieren, was aufgrund der hohen Temperaturen vor Ort zeitnah geschehen muss – man will keine Seuchen riskieren.

Der Journalist Hardy Prothmann befindet sich während des Tsunamis in Thailand im Urlaub und berichtet später über die Folgen. Er selbst überlebt, weil er sich an diesem Tag nicht an Land, sondern auf einer Segelyacht drei Seemeilen vor der Ostküste von Phuket befindet. Die Welle läuft unter dem Boot hindurch.

Prothmann berichtet über die Situation in den Krankenhäusern, die hoffnungslos überfüllt sind. Von Khao Lak, einem Paradies auf Erden, das sich in ein Trümmerfeld gewandelt hat. Von aufgeblähten Leichen und süßlichem Verwesungsgeruch, freiwilligen Helfern, traumatisierten Menschen – und davon, wie bereits zwei Tage später die Aufräumarbeiten beginnen.

Ein medizinischer Arbeiter in Khao Lak packt Trockeneis um Leichen der Tsunami-Opfer, während forensische Teams versuchen, möglichst viele Tote zu identifizieren. (Aufnahmedatum: 5. Januar 2005) © dpa/epa/Julian Abram Wainwright

Ökologische und kulturelle Langzeitschäden

Insbesondere die Korallenriffe vor der thailändischen Küste werden durch den Wasserdruck und die Trümmerstücke in Mitleidenschaft gezogen, außerdem bedeckt der aufgewirbelte Schlamm die Korallen. Die Mangrovenwälder an einigen Küsten werden geschädigt, Nistgebiete von Meeresschildkröten sind ebenfalls betroffen.

Langzeitschäden entstehen durch die Abtragung des Humus in den überfluteten Regionen, womit der Pflanzenkreislauf weitgehend unterbrochen ist, sodass Ernteausfällen die logische Folge sind. Durch die Flutwellen werden auch zahlreiche, zum Teil historische Bauwerke, Museen, Archive und weitere Kulturgüter stark beschädigt oder dem Erdboden gleichgemacht.

Verwendete Quellen

Redaktioneller Hinweis

  • Dieser Artikel stammt aus unserem Archiv.
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