- Das Bundesjustizministerium hat mit einer Klage gegen die Staatsanwaltschaft Osnabrück vor Gericht gewonnen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
- Es ging um eine vermeintliche Durchsuchung vor der Bundestagswahl 2021.
- Die dazugehörige Pressemitteilung enthalte falsche und damit rechtswidrige Behauptungen, so das Verwaltungsgericht.
Neun Monate nach einer vermeintlichen Razzia im Bundesjustizministerium hat das Verwaltungsgericht Osnabrück Formulierungen aus einer damaligen Pressemitteilung der örtlichen Staatsanwaltschaft als rechtswidrig eingestuft. Die Passagen enthielten "unwahre Tatsachenbehauptungen", erklärte das Gericht am Mittwoch. Die Mitteilung ist online bereits gelöscht, das Urteil aber noch nicht rechtskräftig.
Das Ministerium hatte gegen die Staatsanwaltschaft geklagt, die damals kurz vor der Bundestagswahl im September dort erschienen war. Hintergrund des Geschehens sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Strafvereitlung im Amt bei einer zum Zoll gehörenden Zentralstelle zur Geldwäschebekämpfung - der Financial Intelligence Unit (FIU).
Der Zoll ist dem Bundesfinanzministerium unterstellt, das ebenfalls vom Vorgang betroffen war. Finanzminister war damals der heutige Bundeskanzler
Gericht: Pressemitteilung enthält rechtswidrige Formulierungen
Die strittigen Passagen in der dazugehörigen Pressemitteilung der Behörde erweckten nach Einschätzung des Ministeriums allerdings den irreführenden Eindruck, es werde auch gegen leitende Verantwortliche des Hauses in dem Fall ermittelt. Tatsächlich habe es sich aber lediglich um eine sogenannte Durchsuchung bei sogenannten Dritten gehandelt, also nicht etwa bei Tatverdächtigen.
Dies bestätigte nun das Gericht, weshalb die Formulierung eindeutig rechtswidrig sei. Gleiches gelte für eine Passage, in der die Ermittler den Eindruck erweckten, sie hätten das Justizministerium durchsucht. Ihre Vertreter seien zwar mit einem Durchsuchungsbeschluss erschienen, tatsächlich habe die Leitung des Ministeriums die angeforderten Unterlagen jedoch "direkt ausgehändigt", so das Gericht. Eine Durchsuchung habe es daher auch gar nicht gegeben.
Justizministerium-Klage gegen Staatsanwaltschaft "ziemlich einmaliger Vorgang"
Teil des Verfahrens war außerdem eine Interviewäußerung eines Sprechers der Osnabrücker Staatsanwaltschaft, die dieser im Zusammenhang mit den damaligen Vorgängen gegenüber dem "Spiegel" getätigt hatte. Auch diese habe eine unwahre Tatsachenbehauptung enthalten und dürfe daher nicht wiederholt werden, entschied das Gericht. "So groß ist unser Vertrauen nicht, dass wir glauben, sie würden uns alles freiwillig herausgeben", hatte der Sprecher gesagt.
Das Rechtsportal "Legal Tribune Online" schrieb anlässlich der aktuellen Gerichtsentscheidung: "Die Vorgeschichte zur Durchsuchung liest sich an zentralen Stellen wie eine Pannengeschichte, die Kommunikation zwischen Staatsanwaltschaft, Generalstaatsanwaltschaft und dem niedersächsischen Justizministerium von Barbara Havliza (CDU) wirkt merkwürdig lückenhaft." Dass das Bundesjustizministerium eine Staatsanwaltschaft verklage, "dürfte ein ziemlich einmaliger Vorgang sein", so der Autor.
Verwaltungsgericht hob Durchsuchungsbeschluss auf
Das Bundesjustizministerium hatte die damalige Aktion der Staatsanwaltschaft von Anfang an scharf kritisiert und war nachträglich dagegen vor Gericht gezogen. Im Februar hob das Verwaltungsgericht Osnabrück bereits den gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss auf, auf dem die damalige Aktion beruhte. Wichtige Voraussetzungen seien nicht erfüllt, außerdem sei die Anordnung "unverhältnismäßig und unangemessen" gewesen. Es steht der Verdacht im Raum, dass die CDU die Justiz instrumentalisierte, um dem SPD-Kanzlerkandidaten Scholz vor der Wahl zu schaden.
Die Osnabrücker Staatsanwaltschaft kündigte an, das Urteil nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe "sorgfältig" zu analysieren und "die erforderlichen Schlussfolgerungen für die zukünftige Pressearbeit" zu ziehen. Auf die strafrechtlichen Ermittlungen im Fall der FIU habe das Urteil des Verwaltungsgerichts keine Auswirkungen, so die Behörde. (AFP/okb)
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