Mit einer "Most Wanted"-Liste fahndet die US-Bundespolizei FBI nach den von ihr meistgesuchten Verdächtigen. In Deutschland gibt es zwar kein solches Ranking, aber eine Fahndungsliste mit ebenfalls prominenten Fällen. Und solchen, die schon lange zurückliegen.

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Die Leiche der zehnjährigen Adelina aus Bremen wurde 2001 gefunden. Auch rund 17 Jahre nach dem Sexualmord ist die Tat ungeklärt - aber nicht vergessen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) bittet nach wie vor auf seiner öffentlichen Fahndungsliste um Hinweise. Der Fall "Adelina" zählt zu den ältesten in der Reihe, die im Internet rund 50 Einträge umfasst.

Es wird nach Straftätern und Vermissten gesucht - ebenso nach Zeugen von Verbrechen und nach Menschen, die etwas über die Identität von Leichen wissen.

Gerichte entscheiden, wer auf Fahndungsliste kommt

Welcher Fall auf die Liste kommt, entscheiden Gerichte, wie das BKA in Wiesbaden erklärt. Dabei geben die Richter auch vor, ob ein Gesuchter mit vollem Namen genannt werden darf.

Angesichts der Medienwirksamkeit sei die Öffentlichkeitsfahndung keine Standardmaßnahme, sondern werde jeweils für den Einzelfall geprüft, heißt es vonseiten der Behörde. Es müsse besonders sorgfältig abgewogen werden zwischen einer möglichst effektiven Tätersuche einerseits und den Persönlichkeitsrechten andererseits.

Social Media hat Fahndungen verändert

Der Vormarsch der Sozialen Netzwerke habe auch die öffentliche Fahndung verändert, vor allem in Bezug auf den Datenschutz, erklärt das BKA. "Fahndungsaufrufe in digitalen Medien - insbesondere bei Facebook oder Twitter - erfordern daher umfangreichere Prüfungen als dies bei klassischen Medien der Fall war."

Von der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff kommen mahnende Worte. "Gerade die Öffentlichkeitsfahndung greift intensiv in die Grundrechte ein", erklärt ihr Sprecher. "Insbesondere gilt dies bei der Veröffentlichung von Bildern im Internet."

Einmal publizierte Daten könnten von Dritten kopiert und weiter verbreitet werden. "Wird ein Verdacht später entkräftet, bleibt der oder die Betroffene trotzdem als gesuchte Person im Internetgedächtnis gespeichert."

Datenschutz bedeute nicht, dass die Suche nach Beschuldigten nicht möglich wäre, erläutert Voßhoff. In Einzelfällen komme es jedoch durchaus zum unverhältnismäßigen Einsatz der Öffentlichkeitsfahndung.

Die Datenschützerin fordert, Fahndungsdaten nicht unreglementiert Dritten zu überlassen. Die Ermittlungsbehörden müssten sicherstellen, dass sie weiter auf die Daten einwirken und sie beispielsweise auch löschen können.

Aufklärungsquote bei rund 40 Prozent

Beim Erfolg einer öffentlichen Fahndung ist die Bandbreite groß: Die Spanne liegt zwischen wenigen Stunden und reicht bis hin zu mehrjährigen ergebnislosen Suchen, wie das BKA berichtet. Statistiken gebe es nicht.

Die Ermittler verweisen auf eine Erhebung des ZDF zum 50-jährigen Bestehen der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... ungelöst", als eine Aufklärungsquote von rund 40 Prozent ermittelt worden sei.

Öffentlichkeitsfahndungen können der Polizei nach den Erfahrungen des BKA auf ganz unterschiedliche Art und Weise helfen: Mal kommt ein wichtiger Hinweis von Zeugen, mal provozieren sie beim Straftäter einen Fehler - und manchmal stellen sich die Gesuchten auch selbst, weil der Druck zu stark wird.

Anteilnahme erhöht Fahndungserfolg

Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg sei auch die Empathie, die durch den Aufruf erzeugt wird. Das Mitgefühl der Menschen mit den Opfern ist beispielsweise dann besonders groß, wenn Kinder sexuell missbraucht wurden. "Daher wird ein großes mediales Interesse erzeugt und die Vervielfältigung der Fahndung erhöht sich um ein Vielfaches", teilt das BKA mit.

Seit 2017 seien nach Missbrauchsfällen dreimal mit Öffentlichkeitsfahndungen die mutmaßlichen Täter gesucht worden. In jedem dieser Fälle wurde binnen 24 Stunden ein Verdächtiger ermittelt.

Lange zurückliegende Taten können manchmal mit Hilfe der Bevölkerung noch geklärt werden, so die Erfahrungen des BKA. Nicht nur im Fall "Adelina" bleiben daher Aufrufe teils viele Jahre bestehen.

Die Suche nach dem wegen fünffachen Mordes gesuchten Norman Volker Franz - ein Fall aus den 90er Jahren - wurde sogar im Februar 2018 mit einer neuen Stimmensequenz aktualisiert.

Auch wenn mutmaßliche Mitglieder der früheren Roten Armee Fraktion (RAF) in der Fahndungsliste auftauchen oder Taten rund um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) - eine Rangordnung à la "Most Wanted" wie bei der US-Bundespolizei FBI nimmt das BKA nicht vor.

Allerdings locken teils hohe Belohnungen: 80.000 Euro sind für erfolgreiche Hinweise auf das Ex-RAF-Trio Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg ausgelobt worden. (jwo/dpa)  © dpa

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